Mörder Quote
betonte Chantal in einem Interview, das sie vor dem Rainbow gegeben und das Sascha auf Youtube studiert hatte. »Mausi ist jetzt direkt aus dem Rainbow – over the rainbow!« Sie hatte ihr kostenloses PR -Schnipselchen genutzt, um mit einem großen Augenaufschlag ihrer Glitzerlider und einer gespielten Träne die Arme anklagend gen Himmel zu reißen und in eine unangeforderte Version des Judy-Garland-Songs einzusteigen.
Die Clickzahl dieser Videos war erstaunlich hoch. Sascha war plötzlich klar geworden: Diese Kuh hatte es echt drauf. Er würde sehr genau auf sie aufpassen müssen.
Deshalb zwinkerte er ihr jetzt auch verschwörerisch zu, während nun alle Kandidaten unter Aufsicht einer sehr berühmten und sehr dürren Choreografin aus New York die »Flashdance«-Choreo probten. (Warum waren nur alle »berühmten« TV -Choreografen und Choreografinnen, die in Deutschland arbeiteten, AUS New York und arbeiteten nie IN New York, fragte er sich.)
Lilly neben ihm ging anmutig in die Pirouette, während Gothic-Queen Xena rollengemäß aufmuckte. »Ich bin Sängerin und keine Hupfdohle!«, zischte sie der sehnigen Tanzlehrerin ins Gesicht. »Ich mach so was nicht!«
»Dann bist du eben nicht im Opening der Show!«, zischte es professionell zurück.
Ein kurzes Abwägen hinter all ihren Drachentätowierungen – dann traf Xena ihre Entscheidung und fügte sich in die verhasste Chorus-Line.
»Five, six, seven, eight …« Und los ging es wieder mit dem berühmten Tanz des Blitzes.
In der nächsten Pause ließ sich Sascha absichtlich unabsichtlich neben Sebastian fallen. »Hast du von der Sache mit dem Maskenbildner gehört?«, fragte er und hatte nicht wirklich ein schlechtes Gewissen, dass er Mausi posthum zu einem Flirtversuch benutzte. »Schrecklich, oder?«
»Ja furchtbar.« Sebastian, der sogar im verschwitzten Shirt aussah wie das personifizierte Schwiegersohnklischee, antwortete erwartungsgemäß. »Es tut mir so leid. Ich habe die ganze Nacht lang für ihn gebetet.«
»Du hast …?« Leicht verwirrt versuchte Sascha zurück ins allgemeine Flirtgebiet zu kommen. »Betest du oft? Ich meine, ich bin nicht so religiös, also bestimmt nicht mehr als Madonna bei ›Like a prayer‹.«
Sein Gegenüber schien plötzlich kurz aufzuwachen. Er musterte Sascha intensiv. Dann sagte er schließlich: »Das Lied kenn ich nicht.« Sein Blick senkte sich wieder ab, und er starrte wie gewohnt zu Boden. »Der Typ tat mir nur leid. Gehst du auch morgen zur Beerdigung?«
Sascha wäre nie auf diese Idee gekommen, aber ein Date mit diesem mysteriösen Schnuckel, und sei es auf einem Friedhof, würde er bestimmt nicht ausschlagen. »Aber ja!« Er bemühte sich um ein sensibel wirkendes Lächeln. »Ich geh auf jeden Fall hin!«
»Je mehr tote Schwuchteln, desto besser!«, keuchte es plötzlich von hinten in Saschas Nacken. Dem Geruch nach hatte Uwe, der ehrliche Rocker, sogar schon am Montagmorgen um zwölf ein ehrliches Bier intus und seine Aggressionen nicht mehr im Griff. »Nur eine tote Schwuchtel ist eine gute Schwuchtel!« »Dann pass nur auf, dass eine sehr lebendige Schwuchtel dir nicht den Sieg abkauft und dich zurückbefördert in den Fascho-Hartz-4-Zoo, aus dem du entlaufen bist!«, gab Sascha schnell zurück und zog sich, so gelassen er konnte, die Legwarmers hoch. »Und wenn du keine Schwuchteln magst, bist du im Showbusiness sowieso schlecht aufgehoben …«
»… sogar Rammstein ficken sich in den Konzerten dauernd in den Arsch!«, sekundierte plötzlich Chantal. Sie schien die Konflikte irgendwie zu riechen, steuerte darauf zu wie das Navi auf die nächste Autobahn. Dieser Allianz aus Schlagfertigkeit und einem sehr billig riechenden Parfüm von Christina Aguilera, das Chantal literweise benutzte, war Uwe ganz offenbar nicht gewachsen. Er trollte sich in die Männermotzecke zu Mike D, nicht ohne vorher noch in Richtung der transpirierenden Transe und Sascha ausgespuckt zu haben. »Wir Mädels müssen zusammenhalten, stimmt’s?« Mit großer Geste drückte Chantal Sascha an ihren teuren Busen und küsste seine nassen Locken. Erst als Sascha wieder aus dem glatten Silikontal auftauchte, bemerkte er die Kamera, die Chantal aus den Schultern zu wachsen schien und jeden Moment der Auseinandersetzung mitgefilmt hatte. Und aus den Augenwinkeln sah er, wie Rocker Uwe seinen Daumen in die Höhe reckte und Chantal zunickte, während sie anmutig davonschwebte.
Sascha kniff innerlich fluchend den Arsch zusammen. Mist –
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