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Mörderische Ärzte: der hippokratische Verrat

Mörderische Ärzte: der hippokratische Verrat

Titel: Mörderische Ärzte: der hippokratische Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Pfeiffer
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der Medizin zu wahren, sondern auch das Ansehen der deutschen Rechtswissenschaft. Lübeck steht im Brennpunkt des Weltinteresses, und wir haben eine einzigartige Gelegenheit, das Vorurteil zu beseitigen, dass bei Akademikern ein anderer Maßstab angelegt wird als bei Arbeitern. Die Angeklagten dieses Prozesses, mit denen wir als Menschen Mitgefühl haben, sind moralisch, ethisch und deshalb auch juristisch schuldig. Aber ich spreche nicht gegen sie. Ich klage das barbarische und grausame System an, das sie vertreten. Das System, das mit seiner Experimentiersucht bei den Ärmsten der Armen anfängt...«
    Die Verteidiger wiesen in ihren Plädoyers vor allem auf die lauteren Interessen der Angeklagten bei der Einführung des neuen Impfverfahrens hin. Sie machten deutlich, dass die bestehende Gesetzgebung in diesem Bereich teilweise noch aus dem vorigen Jahrhundert stamme und den heutigen Anforderungen nicht mehr gerecht werde. So wenn beispielsweise der Staat die Herstellung von Impfstoffen in staatlichen Kliniken nicht kontrolliere.
    Altstaedts Verteidiger Dr. Hoffmann versuchte aber auch, der Medizin eine Sonderstellung in der Gesellschaft zu geben, die die juristische und moralische Beurteilung des Verhaltens von Ärzten nicht zulasse. Indirekt forderte er damit einen pauschalen Freibrief für Ärzte, die fahrlässig den Tod von Menschen verschulden.
    Die Verteidiger forderten sämtlich Freispruch für ihre Mandanten.
    Die Beweise der medizinischen Sachverständigen waren jedoch so überzeugend gewesen, dass sich das Gericht mit einem Freispruch schärfster öffentlicher Kritik ausgesetzt hätte. So verkündete die Große Strafkammer Lübeck dann auch folgendes Urteil: Dr. Altstaedt erhielt ein Jahr und drei Monate, Professor Deycke zwei Jahre Gefängnis. Professor Klotz und Anna Schütze wurden mangels Beweisen freigesprochen.
    In der Urteilsbegründung führte das Gericht den Tod der Kinder auf ein »unerkanntes Versehen« bei der Impfstoffzubereitung zurück. Damit distanzierte sich das Gericht indirekt von der gegen Professor Deycke erhobenen Beschuldigung, er habe aus wissenschaftlichem Ehrgeiz und Eigeninteresse absichtlich den Calmette-Impfstoff mit virulenten Bakterien vermischt. Diese schwerwiegende Anschuldigung hatte zum ersten Mal Professor Calmette selbst erhoben. In einer öffentlichen Erklärung schrieb Calmette, Deycke habe dem BCG bewusst virulente Bakterien zugefügt, um seine eigene Methode der Tuberkulosebekämpfung zu erproben.
    Diese Behauptung Calmettes ist sicherlich als eine Reaktion auf die Angriffe zu sehen, die gerade aus Deutschland und nicht zuletzt auch von Deycke kamen. Deycke hatte die Anschuldigung Calmettes entschieden zurückgewiesen. Aber hatte er nicht selbst genug Indizien geschaffen, die diesen Vorwurf zu stützen schienen?
    Erstens hatte Deycke es abgelehnt, die Impfungen mit dem originalen Calmette-Impfstoff vorzunehmen.
    Zweitens hatte er darauf bestanden, den Impfstoff in seinem eigenen Labor herzustellen.
    Drittens hatte er auf die Frage des Nebenklägers Dr. Frey, ob er zur Herstellung des Impfstoffs menschliche Tuberkelbazillen benutzt habe, geantwortet: »Damals, vom September bis Mai 1930, sind die Kulturen nie vermischt worden.«
    Diese Antwort ist dunkel. Sie könnte sprachlich unglücklich formuliert sein. Aber es könnte auch eine sprachliche Fehlleistung sein, die unbewusst offenbart, dass es tatsächlich eine Zeit gab, in der die Kulturen vermischt wurden.
    Viertens besaß Deycke mit dem »Kieler Stamm« eine virulente Kultur für seine eigenen Experimente, die auf der Verwendung menschlicher Tuberkelbazillen beruhten.
    Fünftens, und das war ein besonders schwerwiegendes Indiz, hatte Deycke sofort nach Bekannt werden der ersten Todesfälle den von ihm hergestellten Impfstoff vernichtet. Die Staatsanwaltschaft sah das als Vernichtung von Beweismitteln an.
    Sechstens gab es Beweise, dass Deycke bestimmte Aussagen seiner Mitarbeiter manipuliert hatte.
    Es blieb und bleibt ungewiss, ob Deycke nur fahrlässig den Tod vieler Kinder verschuldet oder ob er aus eigensüchtigem wissenschaftlichem Ehrgeiz getötet hat.
    Aber heute wie damals gerät, wie Rechtsanwalt Dr. Frey sagte, die medizinische Wissenschaft immer wieder einmal in die fatale Situation, zur Mörderin zu werden.

    Ein Arzt als Serienkiller

    Am Ende dieses Berichtes steht die Geschichte eines Arztes, der eigenhändig mehr als 150 Menschen zu Tode quälte. Sie mutet in ihrem Verlauf fast wie eine antike

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