Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mörder im Chat - Ostsee-Krimi : (Aus Rostock)

Mörder im Chat - Ostsee-Krimi : (Aus Rostock)

Titel: Mörder im Chat - Ostsee-Krimi : (Aus Rostock) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hinstorff-Verlag
Vom Netzwerk:
konnte. War der Mann ein Scharlatan, Säufer und Abenteurer gewesen oder ein ernst zu nehmender Forscher und Literat? Sein Ruhm war schnell verblasst, so wie der Ruhm von Laubes Forschungsarbeit die DDR nicht überlebt hatte.
    Das Schicksal der schnell vergessenen Berühmtheit regte Laube auf. Und damit hatte er wohl dem kleinen Uwe einen weiteren Floh ins Ohr gesetzt.
    Barbara hatte einiges über Mesoamerika erfahren, das nur dazu beitrug, dass ihr der Kopf schwirrte. In Chichicastenango hatte ein Dominikanerpater das Popol Vuh entdeckt, das heilige Buch der Quiché-Maya, das sie sofort in Popelwucht umbenannte. Möglich, dass sowohl Cordan als auch Laube dieser sakralen Schrift wegen in der Stadt gewesen waren …
    In der Krummen Ecke war alles unverändert. Wegen der fortgeschrittenen Zeit schlummerte Matthes mit dem Kopf auf dem Tresen, neben sich ein halb geleertes Bier. Nur Achim, der Wirt, und Nico Böhme, der Schriftsteller, konnten sie mit großem Hallo begrüßen. Da sie lange nicht dagewesen war, wurde sie förmlich ausgequetscht, und Achim beglückwünschte sie nicht nur zur Trockenheit, er warf auch die Kaffeemaschine an. Nico wirkte skeptischer. Er orderte Bier. Hoch über dem Tresen lief wie eh und je stumm der Fernseher.
    »Sag mal, Nico«, begann Barbara, sich durchaus bewusst, dass sie den Fall nun doch in ihre frühere Stammkneipe trug, »du kennst dich doch aus in der deutschen Literatur?«
    »Hm?«
    »Wolfgang Cordan?«
    »Nie gehört.« Nico bekam sein Bier und trank.
    »Sein bürgerlicher Name ist Heinrich Wolfgang Horn. Geboren 1909 in Berlin, gestorben 1966 in Chichicastenango.«
    »In wo?«
    »Chichicastenango.«
    »Dass du das aussprechen kannst, ohne dir die Zunge zu brechen!«, sagte Achim und reichte ihr einen Pott Kaffee.
    »Also, Nico?«
    »Nee, wirklich noch nie gehört. Was hat er denn geschrieben?«
    »Äh, ja … Mayakreuz und rote Erde . Oder …«
    »Ach, deswegen. Daher kommt dieses Wort. Wurde er umgebracht?«
    »Du hast nicht richtig zugehört.« Barbara nahm einen Schluck. »Er ist schon 1966 gestorben.«
    »Kann er doch trotzdem umgebracht … he, guckt mal!« Nico schaute in regelmäßigen Intervallen hinauf zum Bildschirm und hatte offenbar etwas Interessantes gefunden. Barbara folgte seinem Blick. Es lief ein Film über Eichhörnchen.
    »Eichhörnchen erinnern mich an junge Lektorinnen, die gerade vom Germanistikstudium kommen und vom alternden Verleger wegen ihres Aussehens eingestellt werden. Sie sind niedlich, emsig und ein bisschen doof.«
    »Sind Eichhörnchen doof?«, fragte Barbara pflichtschuldig, ohne es wirklich wissen zu wollen.
    »Ziemlich. Sie schaffen im Herbst eine Unmenge von Verstecken für die Nahrung und finden die meisten nicht wieder. Allein die Statistik sichert, dass sie den Winter überstehen, dank der großen Menge an Fressbunkern haben sie nämlich immer noch etwas zum Überleben.«
    Barbara verdrehte die Augen. Und bestellte Bier.
    Achim schüttelte den Kopf. Sie bestand darauf. Ein Bier und einen eiskalten Wodka. Einen doppelten.
    Anderthalb Stunden später wollte Achim schließen. Barbara hatte vier Bier und drei Wodka getrunken und schwankte hin-aus in den Nebel. Sie lehnte ein Taxi ab und ging tatsächlich zu Fuß nach Hause. War doch nicht weit.
    War es doch. Besonders in einer Nebelnacht, wenn man getankt hatte.
    Als sie den Hausschlüssel aus der Tasche fummelte, schaute sie auf die Uhr an der Straßenbahnhaltestelle. Es war sage und schreibe halb vier.
    Die Lange Straße war menschenleer. Kein Auto fuhr. Der Nebel war wie der süße Brei.
    Sie machte Licht, stieg die Treppe hinauf. Schön langsam. Und schön festhalten am Geländer. Ging doch.
    Auf dem Treppenabsatz zwischen erster und zweiter Etage stand ein seltsames Wesen mit nacktem Oberkörper und schwarzumrandeten Augen. Eine Halluzination? Barbara grinste. Dann sah sie die blutige Machete. Mit einem Schrei sprang der junge Mann auf sie zu.
    ***
    »Du wolltest wohl einen Schweizer Käse aus ihm machen?«, fragte Manfred Pentzien.
    Barbara saß in ihrer Küche, zu Tode erschöpft. Uplegger füllte zum zweiten Mal ein Glas mit Wasser und reichte es ihr. Die Diplompsychose hielt ihre Hand und sah sie eindringlich an. Pentzien hatte das Fenster geöffnet und rauchte. Dabei hatte er doch vor zehn Jahren aufgehört!
    Vom Hausflur drangen Stimmen in die Wohnung, deren Tür offenstand. Barbara hörte die aufgeregten Worte einer besonders aufdringlichen Nachbarin, die sofort in ihre Wohnung

Weitere Kostenlose Bücher