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Mönchsgesang

Mönchsgesang

Titel: Mönchsgesang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Günter Krieger
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belanglos, »hat sie mir eine Botschaft zugeflüstert. Eine Botschaft an dich!« Er biss in sein Brot. »Sie lässt dir ausrichten, dass sie dich immer geliebt hat. Und dass sie bei den Heiligen für dich bitten wird.«
    Mathäus schluckte. Seine Augen begannen zu glänzen. Der Alte aber schien die erneute Gemütsregung seines Sohnes nicht wahrzunehmen. »Übrigens: Dein Name ist Dreyling«, sagte er zwischen zwei Schlucken Wein.
    »Wie?«
    »Ich sagte: Dein Name ist Dreyling! Mathäus Dreyling!«
    »Ich … verstehe nicht ganz …«
    »Herrgott, bist du denn inzwischen ganz vertrottelt? Aber natürlich, in diesem Nest hier hat sich sicherlich noch keiner einen Familiennamen zugelegt. Wahrscheinlich sind die Bauerntölpel durchnummeriert, weil jeder Zweite den gleichen Namen hat.«
    »Aber … wieso Dreyling?«
    »Kopf einschalten, Junge. Was war dein Großvater?«
    »Ein Drilling!«
    »Na also.«
    »Ach so.« Er spitzte den Mund. »Mathäus Dreyling. Wie sich das anhört …«
    »Wie soll sich das schon anhören?« Er schob den leeren Teller von sich und streckte sich träge. »Kannst du mir jetzt zeigen, wo ich schlafen kann? Morgen reden wir dann weiter.«
    »Sicher. Du kannst in meinem Bett schlafen. Ich selbst werde mir ein Lager bereiten. Und dein Pferd bring ich in den Stall.«
    Der Alte hob abwehrend die Hände. »Gott behüte, das habe ich schon selbst versucht. Aber dein Satansgaul hatte nichts Besseres zu tun, als meiner alten Lilli in den Allerwertesten zu beißen.«
    »Leider eine dumme Angewohnheit von ihm.«
    »Wie auch immer, lass Lilli, wo sie ist. Sie läuft schon nicht davon.« Er sah sich suchend um. »Und wo ist dein Bett?«

3
    D ie Träume dieser Nacht hatten Mathäus in seine Kindheit zurückgeführt. Wieder einmal war er beim Ballspiel mit den Nachbarjungen hingestürzt, hatte sich eine blutige Schramme am Knie zugezogen. Er hatte sich in den Armen seiner tröstenden Mutter gesehen, die zärtlich auf ihn einredete und über seinen Kopf streichelte, während seine Kameraden ihn spöttisch als ›Muttersöhnchen‹ proklamierten. »Na und, ich liebe eben meine Mutter«, hatte der kleine Mathäus zornig erwidert, »ich liebe sie, solange sie lebt.«
    Dann erschien plötzlich der Tod, ein bleicher Knochenmann mit schaurigem Gesicht, in seinen dürren Fingern eine gewaltige Sense. Erbarmungslos sichelte er die Köpfe der spottenden Kameraden ab, bevor er sich grunzend umwandte und langsam auf Mathäus und seine Mutter zuschritt. Mathäus empfand keine Angst um seiner selbst willen, nur eine grenzenlose Panik, dass der Tod sich seiner geliebten Mutter bemächtigen könne.
    »Nein!«, schrie er.
    Der Sensenmann aber öffnete seinen lippenlosen Mund, und eine dunkle Stimme, die aus den Tiefen der Hölle zu kommen schien, verkündete unheilvoll:
    »Es ist ein Schnitter, heißt der Tod
hat Gewalt vom großen Gott.
Heut wetzt er das Messer,
es schneidet schon viel besser,
wir müssen's nur leiden.
Hüt dich, schönes Blümelein.«
    »Nein!«, schrie Mathäus.
    »Junge, du träumst. Wach auf!«
    Allmählich erkannte er verschwommen das Gesicht seines Vaters. Sein Herz hämmerte, als wollte es zerbersten. »Du träumst«, wiederholte der Vater.
    Mathäus richtete sich schwerfällig auf. Hüt dich, schönes Blümelein, hallte es noch immer in seinem Schädel. Das Lied vom Schnitter Tod! Sein Großvater, der Drilling, hatte es ihm in seinen Kindheitstagen stets vorgesungen, wenn es galt, seinen Übermut zu dämpfen. Eingeschüchtert hatte er dann von jeglichem Unfug abgelassen. Mathäus hatte die Verse längst vergessen geglaubt. Bis sie ihn im Traum wieder heimsuchten.
    »Gottverdammter Sensenmann«, knirschte er.
    »Wie?«
    »Schon gut.« Er warf einen Blick auf den gedeckten Frühstückstisch. »Bist du eigentlich schon lange wach, Vater?«
    »Was denkst denn du«, brummte Dreyling, »dieser Geruch von Schweinescheiße in der Luft würde selbst einen Bären aus dem Winterschlaf holen.«
    Mathäus reckte seine Nase hoch. »Beim besten Willen, ich rieche nichts.«
    »Das glaube ich gerne. Deine Nase ist inzwischen so unempfindlich wie der Teufel gegen böse Taten.«
    Mathäus wusch und rasierte sich. Dann setzten Vater und Sohn sich an den Frühstückstisch und begannen zu essen. Ein Lichtstrahl der Morgensonne, der durch die Fensteröffnung fiel, breitete sich in der Stube aus.
    »Was, im Namen aller Heiligen, ist denn das?« Dreyling hielt beim Kauen inne. Er deutete auf einen Lindenklotz in der Ecke

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