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Mörder im Zug

Mörder im Zug

Titel: Mörder im Zug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Goyke
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den Hunger zwischendurch, Ut Mäkelbörger Pott un Pann. Letzteres ließ fürchten, dass hier nur die Hauptgewürze der Mecklenburger Küche zum Einsatz kamen: Salz, Pfeffer – und Mehl.
    Das Kartoff elhaus hatte eine Inhaberin, eine ältliche Blondierte, die aussah, als hätte sie in eine Zitrone gebissen. Ein Geruch von Bratkartoffeln lag in der Luft, der Barbara das Wasser im Mund zusammenlaufen ließ. Obwohl sie in der Bodega dann doch drei Dos Equis getrunken hatte, nahm sie noch ein Bier, allerdings ein gezapftes.
    Die Geschichte von Mafia und Geldwäsche schien unter den Warnemünder Kneipiers die Runde gemacht zu haben, denn auch Rosi Dumke, wie sie laut Karte hieß, käute sie wieder; vielleicht gab es einen Gastronomenstammtisch, an dem die Gerüchte verbreitet wurden.
    »Sie kennen doch den Rostocker Rotlichtkönig Artur?«, fragte sie.
    Natürlich nicht, denn ich arbeite bloß bei der Kripo, hätte Barbara am liebsten geantwortet, aber sie nickte nur.
    »Der vor ein paar Jahren verurteilt wurde? Bloß zu paar Jährchen, weil der Staatsanwalt einen Deal gemacht hat? Und der ganz schnell auf Bewährung freikam? Der soll ja wieder mächtig mitmischen im Milieu. Na ja, und der war doch auch Lette.«
    »Litauer.«
    »Ist doch fast dasselbe, oder?«
    »Ich glaube, dass die Letten das anders sehen.« Barbara wartete, bis die Blume zusammengefallen war, denn sie mochte keinen Schaum an der Oberlippe.
    Rosi schaute zu dem Pärchen und senkte die Stimme. »Er soll paar Mal im Al Faro gewesen sein«, raunte sie mit der üblichen Verschwörermiene.
    »Der Rotlichtkönig?«
    »Ja.«
    »Woher wissen Sie das?«
    »Wird erzählt.«
    »Erzählt wird viel.« Barbara nahm einen großen Schluck. »Was sagen Sie dazu, dass man die Scheiben des Al Faro eingeworfen und einmal sogar auf das Leuchtschild geschossen hat?«
    »Das war bestimmt eine Drohung.«
    »Der Mafia?«
    »Was denken Sie denn? Natürlich. Da läuft irgendwas mit Schutzgeld, glaube ich.«
    Barbara betrachtete ihr Glas. An Schutzgeld hatte sie noch nicht gedacht. Gleichwohl waren die Spekulationen der Wirtin unlogisch.
    »Die Mafia wird von einem ihrer Mitglieder kaum Schutzgeld erpressen. Aber Sie haben mir ein Stichwort geliefert. Wie ist es denn bei Ihnen?«
    »Bei mir?«
    Barbara schaute Rosi ganz schnell ins Gesicht. Das hatte sich entfärbt, und sie schlug die Augen nieder wie eine ertappte Sünderin.
    »Zahlen Sie, damit man Ihre Scheiben heil lässt?«
    »Nein, wo denken Sie hin!« Rosi gab sich entrüstet.
    »Hat man Ihnen Schutz angeboten?«
    »Überhaupt nicht.«
    »Frau Dumke!« Barbara klopfte mit dem Fingerknöchel auf den Tresen und ließ ihr Gegenüber nicht aus den Augen. »Warum sollten die Erpresser nur das Al Faro auf der Liste haben? Die klappern doch normalerweise ganze Straßenzüge ab, und Ihr Restaurant liegt in der Nachbarschaft. Wenn die im Al Faro waren, waren sie auch bei Ihnen. Also, wollen Sie mir reinen Wein einschenken?«
    Rosi war noch bleicher geworden, und eine Haarsträhne fiel ihr in die Stirn.
    »Bei mir war niemand«, behauptete sie jedoch.
    »Wie Sie meinen. Ich möchte zahlen.«
    »Geht aufs Haus.«
    »Bedaure, aber das ist nicht erlaubt«, sagte Barbara und griff in ihre Handtasche.
     
    Observationen waren nicht Sache der Mordkommission, sondern einer Spezialeinheit, die man mit einem bürokratischen Prozedere anfordern musste. Während Uplegger zum Amberg schritt, kam er sich daher etwas albern vor, wie ein Privatdetektiv in einem Roman, dem an der nächsten Ecke ein Totschläger über den Kopf gezogen würde und der praktisch immer blaue Flecken hatte. Aber warum sollte er die Gelegenheit nicht beim Schopfe packen? Und sich etwas leisten, das er kurzweg ein ermittlungstechnisches Freizeitvergnügen getauft hatte?
    Sokolowski ging die Straße Beim St. Katharinenstift hinab an der Hochschule für Musik und Theater vorbei zur Grubenstraße. Uplegger musste daran denken, wie nahe er beim Piano nobile wohnte, das allerdings nicht sein Ziel sein konnte, denn er entfernte sich vom Alten Markt. In Gedanken zitierte er Barbara: Nähe bedeutet nicht Bezug. Trotzdem war nicht auszuschließen, dass der Wachmann schon im Piano verkehrt hatte, dass er also Manfredas Medanauskas kannte. Wie sagten die Italiener? Tutto il mondo è paese. Und die Deutschen sagten es genauso: Die ganze Welt ist ein Dorf.
    Sokolowski schien ein Ziel zu haben, das er zügig ansteuerte. Er überquerte die Grubenstraße und ging weiter geradeaus durch

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