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Moerderische Fracht

Titel: Moerderische Fracht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lukas Erler
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an. Und Sie müssen auch etwas dabei tun.«
    Ich legte den Aktenkoffer auf den Tisch und öffnete ihn. Jaqueline van t’Hoff starrte auf das Geld. Die Tränen waren aus ihren Augen verschwunden. Und die Hoffnung.
    »Wieso ich?«, flüsterte sie, »ich kann nichts gegen ihn machen. Gar nichts.«
    »Das ist nicht wahr! Es sind genau zwei Handgriffe. Hören Sie mir zu. Ich habe hier einen Koffer mit einhunderttausend Euro und eine winzige Tablette. Beides lasse ich Ihnen hier. Wenn Morisaitte aus Deutschland zurückkommt, wird er mit Ihnen essen gehen, und ich wette, dass er Sie anschließend bei sich haben will. Wofür auch immer. Sie brauchen nichts weiter zu tun, als diese Tablette in einem seiner Drinks aufzulösen. Sie ist absolut geschmack- und geruchlos, und sie wirkt sehr schnell. Wenn er eingeschlafen ist, öffnen Sie mir die Tür und bekommen noch einmal einen Koffer mit hunderttausend. Danach verschwinden Sie aus Europa!«
    Jaqueline van t’Hoff biss sich auf die Unterlippe und schwieg. Ich konnte ihr förmlich ansehen, wie die plötzliche Hoffnung, Morisaitte zu entkommen, und die maßlose Angst vor ihm sich in ihrem Kopf ein heftiges Gefecht lieferten. Und dann war da noch das Geld, das sie ununterbrochen anstarrte. Ihr Gesichtsausdruck war eine Mischung aus Angst, Trotz und einer winzigen Spur Verschlagenheit. Schließlich traf sie ihre Entscheidung.
    »Zweihunderttausend sind nicht genug«, sagte sie, »ich brauche das Doppelte!«
    »Kein Problem. Ich werde übermorgen Abend vor dem Haus in Anderlecht sein. Mit dem restlichen Geld. Wenn Sie so weit sind, schalten Sie einfach das Licht in raschem Wechsel an und aus. Haben Sie alles verstanden?«
    »Ja!«
    Ich klappte den Geldkoffer zu und schob ihn zu ihr hinüber, aber sie machte keinerlei Anstalten, ihn an sich zu nehmen. Ihre braunen Augen musterten mich eindringlich.
    »Was hat er Ihnen angetan?«
    »Das geht Sie nichts an!«
    »Sie verachten mich, oder?«
    Ich schüttelte den Kopf.
    »Doch«, sagte sie, »das tun Sie. Und Sie benutzen mich. Sie kommen hierher und wollen, dass ich Ihnen helfe, einen Menschen zu töten. Weil Sie irgendwie herausgefunden haben, dass ich eine Menge Gründe habe, ihn zu hassen. Und große Angst. Ihre Gründe gehen mich natürlich nichts an. Ich bin ja nur die blöde Kuh, die sich regelmäßig verprügeln lässt. Das denken Sie, oder? Wie kann ein Mensch so etwas mit sich machen lassen? Warum haut sie nicht ab oder geht zur Polizei? Sie kennen ihn nicht! Mag sein, dass Sie glauben ihn zu kennen, aber es stimmt nicht. Sie haben nicht die geringste Ahnung, wozu er fähig ist.«
    Ich dachte an Helen und an ein Foto. Ein Foto von einem Mann, der mit herausquellender Zunge in einem Apfelbaum hing.
    »Sie irren sich.«
    »Ich habe ihn vor fünf Jahren kennengelernt. Auf einer Vernissage. Finden Sie nicht auch, dass er umwerfend aussieht? Und er ist so kultiviert, gütig und humorvoll. Er hat gute Manieren, jede Menge Geld, und er kann sogar sehr zärtlich sein. Drei Wochen nachdem wir uns kennengelernt hatten, kaufte er mir das Atelier und die Galerie. Danach hat er mir klargemacht, dass ich ihm gehöre. Ich habe das nicht gleich verstanden, aber nach der Belehrung konnte ich eine Woche nicht gehen und habe Blut gepinkelt. Dieses blaue Auge, das Ihnen aufgefallen ist, ist eine Ausnahme. Normalerweise schlägt er nicht ins Gesicht. Das ist viel zu auffällig. Er schlägt mir in den Magen oder in die Nieren, und er kann es so machen, dass es oft nicht einmal blaue Flecken gibt. Er ist sehr geschickt in diesen Dingen. Als ich das erste Mal abgehauen bin, hat er keine sechs Stunden gebraucht, um mich zu finden. Er hat mich ganz freundlich in meine Wohnung gefahren und mir dort einen Videofilm von meiner Familie gezeigt. Von meinen Eltern und Geschwistern in Antwerpen. Und er hat mir genau erklärt, was er mit jedem Einzelnen von ihnen anstellt, wenn ich wieder weglaufe. Ich habe ihm geglaubt. Er schien gar nicht wütend zu sein, im Gegenteil, er hat noch für mich gekocht. Es war ein sehr harmonischer Abend, nur dass ich mir vor Angst in die Hose gemacht habe.«
    »Helfen Sie mir, damit Schluss zu machen?«
    »Sagen Sie mir Ihren Grund!«
    »Er hat eine Frau getötet, die ich sehr geliebt habe.«
    Van t’Hoff nickte, sagte aber nichts.
    Ich stand auf, tippte auf den Geldkoffer und schob ihn noch ein klein wenig in ihre Richtung.
    »Ich hoffe, Sie haben einen gültigen Reisepass. Haben Sie eine Vorstellung, in welchem Winkel der

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