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Mörder im Zug

Mörder im Zug

Titel: Mörder im Zug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Goyke
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an. Zehn Plastiktüten von der Größe einer Zigarettenschachtel, ursprünglich für Medikamente bestimmt, rutschten auf den Teppich, in jedem davon ein Pulver, weiß wie Schnee.
     
    Manfred Pentzien fluchte. Ohne sich umzuziehen, hatte er den Tatort Deponie verlassen und war mit einem Kollegen erschienen, um Mortens Behausung auf den Kopf zu stellen, denn nun galt wirklich Gefahr im Verzuge. Auf dem Hof war auch die Mutter aufgetaucht, eine stattliche und resolut wirkende Person, die auf den Zentimeter so groß wie ihr Gatte zu sein schien. Wie Uplegger wusste, nannte man die gleiche Höhe der Köpfe in der bildenden Kunst Isokephalie. Er schüttelte den Kopf: Wie viel nutzloses Wissen man doch anhäufte …
    Frau Kröner trug eine dieser wieder modern gewordenen Hornbrillen, die nicht aus Horn, sondern wie die halbe Welt aus Plastik war. Fröstelnd stand sie da und betrachtete voller Unverständnis die beiden Beamten in den Schutzanzügen.
    »Was hat das alles zu bedeuten?«, fragte sie ein ums andere Mal. Ihr Mann antwortete nicht, er war ebenso ratlos wie sie. Während Barbara die Spusi einwies, gesellte sich Uplegger zu ihnen.
    »Wann genau hat Morten den Hof verlassen?«
    Kröner hob die Schultern. »Ich war selbst unterwegs.«
    »Viertel fünf«, sagte die Mutter.
    »Und vorher, war er da schon einmal weg?«
    »Kurz nachdem Sie gegangen sind, ist er weggefahren«, sagte Kröner. »So gegen halb drei kam er zurück, mit Riccardo. Ich wollte gerade los zur Versammlung vom Bauernverband. Die Spinner von der EU haben schon wieder eine neue Verordnung erlassen, gegen die wir uns wehren müssen. Die haben so viel Stroh in der Rübe, da kann eine Riesenherde monatelang drauf sch…«
    »Achim, bitte!«
    »Ist doch wahr!«
    »Sind Morten und Riccardo befreundet?«
    »Tja, sind sie das?« Herr Kröner hob langsam die Arme. »Sie hocken jedenfalls öfters zusammen. Rauchen dieses Scheißkraut und reden sich die Köppe heiß. So über Zukunftspläne. Ich bin zwar bloß Bauer, aber immerhin studierter Landwirt und nicht unbedingt döschig. Vielleicht wissen Sie, was der frühere Bundeskanzler Helmut Schmidt über Visionen gesagt hat? Wer sie hat, soll zum Arzt gehen.« Er beendete die für seine Verhältnisse ziemlich lange Rede mit einem erneuten Schulterzucken.
    »Er hat Visionen in der Politik gemeint …«
    »Spinner. Alles Spinner. In der Politik, bei der EU – und der eigene Sohn auch. Polohof! Er kann ein Polohemd kriegen, aber niemals einen Polohof.«
    Frau Kröner wurde zur Glucke, die ihr Gössel verteidigte: »Er hat wenigstens noch Träume, und das ist etwas sehr Wertvolles.«
    »Ja, deine Träume! All der Schietkram, Musik und Kultur und Sprachen … Was hat er davon bekommen? Einen vernünftigen Beruf? Nee, Grappen, nix als Grappen!«
    »Die jungen Leute haben es heutzutage nicht mehr so leicht wie wir. Er muss sich doch erst orientieren.«
    »Orientieren! Das macht der Bengel nun schon seit … ach, was! So, ich brauch’ jetzt ’nen Lütten. Diese Welt voller Narren schnürt einem ja die Puste ab.« Sprach’s, wandte sich um und ging ins Haus.
    »Tut mir leid«, sagte Frau Kröner. »Er ist eigentlich ein sehr ruhiger Mensch. Aber wenn er sich aufregt, dann … dann regt er sich richtig auf.«
    »Das ist gesünder, als alles zu schlucken«, meinte Uplegger und schämte sich sofort für diese billige Weisheit. »Ihr Sohn war also am Nachmittag mit Riccardo hier?«
    »Ich habe oben gearbeitet«, sie deutete auf ein Gaubenfenster an der Traufenseite des Hauses, »und sah sie über den Hof gehen. Sie kamen von Mortens Auto. Ja, und als ich mir wenig später Tee aufsetzte, gingen sie zum Auto zurück.«
    »Und fuhren weg?«
    »Ja. Um viertel nach vier. Ich habe auf die Küchenuhr geschaut.«
    »Hatten Sie etwas bei sich? «
    »Ja, Morten hatte diese schwarze Umhängetasche für seinen Laptop dabei.«
    »Einen Moment, bitte!« Uplegger lief zu Pentzien, der soeben im Bungalow verschwunden war. Barbara übernahm das Gespräch.
    »Ist eine unruhige Nacht, was, Frau Kröner? In ein paar Minuten verlassen mein Kollege und ich Sie, dann bleiben nur die Männer von der Spurensicherung da.«
    »Aber was soll das alles? Was haben diese Monster in Mortens Zimmer zu suchen?«
    »Wollen Sie wissen, was wir gefunden haben?«
    »Was denn?«
    »Vermutlich Kokain.«
    »Sie haben …? Nein, nein, nein, nein, nein!« Frau Kröner stampfte mit dem Fuß auf den harten Boden. »Nein! Nicht bei Morten! Sie wollen ihm was

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