Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Moerder Im Gespensterwald

Moerder Im Gespensterwald

Titel: Moerder Im Gespensterwald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Goyke
Vom Netzwerk:
möblierten Salon sah man den einstigen MP mit einem dunkelhaarigen Mann, der ein Sektglas in der Hand hielt. Der wirkte nicht nur ernst, sondern sogar etwas angespannt, so als würde er, umringt von lächelnden Menschen, dem Landesvater die Welt erklären. Die Bildunterschrift war: »Ringstorff im Gespräch mit einem Stipendiaten, dem norwegischen Künstler Magnus Eidsvag, beim Festakt am 5. September 2008.«
    Barbara blies die Wangen auf und lehnte sich zurück. Die Jury hatte offenbar nichts von Eidsvags Vorstrafe gewusst. Zu Magnus Eidsvag allein versprach die Suchmaschine 28 756 Einträge, doch rasch wurde sie gewahr, dass es etliche Norweger dieses Namens gab. Erst als sie die Bildersuche benutzte, grenzte sie die Treffer ein. Die ersten Fotos zeigten einen Garten mit Skulpturen aus verchromtem, aber auch aus unbehandeltem und rostigen Stahl. Auf einem Rasen, der nach einem Mäher schrie, standen verschiedene ineinander verschachtelte runde und eckige Formen. Waren sie abstrakt? Konstruktivistisch? Waren sie post oder post-post? Barbaras Bildung reichte nicht aus, um ihnen ein Etikett zu verleihen. Die Titel halfen nicht weiter: Curve in Light, Spring-tide in Spring-time oder Moonlight Shadow – nichts dergleichen vermochte sie zu erkennen.
    Weitere Fotos zeigten Büsten auf Granit-oder Basaltsockeln, vielleicht eine Art Porträt, vielleicht nur Spielerei: Die rostigen Köpfe waren gespalten, aus ihnen wuchsen Penisse, Geschwüre oder etwas anderes.
    Schließlich gab es noch Gemälde, vor allem Landschaften, die Barbara allesamt an Munch erinnerten und damit daran, dass Eidsvag auch als Fälscher oder Kopist wirkte. Zuallerletzt fand sie eine Installation aus allerlei Materialien, die der Künstler wohl auf Spaziergängen am Meer gefunden hatte: sogenannte Hühnergötter, Seetang, ein Vogelskelett, ausgewaschene, vom Salz konservierte Äste, verschmierte Zeitungen, eine verbeulte Alufelge und ein Kinderturnschuh. Das Werk trug den Titel My rotting body , und eine Tafel aus rostigen Metallbuchstaben verwies direkt auf die Inspirationsquelle – oder auf das Stipendium, denn es handelte sich um ein Munch-Zitat: »From my rotting body, flowers shall grow and I am in them and that is eternity.« Und tatsächlich, das Foto war mit By courtesy of Förderverein Edvard-Munch-Haus gekennzeichnet, vielleicht war die Installation in Warnemünde entstanden.
    Barbara seufzte. Dass man sie an den Schreibtisch gefesselt hatte, trieb sie zunehmend in die Verzweiflung: Sie mochte zwar das Übersichtliche, liebte Tabellen und Weg-Zeit-Diagramme, hatte auch nichts gegen ordentliche Akten, aber sie wollte sie nicht führen müssen. Gern wäre sie sofort nach Warnemünde aufgebrochen. Da solcher Aktionismus ausfallen musste, dachte sie eben nach und schloss messerscharf, dass jeder Verein, ob groß oder winzig, einen Vorstand haben musste. Also suchte sie und fand ihn auch. Bei drei Mitgliedern waren die Rufnummern angegeben, bei einer Frau Dr. Katharina Baumbach-Köhler sogar das Handy. Dort rief sie an.
    »Baumbach«, meldete sich die Betreffende.
    Barbara fiel für ihre Stimme sogleich ein Wort ein: spitz. Sie stellte sich vor und lauschte zugleich auf Hintergrundgeräusche. Ein Mann rief: »Jetzt komme ich aber mit dem Schlauch«, ein Kind kreischte und lachte.
    »Kriminalpolizei?«, fragte Frau Baumbach-Köhler, und Barbara sah eine gerunzelte Stirn vor sich. »Ich bin im Urlaub!«
    »Ich möchte nicht lange stören. Im Zusammenhang mit einem Ermittlungsverfahren sind wir auf einen norwegischen Künstler namens Magnus Eidsvag gestoßen und …«
    »Was ist mit Magnus?« Ein Fauchen.
    »Nichts. Wir suchen ihn nur als Zeugen.«
    »Irgendeine dumme Fälschergeschichte?«
    Barbara horchte auf. Hatte der Vorstand doch von der Vorstrafe gewusst?
    »Nein, ein Tötungsdelikt.«
    Sprachlosigkeit auf der anderen Seite – nur das Geräusch eines Wasserstrahls war zu hören, Lachen und Kreischen.
    »Was hat Magnus mit so etwas zu tun?«
    »Wie gesagt, es handelt sich um eine Zeugenaussage; er war mit dem Opfer bekannt. Wissen Sie, wohin er nach seinem Aufenthalt im Munch-Haus gegangen ist?«
    »Also ich weiß nicht … Kriminalpolizei, Tötungsdelikt, das kann jeder sagen. Am Telefon, meine ich.«
    »Ich könnte auch zu Ihnen kommen …«
    »Ich habe Urlaub, Ferien, verstehen Sie? Ausspannen und erholen!«
    »Ja, ja, ich verstehe. Dass der Aufenthalt von Eidsvag offenbar geheim ist, lässt tief blicken.«
    »Unsinn! Geheim! Er ist nach

Weitere Kostenlose Bücher