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Moerderische Fracht

Titel: Moerderische Fracht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lukas Erler
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Kassettenrecorder hervor und bestellte Tee und Mineralwasser für alle. Draußen auf der Elbe glitt ein riesiges Containerschiff an uns vorbei, dem kurioserweise in respektvollem Abstand ein Mississippi-Raddampfer folgte.
    »Wisst ihr eigentlich«, fragte Jette Paulsen, »dass Max Liebermann diese Terrasse gemalt hat, als er mal hier im Hotel wohnte? Es ist ein berühmtes Bild, das heute im …«
    »Ja«, unterbrach Meiners sie ungeduldig, »aber das spielt jetzt keine Rolle. Wir sind hier wegen Elena, oder besser gesagt wegen eines Gerüchtes. Sie hat sich auf den weiten Weg von Lettland hierher gemacht, weil jemand im Kaukasus ein Gespräch belauscht hat. Dieser Jemand ist nach Ventspils gefahren und hat Elena Bakarova davon erzählt. Ganz schön verrückt, oder? Die Fakten habt ihr gestern schon erhalten. Bevor wir uns an die Behörden wenden, will ich wissen, was ihr darüber denkt. Anna Jonas hat die ganze Angelegenheit sehr präzise zusammengefasst, und ich möchte, dass ihr euch das noch einmal anhört, um ein Gefühl für die Sache zu bekommen.«
    Es war die Bandaufnahme von dem Gespräch, das Anna am Vortag mit Meiners geführt hatte, und sie dauerte ungefähr fünf Minuten. Paulsen, Wenger und Vohrmann hörten mit angespannten Gesichtern zu und machten sich Notizen.
    »Eine Information fehlt noch«, sagte Anna, als das Band schließlich stoppte, und erzählte ihnen von dem Anschlag im Zug. Als sie fertig war, herrschte ungläubiges, nervöses Schweigen. Jette Paulsen kramte ein zerknautschtes Päckchen Mentholzigaretten aus ihrer Handtasche und zündete sich mit fahrigen Bewegungen eine an. Wenger beobachtete sie genervt und starrte mit verbissenem Gesichtsausdruck hinaus auf die Elbe.
    »Denkt ihr, was ich denke?«, fragte Meiners schließlich. Seine Stimme war dunkel und heiser vor Aufregung.
    »Ja«, entgegnete Wenger, »wir hätten da eine Idee, wo es passieren soll und auch wann.«
    »Muhammeds ansigt«, sagte Jette Paulsen.
    »Ich kann kein Dänisch«, warf Anna ungeduldig ein.
    »›Das Gesicht Mohammeds‹. Wisst ihr noch? Das war der Titel einer Serie von zwölf Karikaturen, die im September 2005 von der dänischen Zeitung Jyllands-Posten veröffentlicht wurden. Dies löste einen Sturm der Entrüstung in der gesamten islamischen Welt aus, der sich in erster Linie gegen Dänemark richtete. Die Muslime haben die konservative Regierung in Kopenhagen direkt dafür verantwortlich gemacht. Die Wogen sind bis heute noch nicht geglättet. Wie stand es auf Chasimikows Schmierzettel? Wen sollte es treffen? ›Russland vor allem und das schändliche kleine Land, das es wagte, den Propheten zu schmähen.‹ Natürlich kann ich nur spekulieren, doch ich glaube, das ist Dänemark.«
    »Also, ich weiß nicht«, meinte Anna, »ist das nicht ein bisschen weit hergeholt?«
    »Nein«, sagte Vohrmann, der bisher geschwiegen hatte, »nicht, wenn man das andere Land, um das es geht, dazunimmt. ›Das große, kalte, das dem Teufel Putin in den Arsch kriecht, damit der Gaspreis nicht steigt.‹ Dreimal darfst du raten, wer das ist!«
    Wenger und Paulsen nickten. Anna schaute nach wie vor skeptisch, aber Nils Vohrmann nahm langsam Fahrt auf.
    »Der Anschlag soll in erster Linie Russland treffen. Erinnert euch an das, was Chasimikow gehört hat: ›Wir werden sie auf dem Meer angreifen. Und zwar an einer Stelle, wo der Schaden unermesslich ist.‹ Nun, Freunde und Nachbarn, kennt ihr eine Stelle auf hoher See, wo man einen russischen Öltanker angreifen kann, Dänemark und Deutschland ordentlich etwas abbekommen und darüber hinaus der Schaden unermesslich ist?«
    »Ja«, antwortete Meiners, »die Kadetrinne!«
    Paulsen, Wenger und Vohrmann nickten beinahe gleichzeitig.
    »Das geht mir alles zu schnell«, mischte sich Anna ein und schaute Jette Paulsen direkt an, »ich meine, du hast aus einem einzigen Satz geschlossen, dass es um Dänemark geht. Haben in den Augen strenggläubiger Muslime nicht auch andere Länder den Propheten geschmäht? Und schließlich ist das Ganze jetzt schon etliche Jahre her. Sozusagen Schnee von gestern im Beleidigungsmarathon.«
    Jette Paulsen schüttelte nachdrücklich den Kopf.
    »Im Februar 2008 nahm die dänische Polizei drei Männer fest, die offenbar einen sehr weit gediehenen Plan hatten, um Kurt Westergaard, einen der Zeichner der Karikaturen, in seinem Haus zu ermorden. Und im Juni folgte ein Anschlag auf die dänische Botschaft in Islamabad, bei dem etliche Leute ums Leben kamen.

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