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Moerderische Fracht

Titel: Moerderische Fracht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lukas Erler
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stellen. Wenn … Meine dahintreibenden Gedanken wurden jäh unterbrochen, als der Schaffner die Abteiltür öffnete.
    Er war groß und dunkelhaarig, hatte einen ebenfalls dunklen Dreitagebart, und noch bevor ich ihn bewusst wahrnehmen konnte, stand er bereits in der Tür des Abteils. Elena hatte sich auf einer der Sitzbänke lang ausgestreckt und schien eingeschlafen zu sein. Ich saß ihr gegenüber am Fenster, und Anna hatte es sich mit gekreuzten Beinen direkt neben der Tür zum Gang in Fahrtrichtung bequem gemacht und den Proviant um sich herum bereitgestellt. Beim Anblick der uniformierten Gestalt griff ich automatisch in die Innentasche meiner Jacke, um die Tickets herauszuholen. Doch statt die Hand nach den Fahrkarten auszustrecken und einen Schritt ins Abteil hineinzukommen, blieb der Mann direkt in der Abteiltür stehen, öffnete gelassen seine schwarze Umhängetasche und griff hinein. Es war nicht diese Handbewegung, die in meinem Kopf ein Konzert von Warnsirenen auslöste, sondern es waren die Ärmel seiner Dienstjacke. Sie waren etwa fünfzehn Zentimeter zu kurz.
    Mein Blick huschte zu seinem Gesicht. Blauschwarze, unrasierte Wangen, ein dunkler Teint, die Augen hinter einer Sonnenbrille verborgen. Nicht unbedingt das typische Gesicht eines Zugbegleiters der Deutschen Bahn. Seine Hand tauchte aus der Umhängetasche wieder auf. Sie hielt eine große Armeepistole, deren Lauf mit einem unförmigen Schalldämpfer versehen war. Er zielte auf Elena und schien einen winzigen Moment zu zögern.
    »Schalko tebja«, sagte er.
    In diesem Augenblick fuhr Elena verstört aus ihrem Halbschlafhoch, setzte sich auf und hielt sich mit schmerzverzerrtem Gesicht die linke Seite ihres Brustkorbes. Ihre Augen wurden riesig vor Entsetzen, und ihre Lippen formten einen stummen Schrei.
    Es waren das minimale Zögern des Mannes und Annas fantastische Reaktionsgeschwindigkeit, die Elena das Leben retteten. In der Sekunde, in der sie sich aufsetzte, schnellte Anna von ihrem Sitz hoch, schnappte nach dem Griff der Abteiltür und warf sich mit ihrem ganzen Körpergewicht dagegen. Die Schiebetür schloss mit einem hässlich knirschenden Geräusch, als sie auf den Arm des Mannes traf. Er war etwa zwanzig Zentimeter über dem Handgelenk zwischen Tür und Rahmen eingeklemmt und musste irrsinnig weh tun, aber der falsche Schaffner gab keinen Laut von sich und hatte nicht die Absicht, seinen Plan aufzugeben. Da der Unterarm blockiert war, versuchte er durch eine Drehung des Handgelenkes die Pistole auf Elena zu richten. Sein Gesicht war eine Maske konzentrierter Wut.
    »Runter!«, schrie Anna, die sich verzweifelt mühte, die Tür zuzuhalten und gleichzeitig mit dem linken Fuß nach der Hand mit der Waffe zu treten. Ich duckte mich. Elena rollte einfach von der Sitzbank und gab einen hellen Schmerzenslaut von sich. Beinahe gleichzeitig war ein lautes Plopp zu hören. Anna trat noch einmal nach der Waffe, und diesmal traf sie. Der Angreifer ließ die Pistole fallen, aber durch die Gewichtsverlagerung bei ihrem Tritt hatte Annas Druck auf die Tür nachgegeben. Der Mann stemmte mit der linken Hand die Tür so weit auf, dass er mit letzter Anstrengung seinen Arm herausziehen konnte, und verschwand nach rechts im Gang. Der ganze Angriff hatte nicht länger als zwanzig Sekunden gedauert.
    Anna schob mit dem Fuß die Pistole unter die Sitzbank und starrte mich an. Angst und Adrenalin hatten ihre Pupillen geweitet. Ihr Atem war ein rasselndes Keuchen, das trotz der lauten Fahrgeräusche des ICE gut zu hören war.
    »Wo ist er hin?«, fragte sie undeutlich.
    Ich stand mühsam auf und trat auf den Gang hinaus. Das Abteil links von uns war das Dienstabteil der Zugbegleiter. Es war leer und abgeschlossen. Irgendwo in diesem Zug musste es einen Schaffner ohne Uniformjacke und Mütze geben. Ich hoffte, dass er noch lebte. Das Abteil rechts von uns war mit einer Gruppe Jugendlicher besetzt, die sich allesamt mit ihren MP3-Playern zudröhnten. Ich öffnete die Tür und steckte meinen Kopf hinein. Das Abteil war erfüllt von dem klackenden, blechernen Sound, den sechs Kopfhörerpaare verursachen, auch wenn sie in den Ohren stecken. Einer der Jungs zog jetzt mit einer betont lässigen Geste die Ohrstöpsel heraus und sah mich unfreundlich an.
    »Habt ihr einen Schaffner vorbeilaufen sehen, der sehr in Eile war?«
    Der Junge mochte etwa sechzehn Jahre alt sein. Er war korpulent, ziemlich groß und trug ein schwarzes T-Shirt mit der Aufschrift: Das Leben ist

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