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Mörder im Zug

Mörder im Zug

Titel: Mörder im Zug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Goyke
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Metastasen bildete. Hier hatte er sie allerdings nicht erwartet, und er bedauerte die Elmenhorster, die mittlerweile ebenfalls gezwungen waren, Brot und Kuchen zu erwerben, deren Geschmack und Konsistenz seiner Ansicht nach an Petrochemie gemahnten.
    Das Grundstück der Familie Kröner war ein ziemlich großer Landwirtschaftshof mit einem Wohngebäude, Stallungen und einem Bungalow, der nach ausgebauter Doppelgarage aussah und vielleicht an Feriengäste vermietet wurde. Zwei Trecker standen herum, eine Egge und ein museal anmutender Güllewagen; neben dem Bungalow parkte ein roter Mitsubishi Pajero mit einem Reserverad am Heck, dessen Hülle das Emblem des FC Hansa trug. Es gab einen echten Misthaufen, auf dem echte Hühner scharrten, die freilaufend Eier produzierten. Aus einem Stall rechter Hand muhten Steaks, Rouladen und Gulasch.
    Ferien auf dem Bauernhof, dachte Uplegger, das wäre doch was, vor allem für Marvin. Schlafen im Heu, Fallen vom Pferd und täglich der Beweis, dass die Wurst nicht abgepackt an Bäumen wuchs.
    Zwei Dinge irritierten Uplegger, das Transparent über dem Hoftor und der Hofhund. Auf dem Transparent stand nicht etwa Biohof, sondern Polohof Kröner , und der Hund, ein Riesenschnauzer, interessierte sich überhaupt nicht für den Eindringling, obwohl ein Keramikschild neben dem Tor verkündete, er habe neben einem guten Dutzend Briefträgern und etlichen Katzen auch drei Polizisten erledigt.
    Aus dem Wohngebäude trat ein Mann von Ende vierzig, der Filzstiefel trug, eine Manchesterhose und eine wattierte Joppe. Uplegger hatte seinen Besuch per Mobiltelefon angekündigt, und der Mann war zweifellos das Empfangskomitee.
    »Sie sind der Herr von der Kripo?«
    »Ja. Ihr Sohn …?«
    »Da.« Der Mann zeigte zum Bungalow. »Traurig.«
    »Ihr Sohn trauert?«
    »Das mit Andrea.« Vater Kröner schaute zum Riesenschnauzer, der sich gemächlich von seinem Ruheplatz erhob und einmal mit dem Schwanz wedelte. »Das ist traurig.«
    »Ja. Und Morten …«
    »Schläft .«
    »Schläft noch?«
    »Hm.«
    Der Hund trottete näher. Da er bisher nicht gebellt hatte, vermutete Uplegger, er wäre so maulfaul wie sein Herrchen und wie der typische Mecklenburger – jedenfalls in der Karikatur und manchmal auch in der Wirklichkeit.
    »Haben Sie ihn nicht geweckt?«
    »Doch.«
    »Und?«
    »Will nicht. Ist erst um halb sieben nach Hause gekommen.«
    »Ach, er hat wohl gefeiert?«
    »Hm. Nee, nee, nicht was Sie denken. Er macht Musik. Legt auf, verstehen Sie? Als DJ.«
    »Damit verdient er sein Geld?«
    »Ich weiß nicht genau, womit er sein Geld verdient.« Vater Kröner ging einige Zentimeter in die Knie und tätschelte den Hundekopf. Der Riesenschnauzer gähnte. »Macht dies, macht das. Hat immer neue Geschäftsideen. Warten Sie, ich versuche es noch einmal.« Er schritt auf den Bungalow zu, ein paar Meter vom Hund begleitet, der sich dann aber wieder hinlegte. Uplegger hatte das Gefühl, einen Film in Zeitlupe zu sehen.
    Vater Kröner verschwand im Bungalow. Es verstrichen ein paar Minuten, dann kam er wieder zum Vorschein, nickte Uplegger zu und wechselte grußlos ins Haus.
    Der Film änderte sein Tempo von Zeitlupe zum Zeitraffer. Ein junger Mensch in ausgebeultem blauen Freizeitanzug stürzte aus dem Bungalow und ruderte mit den Armen. Er hatte ungepflegte lange Haare, einen Fusselbart und war groß und dürr wie die berühmte Bohnenstange. »Moin!«, rief er, dann hetzte er in den Bungalow zurück. Uplegger folgte ihm, und da es keinen Flur gab, betrat er sogleich ein großes Zimmer, von dem zwei Türen in Nebenräume abgingen. Morten Kröner saß auf seinem Bett und schnürte sich mit hektischen Bewegungen die Boots zu. Das Kissen und die Steppdecke waren mit Hansa – Wäsche bezogen. Uplegger schlug der wohlvertraute Geruch selten gewechselter Turnschuhe entgegen, außerdem roch es nach kaltem Zigarettenrauch und abgestandenem Bier.
    Morten sprang auf, stürzte zum Fenster, riss es auf. Kalte, feuchte Luft drang in das Zimmer, während der junge Mann schon beim Tisch war, auf dem drei Bierflaschen und ein voller Aschenbecher standen. Er nahm eine Packung Tabak und Papier, warf sich in einen Sessel und begann, sich eine Zigarette zu drehen. Sein unsteter Blick wanderte zwischen seinen Fingern und Uplegger hin und her.
    »Der Anlass meines Besuches dürfte Ihnen bekannt sein.« Uplegger trat ans Fenster und schaute in einen Garten mit knorrigen alten Obstbäumen. Auf dem von einer dünnen gefrorenen

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