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Moerder Im Gespensterwald

Moerder Im Gespensterwald

Titel: Moerder Im Gespensterwald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Goyke
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suchte er via Smartphone im Internet nach dem Bystander-Effekt. Doch er kam nicht dazu zu lesen, weswegen derselbe auch als Genovese-Syndrom bekannt war.
    »Der Chef will, dass wir sofort mit Dünnfelder sprechen. Die verschwundene Tochter dieses Baulöwen macht alle ganz verrückt.« Barbara seufzte, dann startete sie den Motor, der zu ihrer Überraschung ohne Zicken ansprang. »Na ja, wenigstens können wir dieses Gespräch im Trockenen führen …«
    Während der kurzen Fahrt nach Nienhagen durfte Uplegger mit seinem Smartphone spielen: Er suchte Zeitungsartikel über Dünnfelder und seine Firma, fand eine beachtliche Zahl und teilte Barbara die Schlagzeilen mit.
    »Windiger Unternehmer Martin D. linkt Baufirmen. Handwerker nicht bezahlt«, las er vor. » Wie Schöner Wohnen zum Albtraum wurde. Dubioser Baulöwe wirtschaftet nächste Firma in den Ruin. Razzia bei dubiosem Baulöwen Martin D. Schöner Wohnen ist pleite.«
    »Dann besuchen wir also wieder einen der vielen hiesigen Pleitiers«, sagte Barbara, als sie an der Mündung der Strand-in die Doberaner Straße anhielt und den Gegenverkehr passieren ließ. »Mein Großvater sagte noch: ›Nur Lumpen haben Schulden‹. Inzwischen ist ein Lump, wer keine hat.«
    Das Gewitter war weiter nach Osten gezogen. Barbara bog in die Strandstraße, Uplegger schaute aus dem Seitenfenster zu dem China-Imbiss. Ein einzelner Mann saß unter den Schirmen mit Werbung für Rostocker Bier, vor sich ein großes Glas.
    »Stopp!«
    Barbara trat augenblicklich auf die Bremse. Auf der nassen Fahrbahn geriet der Golf ins Schleudern, aber sogleich lenkte sie ihn wieder in die Spur. »Haben Sie das Mädchen gesehen?«, fragte sie mit ruhiger Stimme.
    »Nein, Ole Pagels.« Uplegger schien es, dass sich ihr Adrenalinspiegel nicht im Geringsten erhöht hatte. Er öffnete die Tür und stieg aus. Aus dem Wolkenbruch war ein Nieselregen geworden, dennoch sputete er sich. Gemeinsam mit einer jungen Asiatin, die ein frisches Hefeweizen brachte, trat er an den Tisch. Pagels bedachte ihn mit einem trüben Blick.
    Uplegger platzierte seine Visitenkarte neben dem Bierdeckel und lud Pagels für den nächsten Tag in die Kriminalpolizei-Inspektion Blücherstraße. Pagels murmelte etwas in seinen nicht vorhandenen Bart und starrte ins Glas.
    »Wie lange haben Sie schon Unstimmigkeiten mit Wagenbach?«
    »Seit dieses blöde Baumzählen begonnen hat. Vorher kannte ich ihn gar nicht richtig. Ich hatte ihn ein paar Mal gesehen, ein bisschen gequatscht, aber nie mit ihm gearbeitet. Der Typ hat doch ein Büro im Kopp. Pünktlichkeit, Pagels, ist eine preußische Tugend «, äffte der Waldarbeiter seinen Vorgesetzten nach. » Das müssten gerade Sie doch wissen, Pagels! Was habe ich mit Preußen am Hut? Wir sind national gesinnte Mecklenburger! Am meisten regt mich auf, dass er mich immer nur Pagels nennt.«
    »Ist Ihnen klar, dass man gegen Sie wegen Beleidigung und Bedrohung ermitteln wird?«
    Pagels nahm einen großen Schluck und wischte sich Schaum von der Oberlippe. »Wenn unsere Zeit beginnt, ist Wagenbach als einer der Ersten dran. Früher war der bestimmt in der SED.«
    »Was heißt das denn? Soll er, wenn Ihre große Zeit gekommen ist, an einer Laterne baumeln?«
    Über Pagels gedunsenes Gesicht breitete sich ein Grinsen aus. »Warten wir’s ab.«
    »Ich werde nicht darauf warten.« Uplegger wandte sich zum Gehen. »Also, vergessen Sie nicht, pünktlich und nüchtern in die Blücherstraße zu kommen. Viel Spaß mit Ihrem Nationalgetränk!«
    Als er wieder im Wagen saß, blies er geräuschvoll Luft aus. Barbara startete den Motor.
    »Ist er so, wie er aussieht?«, wollte sie wissen.
    »Schlimmer.«
    »Schade, dass wir so selten mit angenehmen Zeitgenossen zu tun haben.«
    »Manchmal denke ich, es gibt keine.«
    »Es gibt uns.« Barbara fuhr langsam weiter und schmunzelte. »Die Vertreter des Guten im Kampf gegen das Böse.«
    »Wie zwei Erzengel sehen wir nicht gerade aus«, sagte Uplegger lachend.
    »Nee, momentan eher wie begossene Pudel.«
     
    Die Villa war nicht zu übersehen. Dreigeschossig prunkte sie an der rechten Straßenseite, umgeben von kurzgeschorenem Rasen und einem hohen blauen Metallzaun, der die Botschaft Rühr mich nicht an verkündete. Das Bauwerk, das wohl vom Ende des 19. Jahrhunderts stammte, strahlte jungfräulich weiß, das Dach war mit Blaulackziegeln verunstaltet, die Fensterrahmen trugen hellblaue Farbe. Es gab zwei Türmchen und einen hölzernen Balkon. An der rechten

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