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Mörder im Zug

Mörder im Zug

Titel: Mörder im Zug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Goyke
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anzukündigen, aber dieser Hit bestand aus einer Botschaft: »Die or kill!«
     
    Claudia Brinkmann hielt das Taschentuch noch in der Hand, aber sie brauchte es nicht mehr. Mittlerweile hatte sie sich in Rage geredet.
    »Seine Besessenheit war auch ein Grund dafür, dass ich mich getrennt habe«, erklärte sie gerade. »Andrea konnte gar nicht mehr abschalten von der Arbeit, vom Betrieb. Ab und zu sind wir zusammen gejoggt. Selbst beim Laufen stand sein Mund selten still. Ehrlich gesagt, manchmal habe ich ihn für geisteskrank gehalten. Nur beim Fußball kam er auf andere Gedanken.«
    »Haben Sie ihn mal zu einem Spiel begleitet?«, wollte Uplegger wissen.
    »Nein. Ich hasse Fußball.«
    »Wir kennen jetzt zwei Gründe für die Trennung«, fasste Barbara zusammen. »Sie hatten sich auseinandergelebt. Und Sie haben unter seiner Besessenheit gelitten. War da noch mehr?«
    Claudia Brinkmann schüttelte den Kopf und schwieg.
    »Irgendeine zu intensive Beziehung zu einem Schüler?«
    »Unfug!«, brauste die Lehrerin auf. »Ich weiß, dass Sie Henning meinen. Er ist ein sehr sprachbegabter Junge, besonders in Englisch. Ich fördere ihn, und manchmal besucht er mich, damit wir Konversation betreiben können, auf einem höheren Niveau als in der Schule. Aber da ist nichts! Jedenfalls nicht, was manche denken.«
    Barbara nahm es zur Kenntnis.
    »Sie sind kürzlich umgezogen, Frau Brinkmann?«
    »Vor einem Dreivierteljahr.«
    »Warum?«
    »Ich wollte mich verändern.«
    »Nach der Trennung?«
    »Ja. Eine größere Wohnung wollte ich aber schon früher.«
    »Nach Ihren Worten zu urteilen, waren Sie oft mit Andriejus zusammen. Für mich klang es jedenfalls so, als hätte er sogar bei Ihnen gelebt.«
    »Teils, teils.« Claudia Brinkmann betrachtete ihre Hände. »Er war manchmal längere Zeit bei mir. Aber wenn ich meinen Freiraum brauchte, ging er zurück zu seinen Eltern.«
    »Ihren Freiraum, Frau Brinkmann? Haben Sie Angst vor zu großer Nähe?«
    Sie fuhr auf, funkelte Barbara an. »Was soll denn das heißen? Ich hatte nur eine kleine Zweizimmerwohnung im Patriotischen Weg. Da sind wir uns ständig auf die Füße getreten.«
    »Ah, ja.« Barbara fixierte ihr Visavis wie die Schlange das Kaninchen, denn sie spürte, dass Claudia ihr etwas verbarg. »Verstehe ich Sie richtig? Als sie mit Andriejus zusammen waren, war Ihnen die Wohnung zu eng. Sie trennen sich und sind wieder allein – und dann erst ziehen Sie in eine größere Wohnung um?«
    Claudia Brinkmann schluckte. »Ich hatte vorher keine Zeit.«
    »Vorher hätte er Ihnen helfen können.«
    »Ich habe genug Freunde.« Ein Ruck ging durch den schmächtigen Körper der jungen Frau, und sie schluchzte. Uplegger nickte Barbara zu: Weiter so. »Okay, da war noch mehr. Andrea konnte sich mit der Trennung nicht abfinden. Er hat mich regelrecht belagert. Stand ständig vor dem Haus, wenn ich heimkam, oder klingelte an der Wohnungstür. Er wollte sich mit mir aussprechen. Aber es war zwecklos. Er verstand mich einfach nicht. Ein paar Mal hat er mich sogar vor der Schule abgefangen.«
    »Also Stalking?«
    »So würde ich es nicht nennen, er hat mich ja nicht bedroht und auch keinen Terror auf Arbeit oder bei meinen Freunden gemacht. Es war trotzdem nicht auszuhalten! Auch deshalb bin ich umgezogen.«
    »Ohne ihm Ihre neue Adresse zu geben, nehme ich an.«
    »Natürlich.«
    »Aber er hat sie sich beschafft.«
    Claudia hob die Brauen. »Woher wissen Sie das?«
    »Wir haben die neue Anschrift in seinem Handschuhfach gefunden. Hat er Sie im Barnstorfer Weg auch belästigt?«
    »Einmal.« Sie schnäuzte sich.
    »Nur einmal?«
    »Ich habe ihm so deutlich meine Meinung gesagt, danach ist er nie wieder aufgekreuzt.«
    »Da sind Sie wohl über sich hinausgewachsen«, bemerkte Uplegger.
    »Täuschen Sie sich nicht in mir. Ich kann mich ziemlich gut durchsetzen.« Claudias Augen funkelten beinahe kampflustig. »Fragen Sie meine Schüler.«
    »Sind Sie gerne Lehrerin?«, fragte Uplegger. Barbara schaute ihn überrascht an: Was sollte denn das?
    »Nein«, sagte Claudia sofort. »Das ist nicht mein Traumjob. Eigentlich wollte ich Psychologie studieren und Kinderpsychologin werden. Etwas mit Kindern wollte ich immer machen … aber nie Lehrerin!«
    »Eigene Kinder haben Sie nicht?«
    »Hat noch nicht geklappt.«
    »Aber Sie sind in dem Alter …«
    Claudia Brinkmann wurde heftig und begann, mit den Armen zu fuchteln.
    »Andrea wollte nicht. Er meinte immer, es sei noch zu früh, wir müssten uns

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