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Moerderische Fracht

Titel: Moerderische Fracht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lukas Erler
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mithören?«
    Sie winkte uns, ihr zu folgen, ging zum Festnetztelefon und wählte eine lange Nummer. Sekunden später hörten wir eine freundliche norddeutsche Stimme.
    »Institut für Meeresbiologie Warnemünde, guten Tag.«
    »Hallo, mein Name ist Jonas. Könnte ich bitte mit Dr. Meiners sprechen?«
    Das war tatsächlich eine gute Idee. Volker Meiners, Meeresbiologe, Ozeanograph und früherer Greenpeace-Aktivist, war ein Experte, den Helen zu Beginn ihrer Recherchen zurate gezogen und der auch Anna und mir geholfen hatte.
    »Moment bitte«, sagte die Frau und schickte uns in eine musikalische Warteschleife. Nach fast zwei Minuten hörten wir Meiners’ angenehm heisere Baritonstimme, die nach den wabernden Synthesizerklängen die reinste Wohltat war.
    »Hallo«, sagte er, »schön, von Ihnen zu hören. Ich habe mich zwischendurch immer mal gefragt, wohin Sie wohl abgetaucht sind.«
    »Ich bin überhaupt nicht abgetaucht, sondern ganz normal umgezogen, wenns recht ist.«
    »Mir ist alles recht«, erwiderte Meiners vergnügt, »Hauptsache, Sie halten sich nachts von Parkhäusern fern.«
    Anna war auf dem Weg zu Meiners gewesen, als sie vor zwei Jahren in einem Parkhaus in Rostock von Morisaittes Leuten entführt worden war. Es war einer ihrer typischen Alleingänge gewesen, der für uns beide beinahe in einer Katastrophe geendet hätte, und Anna mochte es gar nicht, wenn man sie darauf ansprach. Ich war gespannt auf ihre Reaktion, doch sie zuckte nur etwas zusammen und steckte die ironische Spitze sportlich weg.
    »Geht klar, ich bin ganz auf öffentliche Verkehrsmittel umgestiegen.«
    »Wie geht es Nyström?«
    »Der steht hier neben mir. Haben Sie zehn Minuten Zeit, um sich eine total verrückte Geschichte anzuhören?«
    »Auch länger. Ich mag Ihre Stimme.«
    Anna runzelte verblüfft die Stirn und sah mich fragend an. Ich zuckte mit den Achseln.
    »Gut«, fuhr sie fort, um einen neutralen Tonfall bemüht, »wir haben Grund zu der Annahme, dass Terroristen einen Anschlag auf hoher See planen, und nicht die geringste Ahnung, an wen wir uns deswegen wenden sollen.«
    Meiners gab einen überraschten Laut von sich und räusperte sich vernehmlich.
    »Darf ich ein Band mitlaufen lassen?«
    »Klar«, sagte Anna.
    Dann gab sie Meiners eine präzise Zusammenfassung der Ereignisse seit der Ankunft von Elena Bakarova in München. Sie wiederholte exakt, was Chasimikow von seinem Zettel vorgelesen hatte, referierte Elenas Aussagen über tschetschenische Selbstmordattentäter, vergaß nichts und fügte nichts hinzu. Ein perfektes Briefing. Als sie fertig war, blieb es am anderen Ende der Leitung zunächst still.
    »Sind Sie noch da?«, fragte Anna ungeduldig.
    »Ja«, sagte Meiners. Der heitere Ton war aus seiner Stimme verschwunden. Sie klang jetzt belegt und angespannt. »Können Sie zu mir nach Warnemünde hochkommen?«
    »Wen genau meinen Sie?«
    »Sie alle drei!«
    Anna blickte zu mir und ich schüttelte den Kopf. Elena dagegen nickte.
    »Ich habe einen Job«, sagte ich zu Anna, »und du ebenfalls! Warum sollen wir dahin fahren? Alles, was wir wissen oder vermuten, können wir telefonisch oder per E-Mail weitergeben. Er muss uns nur verraten, an wen.«
    »Nein«, warf Meiners ein, der offenbar mitgehört hatte, »so einfach ist das eben nicht. Was Sie erzählt haben, hat bei mir alle Nackenhaare hochgestellt, doch was meinen Sie, was passiert, wenn Sie mit dieser Geschichte zu einer Behörde gehen? Überlegen Sie mal, was Sie wirklich wissen! Ein Angriff auf einen russischen Öltanker irgendwo in Westeuropa. Sie wissen nicht wo, Sie wissen nicht wie, und Sie wissen nicht wann – und wenn Sie die Tschetschenen ins Spiel bringen, ist sowieso für jeden Amtsschimmel klar, dass Sie nicht ganz dicht sind. Ja, wenn es al-Qaida wäre. Aber Tschetschenen? Wenn ich dort persönlich aufkreuze, sind die Chancen erheblich besser, dass jemand zuhört, doch ich muss mehr vorweisen können als einen Anruf aus Bayern. Also, wenn Sie in dieser Sache irgendetwas ausrichten wollen, kommen Sie hierher !«
    »Sie meinen, jetzt gleich?«, fragte Anna.
    »Nein«, sagte Meiners genervt, »Weihnachten!«
    Anna zog eine Grimasse und sah mich unschlüssig an.
    »Ich habe in diesem Jahr noch keinen Tag Urlaub gehabt, und es ist schon Anfang September. Was ist mit dir? Du musst doch Hunderte von Überstunden angesammelt haben?«
    »Knapp zweihundert.«
    »Okay«, sagte Anna in den Hörer, »Nyström hat auch Zeit. Wir kommen!«
    »Fahren Sie mit dem

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