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Moerderische Idylle

Moerderische Idylle

Titel: Moerderische Idylle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leif GW Persson
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verlangen, und vorbei an allerlei Straßencafes mit sommerlich gekleideten Menschen, die von dem Geschehnis, das Bäckström in die Stadt geführt hatte, nicht persönlich berührt zu sein schienen. Wie kann eigentlich irgendwer einen anderen Menschen an einem solchen Ort auf eine solche Weise ermorden, hatte Bäckström sich gefragt. Bestimmt war das zum ersten Mal in der lokalen Kriminalgeschichte passiert, und er selbst war ja noch nie in Växjö gewesen. Weder beruflich noch privat.
    An seinem Weg lagen allerlei nette Lokale, es war noch fast zwanzig Grad, obwohl es schon nach elf Uhr abends war, aber Bäckström blieb standhaft und hielt sich zurück, bis er das Hotel erreicht hatte.
    Dort bestellte er im Hotelgarten ein Bier und setzte sich ganz hinten ins Dunkel, um seine Ruhe zu haben. Hier ist ja auch nicht so viel los, dachte er. Seine Kollegen glänzten durch Abwesenheit, und die einfachste Erklärung dafür war wohl, dass sie genau das taten, was sie versprochen hatten. Auch wenn er seine Zweifel hatte, was Lewin und die kleine Svanström anging, denn dort stand Lektüre vielleicht nicht ganz oben auf der Tagesordnung. Bei Knutsson und Thoren verhielt sich die Sache sicher viel einfacher. Sie saßen auf dem Zimmer des einen oder des anderen und redeten über Morde mit unbekanntem Täter und würden damit vermutlich die halbe Nacht weitermachen, wenn niemand sie störte. Aber wer sollte das auch tun, und stocknüchtern waren die beiden kleinen Idioten sicher auch, dachte Bäckström und nippte an seinem Bier. Und als er in seinen Gedanken so weit gekommen war, wurde er unterbrochen.
    »Ist der Stuhl hier noch frei?«
    Diese Frage stammte von einer Frau. Im unbestimmbaren Alter zwischen fünfunddreißig und fünfundvierzig, und das Verfallsdatum für Frauenzimmer hatte sie einwandfrei hinter sich, dachte Bäckström. Aber sie war jedenfalls nicht mager, eher ein wenig zu gut abgehangen, und das war ihm doch immer noch lieber.
    »Kommt drauf an, wer fragt«, sagte Bäckström. Journalistin, dachte er.
    »Ja, vielleicht sollte ich mich vorstellen«, sagte sie, stellte ihr Bier auf den Tisch und nahm auf dem freien Stuhl Platz. »Ich heiße Carin Ägren«, sagte sie und reichte ihm ihre Visitenkarte. »Ich arbeite als Journalistin hier beim Lokalradio.«
    »Was für ein phantastischer Zufall«, sagte Bäckström und lächelte. »Und womit kann ich dir behilflich sein, Carin?« Abgesehen von einem Schuss in deine kleine Ratte oben in meinem Zimmer, dachte er.
    »Ja, was für ein Zufall«, sagte sie und lachte mit weißen Zähnen. »So kann das Leben eben spielen. Ich habe dich allerdings erkannt. Ich habe dich schon mal gesehen, als ich vor zwei Jahren in Stockholm bei TV4 gearbeitet habe. Ich habe über einen Prozess berichtet, wo du als Zeuge ausgesagt hast. Es ging um drei Russen, die ein älteres Ehepaar überfallen und ermordet hatten. Darf man fragen, was die Zentrale Mordkommission hier in der Stadt will?«
    »Ich habe nicht die geringste Ahnung«, sagte Bäckström und nahm einen ordentlichen Schluck aus seinem Bierglas. »Ich persönlich wollte mir das Elternhaus von Astrid Lindgren ansehen.«
    »Wir könnten vielleicht telefonieren«, sagte sie und lächelte wieder. So strahlend wie beim ersten Mal.
    »Sicher«, sagte Bäckström. Steckte ihre Karte in die Tasche. Nickte ihr zu und trank den letzten Rest Bier. Dann stand er auf und schenkte ihr sein wirkungsvollstes Lächeln. Der vom Leben gestählte Bulle aus der großen Stadt. Hart gegen alle Harten, aber der feinste Junge auf der Welt, wenn man selbst nur weich war und ihn an der richtigen Stelle streichelte.
    »Ich betrachte das als Versprechen«, sagte sie. »Sonst werde ich dich wohl jagen müssen.« Sie hob ihr Glas und lächelte ihn zum dritten Mal an.
     
    Einwandfrei bespielbar, dachte Bäckström eine Viertelstunde später, als er vor dem Badezimmerspiegel in seinem Hotelzimmer stand und sich die Zähne putzte. Jetzt musste er nur noch ein wenig Ruhe bewahren und alles der Reihe nach in die Wege leiten, und dann würde sie bald das Glück haben, die Bäckströmsche Supersalami kosten zu dürfen, dachte er.
     
    Anders als von Bäckström angenommen, hatte Kommissar Jan Lewin direkt nach dem Essen die Einsamkeit seines Zimmers aufgesucht, um in aller Ruhe die Unterlagen seines letzten Falls durchzugehen. Er hatte das, was gut war, und das, was schlecht war, jeweils zusammengefasst, und obwohl es sich in den meisten Fällen nur um vorläufige

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