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Mörder im Zug

Mörder im Zug

Titel: Mörder im Zug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Goyke
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der Medanauskas während der Öffnungszeiten in Augenschein zu nehmen. Mit dem Al Faro wollte sie beginnen, um sich dann via Piano nobile ihrer Wohnung und damit auch ihrem Bett zu nähern. Da die Straßenverkehrsordnung für sie nur empfehlenden Charakter hatte, war sie in Nullkommanichts in Warnemünde. Eine Parklücke fand sie vor einem Geschäft in der Seestraße, das den seltsamen Namen Spiritofsky trug und das sie daher für einen Schnapsladen hielt. Sie achtete nicht auf die Auslagen, denn so nah am Meer wehte eine eisige Brise; außerdem war es dunkel, also machte sie, dass sie schnell ins Warme und Helle kam.
    Vor dem Al Faro zögerte sie jedoch. Durch das Fenster sah sie einen einsamen Gast am Tresen, der zusammengekauert auf dem Barhocker saß und auf Perviltas einredete, der eine Betroffenheitsmiene aufgesetzt hatte. Vermutlich lud der Gast seine Herbstdepression ab, der bald die Winterdepression folgen würde, um dann nahtlos in die Frühlingsdepression überzugehen, und auf Depressionen hatte Barbara keine Lust. Oder aber, und das fand sie noch öder, er erklärte gerade, wie furchtbar alles war. Schlimm ist das alles, schlimmschlimmschlimm! Die Knochen tun weh, die Ärzte sind schlecht – finden nix –, die Politik hat versagt und nichts ist, was es mal war …
    Barbara warf einen Blick in die benachbarte Bodega. Sie war vollkommen leer bis auf einen Mann mittleren Alters, über dessen gewaltigem Bauch sich eine Schürze mit dem Namen des Restaurants wölbte und der daher als Inhaber oder Angestellter zu erkennen war. Er studierte seine Fingernägel, als erwarte er von ihnen eine wichtige Offenbarung, und seine Leibesfülle weckte in Barbara ein Gefühl von Solidarität, also trat sie ein.
    Der Mann erhob sich schwerfällig, deutete eine Verbeugung an und entbot ihr einen guten Abend. Da sie aus einem ihr unbekannten Grund Lust hatte, sich mit einem Scherz einzuführen, fragte sie, ob er einen freien Platz für sie habe.
    »Nein«, er zwinkerte ihr zu, »wir sind auf Monate ausgebucht. Was darf ich Ihnen bringen?«
    »Ein Bier.« Barbara nahm am Fenster Platz und legte ihre Tasche auf den Tisch.
    »Welche Sorte?«
    »Haben Sie was Besonderes?«
    »Mexikanisches. Dos Equis .«
    »Klingt gut.«
    Er schob sich hinter die Theke. »Ist aber Flaschenbier.«
    »Egal.«
    »Was dazu?« Er öffnete einen Kühlschrank. »Tequila? Mezcal? Wärmt und macht fröhlich.«
    »Vielleicht später.« Barbara fummelte ihren Dienstausweis aus der Tasche.
    »Wir haben einen Mezcal, wo auf dem Grund der Flasche eine kleine Schlange schwimmt.«
    Sollte das ein Flirt werden? Zwei Schwergewichte namens Eva und Adam im Paradies namens Warnemünde mit Gottvater als Leuchtturmwärter und der gewissen Schlange am Boden einer Flasche mit Agavenschnaps? Nein, wohl eher eine Empfehlung.
    »Ich kenne den Gag«, sagte Barbara.
    »Welchen Gag?«
    »Die Antwort auf die Frage, ob man die Schlange mittrinken darf.«
    »Ach?« Er machte Kulleraugen und stellte die beschlagene Bierflasche sowie ein Glas auf ein Tablett. »Wie lautet die Antwort?«
    »Wenn man bei der Schlange angekommen ist, ist es egal.«
    Er prustete los, was die Fettmassen an seinem Körper zum Tanzen brachte. Von seinen Dimensionen her fand Barbara ihn sympathisch. Als er das Bier brachte, hielt sie den Ausweis in die Höhe.
    Gleichmütig betrachtete er ihn und machte dann seinerseits ein Witzchen: »Damit können Sie nicht bezahlen. Wir haben kein Lesegerät.«
    »Setzen Sie sich. Es sieht ja nicht danach aus, als wären Sie überarbeitet, also können Sie mit mir plaudern.«
    »Oh ja, ich plaudere gern mit schönen Frauen.« Er goss Bier ein, dann plumpste er auf einen Stuhl. »Den Gag merke ich mir.«
    »Glaub ich auf Anhieb.« Barbara ließ offen, ob sie damit das Kompliment oder seine Fähigkeit meinte, sich Gags einzuprägen. Sie nippte. Das Bier war gut – und stark. »Nicht viel los, hm?«
    »Außerhalb der Saison an einem Wochentag? Da brummt’s nicht gerade. Ich überlege jeden Abend, ob ich überhaupt aufmachen soll.«
    »Wenn Sie das entscheiden können, gehört der Laden wohl Ihnen?«
    »Right. Kommen Sie wegen des umgebrachten Medauskas?«
    »Medanauskas.«
    »Ja. Die haben aber auch einen Namen! Kann man schlecht behalten. Und dann heißt er noch Andrea. Wie ein Mädchen.«
    Barbara feuchtete sich etwas mehr als die Lippen an und musterte ihr Gegenüber, das sich vollkommen unberührt zeigte von dem, was seinem Nachbarn widerfahren war.
    »Sie reden doch

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