Moerderische Idylle
oder weniger dein einziges Thema in den letzten zwanzig Jahren.« Muss an all dem Schnaps liegen, den er in sich reinschüttet, dachte er.
»Naja, naja, so wollen wir doch jetzt nicht sein«, sagte Rogersson, der noch immer unverändert munter klang. »Ich frage mich nur, wie ihm zumute war, als er die Tür ins Schloss gezogen hatte und ihm plötzlich aufging, was er vergessen hatte.«
»Sicher nicht sehr gut«, sagte Bäckström. »Peter, du hast dir den Tatort doch angesehen«, fügte Bäckström hinzu und nickte zu Thoren hinüber. »Was hattest du für einen Eindruck?«
»Und was war dann«, fragte Thoren. »Entschuldige meine jugendliche Torheit, aber was war dann?«
»Was war wann«, sagte Bäckström. Was faselt der denn da, zum Teufel, dachte er. Und wie wäre es, wenn er einfach eine schlichte Frage beantwortete?
»Was war mit dem Typen in der Högalidsgata?«, beharrte Thoren.
»Ach, mit dem«, sagte Bäckström. »Ja, der hatte seine Brieftasche vergessen, mit seinem Führerschein und allem anderen, was man so in der Brieftasche hat, sie lag auf dem Nachttisch des Opfers. Aber ansonsten hatte er wunderbar hinter sich aufgeräumt. Die Technik hat wirklich nicht ein einziges Haar gefunden. Aber wenn wir uns jetzt wieder unserem eigenen kleinen Fall zuwenden wollen…«
»Das kann doch gar nicht sein«, rief Knutsson.
»Unser Fall«, mahnte Bäckström. »Wie sah es am Tatort aus?«
Wie immer, behauptete Thoren. Es sah genauso traurig aus wie immer, wenn eine Frau vergewaltigt und erwürgt worden ist. Möglicherweise hier noch trauriger, da der Täter mit dem Opfer allein in der Wohnung gewesen war, die volle Kontrolle über alles gehabt und sich offenbar sehr viel Zeit gelassen hatte.
Leider hatten sie keinen der klassischen Kandidaten finden können. Keinen früheren oder aktuellen Liebhaber oder einen anderen, den sie gekannt und der ihr Vertrauen genossen hatte. Sie schien überhaupt schon seit Längerem keinen Freund mehr gehabt zu haben, und es gab auch keine bekannten Verrückten oder sonstigen verdächtigen Personen in ihrer Nachbarschaft oder ihrem Bekanntenkreis. Blieb also der polizeiliche Albtraum. Ein dem Opfer unbekannter Täter. Einer, den sie nicht und den schlimmstenfalls auch sonst niemand gekannt hatte.
»Also sieht alles doch arg nach einem Ermittlungsmord aus«, fasste Thoren die Lage zusammen.
»Na gut«, sagte Bäckström. »Das findet sich. Jetzt fressen wir erst mal, und dann könnt ihr vor dem Einschlafen in aller Ruhe die Unterlagen lesen. Behaltet sie unbedingt bei euch, damit ich sie nicht in der Zeitung wiederfinde. Die ganze Bude hier wimmelt doch nur so von Presseleuten und anderen Leichenschändern. Aber jetzt brauche ich jedenfalls etwas zu essen. Ich habe einen Scheißhunger, schließlich hab ich seit dem frühen Morgen keinen Bissen mehr abgekriegt.«
»Wenn ihr eure Namen ganz oben hinschreibt und sie mir gebt, kann ich sie in meinen Safe legen, während wir essen«, sagte Svanström.
»Hervorragende Idee«, sagte Bäckström. Du geschäftiges kleines Elend, dachte er. Und viel zu mager noch dazu.
Nach dem Essen waren alle in ihre Zimmer zurückgekehrt, um sich in die Unterlagen zu vertiefen. Zumindest hatten sie Bäckström gesagt, dass sie das vorhatten, und Knutsson und Thoren hatten es offenbar zusammen erledigen wollen. Auch Rogersson, der normalerweise ein ganz normaler Kollege war, schien einen Anfall von Leselust erlitten zu haben. Zuerst hatte er allerdings Bäckström auf dessen Zimmer begleitet und zwei Starkbier von ihm geliehen. Bäckströms Angebot dagegen, vielleicht noch ein abschließendes Schnäpschen zu kippen, hatte er abgelehnt.
»Du wirst mir hier doch nicht krank, Rogge«, fragte Bäckström. »Ich mach mir ja fast schon Sorgen um dich.« Du kleines Weichei, dachte er.
»Nöö.« Rogersson dehnte dieses Wort. »Keine Angst. Muss nur ein paar Stunden schlafen, sonst bin ich morgen nicht einsatzfähig.«
Sie hatten sich also in Bäckströms Zimmer getrennt, und das war wohl auch besser so, denn Bäckström wollte noch eine diskrete kleine Runde durch die Stadt drehen. Um sich einen Überblick über die Lage zu verschaffen, und das ging ja wohl besser, wenn man alleine war.
Bäckström hatte das Hotel durch die Hintertür verlassen und spazierte jetzt ein wenig ziellos durch die Innenstadt. Vorbei an Residenz und Dom, vorbei an all den schönen alten Häusern, die so ausgiebig renoviert worden waren, wie alte Häuser das eben
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