Mörder Quote
vielleicht nur, weil für sie Beerdigungen waren wie für andere Leute Geburtstage und der Friedhof eine passende Kulisse für ihr Samtkutten-Outfit abgab.
Vom Rainbow gab es eine kleine Abordnung plus Kranz mit Glitter und von den anderen Maskenbildnern und Maskenbildnerinnen der Show einen klassischen Kranz, der trotzdem irgendwie zu bunt aussah. Von Mausis Familie war nur ein unauffälliger Mann mittleren Alters gekommen, wahrscheinlich ein Bruder oder Cousin. Kurz hatte er Tanya, was Körperhaltung und Größe anging, an Mephisto erinnert, aber der wäre sicher auch hier in Anwesenheit einzelner Leute aus der Show im vollen Ornat aufgetaucht. Kurz ärgerte sich Tanya wieder über den Typen mit all seinen vertraglichen Sonderregelungen. Separate Proben während der Woche, im Outfit direkt in die Generalprobe, nach jeder Liveshow sofort verschwunden – sicher war es für die Quote besser, dass seine Identität ein Geheimnis blieb, aber dieses Gefühl, dass da immer ein völlig Fremder durch das Studio lief, gefiel Tanya einfach nicht. Er schien sich in der ersten Woche immerhin etwas mit Xena befreundet zu haben, vielleicht könnte sie aus der mal etwas über das »Phantom für Millionen« (de Bruyn) herausholen.
Jetzt stand die Prinzessin der Finsternis wie bei einem Videodreh in ihrer extralangen Kutte vor dem Grab und spielte oder hatte große Gefühle. Sie klammerte sich an einen Rosenkranz und murmelte dramatisch etwas zwischen einem Gebet und der Popgruppe Enigma vor sich hin. Irgendwie wunderte es Tanya, dass sie sich so viel Mühe gab, doch als plötzlich Peter neben ihr zuckte und aus dem Nichts ein Fotograf auftauchte, war die Sache klar. Das Biest benutzte wirklich die Trauerfeier des armen einsamen Herrn Schmitz zur eigenen PR ! Und es war ausgerechnet der fieseste Fotograf, der derbe Berliner Olli Bräuer, der nun auch noch anfing, Xena leise Anweisungen zuzuzischen.
Gott sei Dank zog der Pfarrer in diesem Moment die moralische Notbremse und verbot sich jedes weitere Fotografieren auf seinem Friedhof.
Aber vielleicht hätte Mausi dieses letzte Showbiz-Intermezzo sogar gefallen, dachte Tanya, als sie zum Grab ging, um eine Rose hineinzuwerfen. Doch, ein bisschen Blitzlichtgewitter am Grab hätte Mausi sicher gefallen. Wenn schon kein Gospel.
Beim gemeinsamen Rückweg zu den Autos bemerkte Tanya, dass der kleine Sascha ziemlich blass um die Nase war. Entweder war das seine erste Beerdigung oder Mausi und er hatten sich doch besser gekannt. Oder vielleicht war er auch den sogenannten »Freizeitdrogen« nicht abgeneigt und hatte nun Schiss bekommen?
»Dieses neue Zeug ist verdammt gefährlich, weil man nie weiß, wie es genau gemixt ist. Nicht genug Recherche!« Peter de Bruyn schien ihre Gedanken gelesen zu haben und hakte sich ungefragt bei ihr unter. »Ich bleibe einfach bei dem guten alten Koks. Never mix, never worry!«
Tanya zog energisch ihren Arm weg und stöckelte in ihrem leider doch zu engen Trauerkostüm noch schneller auf ihre wartende Limousine zu. Gleich im Studio würde von Mausi Schmitz, seiner Arbeit und seinem Wesen nichts mehr zu spüren sein. »The show must go on« war ein Motto, das Tanya nicht mochte. Ein Todesfall in der Produktion sollte eigentlich die Kraft haben, eine Show auch mal für ein paar Tage in Trauer stillzulegen.
»Hast du was dagegen, wenn ich das Motiv mit dir am Grab freigebe?«, schniefte hinter ihr der Drogenexperte aus Holland. »Du siehst toll aus in Schwarz!«
Tanya hätte kotzen können.
KAPITEL 8
Sascha hatte Sebastian nach der Beerdigung schlau auf einen »Drink für die Nerven« eingeladen und sich schnell eine einfache Studentenkneipe in der Nähe ausgesucht. Da er sich über Sebastians sexuelle Richtung immer noch nicht klar war, kam ihm die klassisch-muffige Umgebung von Schinkennudeln und alten Hollywoodpostern gerade richtig vor, um mehr über das stille Wasser herauszufinden. Außerdem waren sie immer noch Konkurrenten, und es konnte nicht schaden, so viel wie möglich über seinen potenziellen Gegner herauszufinden. Sascha kam sich ein bisschen vor wie Marco Deutz, der sein nächstes asiatisches Opfer in die Falle lockt. Nur würde der das sicher auf seiner legendären Jacht tun und nicht hier im »Krümel« unter den sehr strengen Augen von Humphrey Bogart und Buster Keaton.
Sebastian war bei der Beerdigung zehn Minuten zu spät gekommen und entschuldigte sich deswegen so ausführlich, dass Sascha sich wieder nicht sicher war, ob er
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