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Mörder im Chat - Ostsee-Krimi : (Aus Rostock)

Mörder im Chat - Ostsee-Krimi : (Aus Rostock)

Titel: Mörder im Chat - Ostsee-Krimi : (Aus Rostock) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hinstorff-Verlag
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eingeräumt, Domina Sarah zweimal besucht zu haben, bis sie mitbekommen habe, dass er im Nachbarhaus wohnt. Ihm sei das so peinlich gewesen, dass er ihre Dienste nicht mehr in Anspruch nahm und auf der Straße wegschaute.
    All das waren Dinge, die Uplegger gar nicht mehr wissen wollte. Das Maß des Widerwärtigen war erreicht, der Plan an Ekelhaftem übererfüllt. Dr. Laube hatte Selbstmord begangen. Natürlich blieben Zweifel, konnte der Abschiedsbrief unter Zwang geschrieben worden sein, aber so recht mochte er das nicht glauben. Soweit es gute Gründe für einen Suizid gab, und die gab es, leuchteten Laubes Motive ein. Obwohl er seine Frau ständig hintergangen hatte, war er doch ein Familienmensch, und die angedrohte Scheidung hätte er nicht verkraftet. So stand es im Brief – Uplegger vermutete, dass Laube den anderen Mann nicht verkraften konnte und kein Theater gemacht hätte, wäre seine Frau nach einer Scheidung allein geblieben. Denn der ganze Brief war selbstgerecht, wie es Briefe von Selbstmördern oft waren. Die Zerstörung des Lateinamerika-Instituts und seine Entlassung waren weitere Tropfen, aber das Fass zum Überlaufen hatte offenbar das Verschwinden von Eva Uriarte gebracht, die aus einem Dorf, in dem ehemalige Widerständler angesiedelt werden sollten, nicht zurückkehrte. Dass dort ein Massaker stattgefunden haben sollte, hatte Dr. Laube von Anwalt Figueroa erfahren, dessen Sohn einst Praktikant in Rostock gewesen war; man war in gewisser Weise befreundet. Wäre es nicht so gewesen, Figueroa hätte wohl geschwiegen wie fast alle Gräber auf diesem riesigen Totenacker namens Guatemala.
    Mit dem Wissen, dass Laube sich selbst getötet hatte, war der Corpus noch nicht gefunden. Wahrscheinlich gab es in diesem Land ausreichend Möglichkeiten, sich selbst für immer verschwinden zu lassen, in irgendeiner unzugänglichen Schlucht oder wo auch immer. Der Brief, der seinen Sohn Jahre nach dem 18. Geburtstag erreicht hatte, musste denselben vollends aus der Bahn geworfen haben. Nun war Uwe Laube verschwunden. Das Haus der Eltern stand unter Polizeischutz.
    Uplegger schaute auf die kleine Uhr auf dem Bildschirm: 02:11. Dann checkte er die Suchergebnisse.
    Der Spruch an Marvins Zimmertür stammte nicht von Marvin, sondern er hatte ihn von einem Richard Dehmel, der von 1863 bis 1920 gelebt hatte.
    Dämel, dachte Uplegger und lehnte sich schmunzelnd zurück.
    Die Gedanken fuhren Achterbahn. Barbara konnte es nicht mehr aushalten, sie musste unter Menschen, die mit diesem Fall nichts zu tun hatten, zu Freunden, die vielleicht nur Saufkumpane gewesen waren. Sie hatte ja schon geplant, die Krumme Ecke in der Stampfmüllerstraße aufzusuchen und dort bis zum Abwinken Kaffee zu trinken, warum sollte sie es nicht in dieser Nacht tun? Zumal sie einen Vorwand hatte: Unter den Büchern, die Uwe Laube offenbar immer wieder las, hatten sich Werke eines gewissen Wolfgang Cordan befunden; weder sie noch Uplegger noch jemand vom Spusi-Team hatte je von ihm gehört. Immerhin hatte er einen Nachruf in der ZEIT bekommen, nachdem er im Januar 1966 gestorben war, ausgerechnet in Chichicastenango! Uwe Laube hatte den Nachruf ausgedruckt, und er schien sich etliche von Cordans Büchern antiquarisch beschafft zu haben.
    Wäre Cordan nicht in eben jenem Ort gestorben, aus dem Dr. Laubes letztes Lebenszeichen stammte, Barbara hätte sich nicht für ihn interessiert. Mit 56 hatte ihn der dritte Herzinfarkt dahingerafft, aber es gab auch mysteriöse Andeutungen in Richtung eines nicht natürlichen Todes.
    Frau Laube hatte mehr gewusst. Ihr Mann, dessen Toterklärung nun vermutlich ein Kinderspiel werden würde, war im Kommentarband zu dem Codex-Dresdensis-Faksimile erstmals auf Cordan gestoßen; der Begleitband befand sich bei Uwes Büchern, die Stelle war mit rotem Kopierstift umrandet. Der Bürgersohn war mit Max Beckmann und Klaus Mann befreundet gewesen und hatte mit Thomas Mann verkehrt, im zweiten Weltkrieg hatte er in den Niederlanden Widerstand gegen die Besatzungsmacht geleistet, hatte einen Gestapo-Spitzel erschossen und jüdische Kinder vor der Deportation bewahrt. In Israel erinnerte ein Wolfgang-Cordan-Hain an ihn. Schließlich war er nach Lateinamerika gegangen und hatte einige Jahre in San Cristóbal de las Casas gelebt.
    Offenbar hatte Dr. Laube gern Vorträge gehalten wie später sein Sohn. Auf den schnell und gründlich vergessenen Cordan war er oft zu sprechen gekommen, weil er dessen Persönlichkeit nicht fassen

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