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Mörder im Zug

Mörder im Zug

Titel: Mörder im Zug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Goyke
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sicher auch mal mit ihrem … wie soll ich sagen? Ihrem Mitbewerber?«
    »Sagen Sie ruhig Konkurrenten. Das sind wir ja. Ich war alles andere als begeistert, als vor ungefähr fünfzehn Jahren das Al Faro eröffnet wurde … An Gastronomie besteht in Warnemünde wahrlich kein Mangel, und das Kartoffelhaus ist mir eigentlich schon zu nahe. Nein, ich rede nicht mit diesen Leuten. Wenn Sie mich fragen: Das Al Faro ist eine Geldwaschanlage.«
    »Wie kommen Sie darauf?«
    »Gucken Sie doch rein! Es ist immer leer, und trotzdem haben die Kohle ohne Ende.«
    »Bei Ihnen ist es doch auch leer.«
    »Das ist etwas anderes.«
    »Aha. Keine Geldwaschanlage?«
    »Nee.« Er lachte. »Nicht mal eine Geldverdienmaschine. Ich komme über die Runden, aber Häuser kann ich mir nicht leisten.«
    Barbara trank aus. Das Bier war gefährlich, denn nun hatte sie Lust auf mehr.
    »Noch eins?«
    Sie nickte, schüttelte dann aber gleich den Kopf.
    »Augenblick! Für wen wird Ihrer Meinung nach nebenan Geld gewaschen?«
    »Was für eine Frage! Für die Mafia natürlich.«
    »Welche Mafia?«
    »Die lettische, die russische, die italienische …« Er hob die Schultern. »Wie heißen die noch mal? Camorra?«
    »Das ist die kampanische Mafia.«
    »Ach, so?« Er wirkte enttäuscht. »Ich dachte nur, weil die Me-da-naus-kas früher in Neapel waren.«
    »Neapel ist die Hauptstadt Kampaniens«, erklärte Barbara und nahm doch noch ein Bier.
     
    Von der Hartestraße kommend, wo er seinen Wagen abgestellt hatte, bog Uplegger in die Pferdestraße ein, die ihn sofort enttäuschte. Er hatte mit einer anheimelnden Altstadtgasse gerechnet und fand auf der rechten Seite ein- bis zweigeschossige Neubauten vor, deren Reihe unterbrochen wurde von Brachflächen, die ein Hotel als Parkplätze nutzte. Linker Hand befand sich der Petrikeller , der sich mittelalterlich nannte, wobei das Mittelalter in der Rostocker Gastronomie gern einmal bis ins 19. Jahrhundert reichte, dann folgte die Firma Malzeit : Das Fehlen des H war kein Schreibfehler, sondern verwies darauf, dass es sich um einen Malerbetrieb handelte, der auch Fußböden und Trockenbauarbeiten machte.
    Sokolowski wohnte in einem hellgrünen Wohn- und Geschäftshaus mit dunkelgrünen Kunststofffensterrahmen an der Ecke zum Amberg, zugleich das Domizil einer Computerfirma, die »Intelligente Lösungen« anbot. Uplegger fragte sich, was man in intelligenten Lösungen wohl auflösen mochte: reinen Geist in Spiritus? Und kippte man die Lösung dann in den Computer?
    Das Klingelschild verriet, dass der Wachmann im Parterre wohnte; Uplegger umrundete das Haus, um es von hinten in Augenschein zu nehmen. In Sokolowskis Wohnung brannte Licht. Dennoch würde Uplegger nicht dort, sondern bei den Nachbarn klingeln.
    Nachdem sich seine Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten, stellte er fest, dass die Wohnungsbesitzer begonnen hatten, sich hinter dem Haus eine kleine Oase zu schaffen. Sie hatten gegraben und gepflanzt, eine winzige Terrasse angelegt und einen Geräteschuppen errichtet. Vielleicht trafen sie sich im Sommer zum Grillen. Das ließ Uplegger hoffen, sie könnten etwas mehr über Sokolowski wissen.
    Er kehrte zur Straße zurück, gähnte herzhaft – und blieb auf der Stelle stehen. Er musste zweimal hinschauen, aber dann war er sicher, sich nicht zu irren: Der Mann, der soeben das Haus verlassen hatte und sich zum Amberg wandte, war Sokolowski.
    Und zugleich war es ein ganz anderer.
     
    Camorra! Barbara konnte nur den Kopf schütteln. Was die Leute sich ausdachten! Warum nicht gleich die chinesischen Triaden? Die Tschetschenen oder Albaner? Ein italienisches Restaurant und ein lettischer Besitzer – und schon war die Mafialegende in der Welt. Und dann waren die Medanauskas einige Zeit in Neapel gewesen, im Herrschaftsgebiet der Organisation, die sich längst nicht mehr Camorra nannte, sondern das System. Da konnte sie doch nur James Ellroy zitieren, dessen Krimis sie als einzige gern, aber selten las: ›Nähe bedeutet nicht Bezug.‹
    Der Gast, der seine Seele ausschüttete, hockte noch immer im Al Faro , aber Perviltas’ Betroffenheitsmiene war schon etwas verrutscht. Barbara ging die wenigen Schritte weiter zum Kartoff elhaus , in dem auch nicht viel los war. Nur ein Pärchen hatte sich an diesem kalten Tag hierher verirrt, das Wein trank und womöglich auf sein Essen wartete. Barbara warf einen Blick auf die Speisekarte, nahm aber nur die Überschriften wahr: Vorspeisen, Für den kleinen Hunger, Für

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