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Moerderische Idylle

Moerderische Idylle

Titel: Moerderische Idylle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leif GW Persson
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nicht um die beiden. Bäckström spinnt, und Rogersson säuft wie ein Loch, der war sicher mal wieder verkatert. Das habe ich dir schon wer weiß wie oft gesagt.«
    »Du willst mich trösten«, sagte Lewin mit müdem Lächeln.
    »Was immer daran auszusetzen wäre«, sagte Svanström und wirkte wieder ganz normal. »Aber nicht nur das. Ich hab dir auch etwas zu erzählen.«
    Was immer an ein wenig Trost auszusetzen wäre, dachte Lewin.
     
    Etwas mehr als drei Jahre zuvor, ungefähr zu dem Zeitpunkt, als sie in ihrem Haus eine andere Wohnung bezogen hatte, während die Tochter zu ihrem Papa übergesiedelt war, hatte Lindas Mutter auch eine neue Telefonnummer bekommen. Normalerweise nimmt man ja die alte Nummer mit, wenn man in derselben Gegend umzieht, aber Lotta Ericson hatte sich aus irgendeinem Grund eine neue Nummer geben lassen. Außerdem war es eine Geheimnummer. Vorher hatte sie wie die meisten anderen Menschen im Telefonbuch gestanden.
    Die alte Nummer war an die Telia zurückgegangen und nach der üblichen Karenzzeit von einigen Jahren einer neuen Teilnehmerin zugeteilt worden. Einer Narkoseärztin, die von der Universitätsklinik in Linköping auf einen höheren Posten in Växjö gewechselt und deshalb umgezogen war. Sie hieß Helena Wahlberg, war alleinstehend, dreiundvierzig Jahre alt und wohnte im Gamla Norrväg, ungefähr einen halben Kilometer nördlich des Tatorts, in einem Stadtteil, der sicherheitshalber einfach Norr hieß.
    Die alte Nummer war nun ebenfalls eine Geheimnummer, was in Anbetracht des Berufs der Teilnehmerin eigentlich kein Wunder war. Svanström hatte sie an ihrem Arbeitsplatz aufsuchen wollen, dort aber erfahren, dass die Ärztin seit einem Monat im Urlaub war und am Montag zurückerwartet wurde, und das einzig Merkwürdige war - und das war vermutlich ein absolut belangloser Zufall -, dass sie ihren Urlaub am Freitag, dem 4. Juli, angetreten hatte, also an dem Tag, an dem Linda ermordet worden war.
    »Soll ich ihre Telefongespräche überprüfen lassen«, fragte Svanström.
    »Ich glaube, damit warten wir noch«, sagte Lewin. »Es ist bestimmt einfacher, wenn ich sie zuerst anrufe und frage. Und ich wollte dich noch um etwas bitten«, fügte er hinzu.
     
    Obwohl ihre zweiundneunzig Jahre alte Zeugin offenbar ihren Geburtstag um einen ganzen Monat verlegt hatte, fiel es Lewin doch schwer, sie loszulassen. Die Erklärung dafür lag in seiner eigenen Geschichte, eine polizeiliche Berufskrankheit, wenn man so will. Wahrscheinlich spielte auch seine Person eine Rolle, aber dieser Möglichkeit hatte er selber keinen einzigen Gedanken gewidmet, obwohl die Frau auf der anderen Seite seines Schreibtischs das fast jedesmal machte, wenn sie an ihn dachte.
    »Meine alte Großmutter, sie ist jetzt tot, aber wenn sie noch lebte, wäre sie fast hundert«, erklärte Lewin. »Offiziell war sie am 20. Februar 1907 geboren, aber wir haben ihren Geburtstag immer am 23. gefeiert.«
    »Und warum?«, fragte Sandberg.
    »In der Familie hieß es, dass der Pastor betrunken war, als er sie ins Kirchenbuch eingetragen hat, und deshalb hat er ganz einfach das falsche Datum erwischt. Es handelte sich zwar nur um ein paar Tage und nicht um einen Monat, aber mir macht das mit Juni und Juli doch Probleme.«
    »Da kann man sich leicht verschreiben«, stimmte Svanström zu.
    »Sicher sagen viele ältere Juristen deshalb Julei und nicht Juli. Um Verwechslungen mit dem Juni zu vermeiden«, sagte Lewin. »Ich weiß noch, dass ich sehr überrascht war, als ich das zum ersten Mal hörte. Wir hatten an der Polizeischule einen halb verwesten Strafrechtsdozenten, und den nannten wir ebendeshalb Dozent Julei. Bei ihm haben wir im Grunde nur gelernt, wie wichtig es ist, dass Juristen Julei sagen und nicht Juli. Ansonsten gab er den üblichen Unsinn von sich, dass man den Säbel festhalten muss, wenn man auf den Pöbel einschlägt. Dass die Polizei schon seit Jahren auf Gummiknüppel umgestiegen war, schien ihm entgangen zu sein. Einmal hat er eine ganze Vorlesung lang über die juristischen Konsequenzen geredet, die es hat, wenn man mit der Schneide zuschlägt und nicht mit der flachen Seite des Säbels. Bis sich endlich jemand von uns ein Herz gefasst und die Sache mit den Gummiknüppeln erwähnt hat.«
    »Und wie hat er reagiert?«, fragte Svanström.
    »Sauer«, sagte Lewin.
    »Das Einfachste ist es wohl, wenn du sie fragst, die Zeugin, meine ich«, sagte Svanström.
    »Sollte ich vielleicht«, sagte Lewin und seufzte

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