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Mörder im Chat - Ostsee-Krimi : (Aus Rostock)

Mörder im Chat - Ostsee-Krimi : (Aus Rostock)

Titel: Mörder im Chat - Ostsee-Krimi : (Aus Rostock) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hinstorff-Verlag
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Bolzano Mummy Congress , so hieß er exakt, er fand im Oktober 2011 statt. Man feierte 20 Jahre Ötzi, und Uwe war restlos begeistert. Damals hat er sogar erwogen, an der FH Köln Konservierungs- und Restaurierungswissenschaft zu studieren und Mumienrestaurator zu werden. Sie werden staunen, aber dafür gibt es Bedarf.« Es folgte ein erneutes, fast hysterisches Lachen. »Als er für drei Monate nach Gottorf ging, ist er nicht nur seinen geliebten Totenköpfen nachgereist, sondern auch seine zweite Liebe fand Erfüllung: Mumien in Gestalt von Moorleichen.«
    Barbara betrachtete die kleinen Schädel, konnte aber nur den einer Katze von denen der Frösche unterscheiden.
    »Er war fasziniert von allem Morbiden? Vom Tod und den Toten?«, wollte sie wissen.
    Schlüter antwortete nicht, sondern nahm einen Stehordner aus dem Regal. Er zog eine Zeitschrift heraus, und Barbara trat näher, um den Titel entziffern zu können: Lateinamerika – Semesterberichte der Sektion Lateinamerikawissenschaften, 2/89 . Schlüter reichte ihr das Heft: »Seite 96.«
    Barbara schlug es auf. Dr. Jan-Peter Laube, Rostock, stand dort, dann der Titel des Aufsatzes.
    »Da muss man ja Spezialist sein«, sagte sie.
    »Das bin … sind wir inzwischen! Ich habe diesen Artikel nicht gelesen, aber ich kenne seinen Inhalt aus den vielen Vorträgen, die Uwe über ihn gehalten hat. Für ihn war sein Vater genial. Er idealisierte ihn auf Schritt und Tritt.«
    »Mir sagt nur Tezcatlipoca etwas. Das ist doch ein Gott der Azteken?«
    »Nicht nur der Azteken. Aber Sie haben recht, es ist ein Gott. Er ist der böse Bruder von Quetzalcoatl, den er um seinen Thron gebracht hat. Er verfügt über zerstörerische Eigenschaften, ist Schutzgott des Krieges, der nächtlichen Mächte und der Menschenopfer. Tonalli ist die Energie der Sonne, die sich im Schädel der Menschen sammelt, und tzompantli «, er schluckte, »das ist ein Schädelgerüst. Die Schädel der Geopferten wurden auf solchen Gerüsten ausgestellt.«
    »Klingt wie Rote Khmer, oder nach Ruanda«, meinte Uplegger. Er deutete auf den Stehordner, dann zum Wandregal: »Sie kennen sich hier aus?«
    »Ich gebe zu, dass ich mich manchmal umsehe. Uwe ist vom Tod nicht nur fasziniert, sondern besessen. Mich hasst er, aber mein Beruf gefällt ihm, und meine pathologischen und anatomischen Lehrbücher hat er gründlicher durchgearbeitet als einige meiner Studenten. Wir haben Angst vor ihm. Manchmal, wenn er denkt, wir bemerken es nicht, wirft er uns Blicke zu …« Schlüter schüttelte sich.
    Barbara erkundigte sich, ob er wisse, dass man unter seinem Namen eine Machete an den Labussee bestellt habe. Er schüttelte den Kopf, wurde blass. »Wenn ich es höre, wird mir eiskalt. Uwe war Ende August, Anfang September für vier Wochen dort, um in Ruhe sein Spanisch aufzufrischen.«
    Barbara nickte und ging zum Schreibtisch, der vor einem Eckfenster stand. Draußen war es stockfinster, da aber Licht aus dem Haus fiel, sah man den dichter werdenden Nebel. Im Fenster stand der Halloween-Kopf. Sie öffnete eine Schublade und fragte Schlüter, ob er auch sie durchwühlt habe.
    »Nein«, sagte er, »eine gewisse Schamgrenze habe ich respektiert.«
    In der Lade lag eine alte grüne Vorgangsmappe, wie sie in Behörden üblich war. Sektion Lateinamerikawissenschaften , stand auf dem Deckel, also stammte die Mappe noch aus DDR-Zeiten. Barbara schlug sie auf. Ihr stockte der Atem, denn ein gutes Dutzend nicht abgeschickter Briefe an den Vater lagen vor ihr.
    Sie winkte Uplegger und Schlüter herbei, zeigte den Fund. Sie überflogen die Briefe gemeinsam. Uwe hatte sich seltsame Namen gegeben, die die Männer aber mit Hilfe eines Glossars aus dem Regal klären konnten: Uayeb waren die fünf Unglückstage im Kalender der Maya, Tzitzimitl war ein von oben herabsteigendes Ungeheuer, in der Regel als weibliches Skelett dargestellt, behängt mit Schädeln und Knochen, Xipe Topec war ein Gott, dessen Priester sich in die abgezogene Haut von geopferten Gefangenen hüllten. Barbara schaute zu der Halloween-Lampe. Ihr schauderte, denn sie dachte an die Lampenschirme aus Menschenhaut, die für Ilse Koch hergestellt worden waren, die Gattin eines KZ-Kommandanten. Alles war ekelhaft, morbide, krank, nichts Lebensbejahendes gab es hier, sondern anscheinend eine tiefe Todessehnsucht.
    Der käseweiße Dr. Schlüter machte sie noch auf die Pinnwand aufmerksam, aber das war nicht mehr nötig. Barbara war jetzt sicher. Todsicher.
    Um 19:23 Uhr rief

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