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Moerder Im Gespensterwald

Moerder Im Gespensterwald

Titel: Moerder Im Gespensterwald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Goyke
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einstige Kasernen der Staatssicherheit, zwanzig Minuten zu früh und ärgerte sich darüber. Für mehrere Millionen hatte man die öden Neubaublöcke in die Führungsstelle des Polizeipräsidiums umgebaut, aber nach dem Einsatz von so viel Geld sah das Resultat nicht danach aus. Rechts neben dem Haupteingang verfiel eine Art Multifunktionsbau aus gelbem Klinker, auf dessen Dach kleine Birken wuchsen, und hinter dem Zaun wucherte das Unkraut. Den ersten Block links hatte man nur gestrichen, für die übrigen hatte man sich immerhin einen Architekten geleistet, der aber an der Schuhkartonform auch nichts geändert hatte. Überragt wurde das ganze Gelände von einer hohen Antenne. Dass die Suchtberatung hier residierte, war nur folgerichtig, denn selbst seelisch Kerngesunde mussten depressiv werden in diesem Riesenpolizistenlager.
    Barbara war froh, dass die Kripo in der Polizeiruine geblieben war, auch wenn es dort durch die Fenster wie Hechtsuppe zog.
    Sie präsentierte an der Schranke ihren Dienstausweis und wurde darauf hingewiesen, dass Privatwagen draußen zu bleiben hatten. Ohnehin schon gereizt, schnürte ihr die Wut die Kehle zu. Trotzdem fuhr sie brav auf den improvisierten Parkplatz, eine große Sandfläche, reserviert für die Polizei. Zu Fuß durfte sie endlich passieren. Sie war schweißnass. So ging nur ein Barbar zu einem Termin, aber sie würde kaum duschen können und wollte es auch gar nicht.
    Die Suchberaterin residierte in Zimmer 101. Barbara fragte sich, ob die symmetrische Zahl eine tiefere Bedeutung hatte. Vielleicht spielten Zahlen in der Psychologie eine ähnliche Rolle wie in der Kabbala.
    Obwohl sie sich auf dem Parkplatz mit 0,2 Litern Wodka und zwei Pfefferminzpastillen gestärkt hatte, war sie doch aufgeregt. Die Dipl.-Psych. würde bestimmt unangenehme Fragen stellen. Sie war entschlossen, ihre Ehre bis zum Äußersten zu verteidigen, und sollte das Gespräch einer Vernehmung gleichen, würde sie leugnen, leugnen und leugnen.
    Sie zog ihre Bluse glatt und klopfte. Keine Reaktion. Sie klopfte abermals, da wurde die Tür geöffnet, und eine kleine, sehr schlanke Frau erschien. Noch keine Vierzig, hatte sie langes, sorgfältig gekämmtes blondes Haar, graublaue Augen und trug ein graues Kostüm. Sie wirkte nicht so unsympathisch wie ihr Beruf, doch war Barbara sofort überzeugt, dass diese Frau viel zu jung war; die kannte das Leben nur aus Büchern.
    »Hallo, guten Tag. Sie sind sicher Frau Riedbiester?«
    »Ja, bin ich.« Barbara war überrascht, wie rau ihre Stimme klang. Und unsicher. Sie hatte doch keine Angst! Ob diese Psychologen einen sofort durchschauten?
    »Bitte!« Dipl.-Psych. Grünberg machte eine einladende, in den Raum gerichtete Handbewegung. Sie trug keinen Ehering. Vielleicht war sie sexuell gestört; Uplegger meinte ja, wer Psychotherapeut wird, muss selbst eine Macke haben.
    Das Zimmer der Therapeutin sah nicht ganz so nüchtern aus wie ein Polizeibüro. Es gab zwar einen Schreibtisch und Aktenschränke, aber auch eine safrangelbe Sitzgruppe um einen runden Tisch, auf dem ein Blumenstrauß stand, es gab allerlei Topfpflanzen vor dem Fenster und auf einer Etagere sowie an der Wand ein Riesenposter mit einer historischen Aufnahme von New York. Warum ausgerechnet New York? Eine Sommerwiese oder ein Wald hätten doch wohl beruhigendere Wirkung auf depressive alkoholsüchtige Polizisten.
    Barbara wurde gebeten, in der Sitzecke Platz zu nehmen. Die Grünberg setzte sich ihr gegenüber und nahm einen Schreibblock zur Hand.
    »Was führt Sie zu mir, Frau Riedbiester?«
    »Der Wunsch meines Chefs.«
    »Wunsch? Oder Befehl?«
    »Wunsch.«
    »Ah, ja.« Die Dipl.-Psych. schrieb etwas auf. Barbara hatte eigentlich gedacht, Psychotherapeuten würden bei den Sitzungen bloß Strichmännchen malen. »Und was hat seinen Wunsch ausgelöst?«
    »Nun«, Barbara schlug die Lider nieder, »er meint, ich würde zu viel trinken.« Sie schluckte. »Alkohol«, fügte sie noch hinzu.
    »Das dachte ich mir schon. Und Sie, was meinen Sie?«
    »Na ja …« Was sie, Barbara, meinte? Sie trank gern und auch im Dienst, aber doch nicht zu viel; betrunken war sie nie. Im Dienst.
    »Sind Sie auch der Meinung, dass Ihr Alkoholkonsum vielleicht … problematisch ist?«
    »Keineswegs. Ich bin immer klar. Aber unser Job ist stressig, da hilft ein Schlückchen zur Entspannung.«
    »Das verstehe ich.« Die Grünberg lächelte – für Barbara reine Psychologen-Nettigkeit. »Sie glauben, dass Sie die Sache mit dem

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