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Moerderische Fracht

Titel: Moerderische Fracht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lukas Erler
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überschwänglich.
    »Ah, dottore, buona sera«, sagte er voller Genugtuung, »wir-e habe Sie-e vermisst-e!«
    Er pries noch seinen »Swertefisse« an, der nicht auf der Karte stand, und verschwand fröhlich pfeifend wieder in der Küche. Anna sah ihm grinsend nach und studierte mit der ihr eigenen Konzentration die Speisekarte. Ich konnte deutlich sehen, wie sie das Wasser, das ihr im Munde zusammenlief, herunterschluckte.
    »Können Sie auch was empfehlen?«, fragte sie Meiners.
    »Legt ihr Wert darauf, dass wir uns siezen?«
    Wir schüttelten die Köpfe und Meiners grinste erleichtert.
    »Gut«, sagte er. »Probiert den Fisch. Nur nicht den Schwertfisch, sondern Orate alia nizzarda, Goldbrassen, in einer Soße aus Weißwein, Tomaten, Knoblauch, Sardellenfilets und Oliven. Einfach und sehr lecker.«
    Wir folgten seiner Empfehlung und ließen ihn auch den Wein aussuchen. Meiners bestellte zwei Flaschen Terralba bianco, einen strohgelben, trockenen Wein aus Sardinien, von dem ich mir zunächst nicht viel versprach, der jedoch ausgezeichnet mit den Goldbrassen harmonierte. Anna gönnte sich vorneweg noch eine ansehnliche Portion Pasta, für den Fall, dass der Fisch zu klein ausfiel, und sie war erwartungsgemäß die Einzige, die zum Schluss noch Platz für etwas Torte mit Mandeln und kandierten Früchten hatte. Elena hatte ihren Fisch nur mit Mühe geschafft, dafür reichlich Wein getrunken, und als der Kellner mit dem Grappa kam, kippte sie ihn ohne Federlesen hinunter. Sie räusperte sich und sah zu Meiners hinüber.
    »Tut mir leid, das Essen ist sehr gut, und ich will euch nicht die Laune verderben, doch mir ist nicht nach Feiern zumute. Es gibt da ein paar Dinge, die du noch nicht weißt, und vielleicht hätten wir damit anfangen sollen.«
    Dann erzählte sie Meiners von dem Überfall im Zug.
    »Verstehst du jetzt, wie ernst die Sache ist?«, schloss sie. »Er hat versucht mich umzubringen. Zweimal innerhalb von zwei Tagen. Ohne Anna wäre ich jetzt tot, und sie selbst vielleicht auch. Sie hat einen fantastischen … wie sagt man auf Deutsch? Schutzengel?«
    »Ja«, sagte Anna, »ich hatte ihm eine zweite Chance versprochen: Er hat mal für John Lennon gearbeitet!«
    Elenas Augen weiteten sich ungläubig.
    »Das. Ist. Nicht. Komisch!«
    Anna schien schlagartig nüchtern zu werden.
    »Nein«, sagte sie, »ist es nicht!«
    Meiners hatte sich zurückgelehnt, ließ seinen Blick zwischen den beiden Frauen hin- und herwandern und sah schließlich mich an.
    »Ihr seid völlig meschugge«, sagte er, »wisst ihr das? Okay, Anna ist, wie sie ist, nur von dir hab ich irgendwie mehr Verstand erwartet!«
    »Lass dich von dem Doktortitel nicht täuschen«, schnurrte Anna, »der peilt überhaupt nichts!«
    »Warum, verdammt noch mal, habt ihr die Polizei nicht eingeschaltet?«, sagte Meiners, den Einwurf ignorierend, »da draußen läuft jetzt also ein Killer herum, der euch umbringen will, um zu verhindern, dass ihr eine Information weitergebt, die ihr von diesem ominösen Chasimikow habt. Und ihr denkt, das wäre eure Privatangelegenheit?«
    Anna sah ihn ausdruckslos an, winkte dem Kellner und bestellte noch einmal Espresso und Grappa.
    »Jetzt kühl dich mal runter«, sagte sie, »bei so viel gedanklichem Reichtum hier am Tisch wird einem als einfache Tierpflegerin ja ganz schwindelig. Also, der Reihe nach. Den ersten Angriff auf Elena haben wir der Polizei gemeldet, die Beamten haben uns allerdings wenig Hoffnung gemacht, den Kerl zu erwischen. München ist groß, und die vielen Touristen, jo mei … Zweitens glaube ich, dass der Kaukasier aufgibt. Seine Waffe ist weg, sein rechter Arm ist gebrochen oder zumindest erheblich verletzt, und was am wichtigsten ist: seine Mission ist gescheitert. Er muss wissen, dass Elena in den letzten Tagen so vielen Leuten von Chasimikows Informationen erzählt hat, dass es sinnlos ist, sie zu töten.«
    »Woher weißt du, dass nicht einfach ein bisschen Mordlust im Spiel ist?«, fragte Meiners.
    »Er hat gezögert, als er auf Elena gezielt hat, und er sagte: ›Schade um dich!‹ Ich glaube nicht, dass es etwas Persönliches war.«
    »Trotzdem«, sagte Meiners, »ihr hättet es der Polizei melden müssen. Wenn wir uns wegen dieser Terrorgeschichte an irgendwelche Behörden wenden …«
    »… werden wir die Vorkommnisse im Zug einfach weglassen«, unterbrach ihn Anna, »und ich verstehe dieses staatsbürgerliche Gesülze gar nicht. Hast du nicht früher bei Greenpeace jede Menge Sachen

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