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Moerderische Fracht

Titel: Moerderische Fracht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lukas Erler
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Daraufhin wurde bei der Freiwilligen Feuerwehr Cuxhaven über FME Wattalarm ausgelöst. Die sind zu viert mit ihrem Trecker und dem Rettungsboot über die Wattwagenauffahrt Duhnen ins Wattgebiet hineingefahren. Zum Glück war es trocken, und das Mondlicht war sehr hell, allerdings war zwei Tage vorher ein kräftiger Sturm über die Deutsche Bucht gezogen, und es herrschte immer noch eine Windstärke von 4 bis 6 Beaufort aus Nord. Über Seefunkkanal 10 kamen zwei Meldungen herein, dass Leute mit Nachtsichtferngläsern auf der Strecke von Cuxhaven nach Neuwerk ein Objekt im Watt gesehen haben wollten, das sich überhaupt nicht einordnen ließ. Die Tide war bereits eine gute Stunde vorher gekippt, und das Wasser lief auf. Große Flächen des Watts waren schon wieder überspült, die Rettungsmannschaft musste jedoch mit ihrem Gespann noch ein Stück in Richtung Neuwerk fahren, bis genug Wasser vorhanden war, um die Franz Mützelfeldt abslippen zu können.«
    »Um bitte was?«, fragte Anna.
    »Franz Mützelfeldt, so heißt das Rettungsboot. Sie konnten es erst zu Wasser lassen, als genug davon da war.«
    »Dann sag das doch!«
    »Willst du weitererzählen?«
    »Nein«, sagte Anna, »ich kenne ja die richtigen Ausdrücke nicht.«
    Meiners gab einen resignierten Seufzer von sich und raufte sich den grauen Haarkranz.
    »Gut«, fuhr er fort, »das war in der Nähe der Rettungsbake Nr. 5, etwa in Höhe des Sahlenburger Seehospitals. Unter Radarberatung durch die Schwimmmeisterstation Duhnen und den Rettungskreuzer Hermann Helms, der inzwischen im Duhner Loch vor Anker gegangen war, ist das Rettungsboot schließlich mit Suchscheinwerfern den Wattweg nach Neuwerk abgefahren. Inzwischen hatte sich auch das Rettungsboot der Cuxhavener Berufsfeuerwehr mit einem Notarzt an Bord zur Franz Mützelfeldt vorgearbeitet, und gemeinsam haben sie dich schließlich entdeckt. Zwei Leute sind mit Neoprenanzügen ins Wasser und haben dich aus dem Rollstuhl geschnitten. Die haben nicht schlecht gestaunt. Das Ganze war übrigens bei dem Wellengang und der für September kalten See ein schönes Stück Arbeit. Selbstverständlich haben sie auch den Rollstuhl geborgen. Es war zunächst nicht klar ersichtlich, wie schwer du verletzt warst. Die medizinische Erstversorgung fand an Bord der Hermann Helms statt.«
    »Das hast du schön erzählt«, strahlte Anna, »und jetzt ist Thomas dran! Also, wie konntest du im Rollstuhl auf dem Meeresgrund landen, sobald man dich auch nur einen Tag aus den Augen ließ?«
    »Wer hat mir da draußen auf den Kopf geschlagen?«
    »Der Bug des Rettungsbootes«, erläuterte Anna, »knappes Bremsmanöver.«
    Ich kannte Anna gut genug, um zu wissen, dass Sarkasmus und beißender Spott ihre ganz persönliche Methode waren, Angst und Stress zu reduzieren, und so, wie sie jetzt aufdrehte, musste der psychische Druck enorm sein. Ich nahm mir vor, Meiners gelegentlich davon zu erzählen, bevor er das Handtuch warf. Anschließend gab ich ihnen einen flüsternd genuschelten Kurzbericht über den Mann mit dem Elektroschocker, die Werfthalle, die Schläge und das Finale im Rollstuhl.
    »Das Schwein kann wirklich wieder laufen?«, fragte Anna schockiert.
    »Ja, zurzeit besser als ich!«
    »Als ich an dem Morgen zum Ferienhaus zurückkam, habe ich sofort gesehen, dass etwas nicht in Ordnung war«, warf Elena ein. »Die Haustür stand offen, und in dem Kies vor dem Haus war eine tiefe Spurrille, wie von einem Auto, das mit durchdrehenden Reifen gestartet ist. Ich habe die Umgebung um das Haus herum abgesucht und mir Mühe gegeben, meine Nerven zu beruhigen, nach zwanzig Minuten habe ich es jedoch nicht mehr ausgehalten und Anna und Volker in Warnemünde angerufen. Die sind sofort hierher gekommen.«
    »Anna hat mir auf der Fahrt nach Cuxhaven erzählt, welchen Grund Morisaitte hat, sich an euch zu rächen«, sagte Meiners. »Du lieber Himmel, ihr seid noch viel verrückter, als ich dachte!«
    »Stimmt«, meinte Elena.
    »Anna und ich waren so gegen elf Uhr hier«, fuhr Meiners fort, »und zu dritt haben wir noch einmal versucht, dich in Duhnen zu finden, was natürlich sinnlos war. Nach einer Stunde haben wir beschlossen, zur Polizei in Cuxhaven zu gehen, und das war erst recht der komplette Reinfall. Die haben sich krankgelacht und wollten eine Vermisstenmeldung gar nicht entgegennehmen. Ein erwachsener Tourist, der fünf Stunden abgängig ist, gilt nicht als vermisst. Dass wir die Befürchtung hatten, ein ehemaliger Kriegsverbrecher

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