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Moerder Im Gespensterwald

Moerder Im Gespensterwald

Titel: Moerder Im Gespensterwald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Goyke
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blaugestrichenen Flachbau, der neben der Touristeninformation die Polizeiwache beherbergte. Einige hundert Meter weiter befand sich links der Neubau der Freiwilligen Feuerwehr. Uplegger, der auf seinem Smartphone den Plan von Markgrafenheide las, hatte das Erscheinen dieser Gebäude vorausgesagt und kündigte als Nächstes den Budentannenweg an, der geradewegs zum baltic Freizeit Camping-und Ferienpark führte. Barbara hatte längst ein entsprechendes Hinweisschild am Straßenrand entdeckt, aber sie ließ ihrem Partner seinen Jungenspaß und fragte nicht einmal, was Budentannen seien.
    Während sie als Linksabbiegerin den Gegenverkehr abwartete, schaute sie sich ein wenig um. Jenseits eines schmalen Grabens sah sie die Gaststätte Forsthaus , die mit zwei elliptischen blauen Schildern für Rostocker Bier warb, während im Vorgarten orangefarbene Schirme vor der Sonne schützten; offeriert wurde deutsche Hausmannskost. Unmittelbar neben dem Graben stand ein strohgedecktes Häuschen, die Gaststätte Utspann .
    Barbara lenkte Kuddel in den Budentannenweg. Auf der linken Seite grasten hinter einem Holzzaun Schafe, dann folgte eine große Wiese mit Schaukeln und einem Kinderkarussell vor einem langgestreckten, weißen und ebenfalls mit Stroh gedeckten Haus. Vorbeifahrend registrierte sie, dass es sich um die Pension Forstfuhrmannshof handelte, was in ihr rudimentäre romantische Gefühle weckte, klang dies doch nach Romanen aus dem 19. Jahrhundert, nach Kutschen und verbotener Liebe der Gutsherrentochter zum muskulösen jungen Försterburschen.
    Vor der rot-weißen Schranke zum Campingplatz war Barbaras Generosität sofort verschwunden. Das lag an dem, der da aus einem Flachbau trat, den sie sofort die Kommandantur taufte. Es störte sie nicht, dass dieser Mann ungeheuer fett war. Die kurze Sporthose, die bleichen Beine mit den Krampfadern, die weißen Socken in den Sandalen, das alles konnte sie tolerieren, schließlich wurde jeder alt, und Geschmack war Glückssache. Ganz und gar unerträglich fand sie jedoch das netzartige schwarze Muscleshirt, das aussah, als würde es jeden Moment zerreißen, die Goldkette und das Goldarmband der Golduhr sowie den Ich-habe-hier-die-Macht-Blick aus den Schweinsäuglein: Das biedere Böse kam auf sie zu. Wie so oft roch es nach Schweiß und Bier.
    »Sind Sie angemeldet?« Das war bestimmt seine Lieblingsfrage.
    »Nö.«
    »Sie brauchen eine Zufahrtskarte. Die kriegen Sie erst, wenn Sie sich angemeldet haben. Haben Sie reserviert?«
    »Wir kommen eher spontan. Aber eine Zufahrtskarte habe ich.« Barbara präsentierte ihren Dienstausweis.
    Er verdrehte die Augen. »Noch mehr Bul…«
    »Ja?«
    »Polizei.«
    »Dann ist schon jemand von uns da?«
    »So ein weinroter VW-Bus ist vor einer halben Stunde aufs Gelände gefahren.«
    »Ah«, machte Barbara. »Und nun machen Sie mal die Schranke auf!«
    Das tat er, und die Obrigkeit konnte passieren.
    »Mein Gott!«, sagte Barbara, während sie langsam zum Stellplatz für die Wohnwagen fuhr. Auch Uplegger machte große Augen. Links von ihnen erstreckte sich die Anlage für die Dauercamper, die einer Schrebergartenkolonie ohne Obst und Gemüse ähnelte. Es gab Zäune und Ketten, um die Parzellen abzugrenzen, es gab Hecken und Plattenwege, Satellitenschüsseln und Carports, und manche Wohnwagen waren unter Bretterwänden vollkommen verschwunden, sodass es fast so aussah, als stünden dort Lauben. Der Rasen war überall kurz geschoren wie eine Igelfrisur, die Wege waren gefegt, und obwohl niemand zu sehen war, meinte Barbara wachsame Blicke zu spüren. Deutschlandfahnen hingen hie und da schlaff herab, an manchen Orten auch solche von Mecklenburg-Vorpommern oder vom FC Hansa . Uplegger entfuhr es ganz leise: »Erektile Dysfunktion«. Barbara grinste: »Das ist hier vermutlich nicht nur das Problem der Fahnen.«
    »Sie kennen den Begriff?«
    »Klar. Eine Männersache.«
    »Falsch.« Er klaubte die Broschüre der Helden der Liebe aus der Innentasche seines Jacketts. »Es geht auch die Frauen an.«
    Barbara schaute auf den Titel Was Sie als Frau über zeitgemäße Therapien bei Erektionsstörungen wissen sollten und begann schallend zu lachen.
    »Das sieht euch Männern ähnlich«, sagte sie, während sie nach dem Spusi-Bus Ausschau hielt. »Für eure Probleme sind immer andere verantwortlich, die Frauen insbesondere.«
     
    Die beiden Spurensicherer mussten so etwas wie das letzte Aufgebot sein, da ein Großteil ihrer Abteilung im Nienhäger Holz war.

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