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Moerderische Idylle

Moerderische Idylle

Titel: Moerderische Idylle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leif GW Persson
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zugleich aus irgendeinem Grund. Vielleicht sollte ich auch mit ihrem Optiker reden, dachte Lewin. Das Problem mit Kollegen wie Rogersson war wohl, dass sie die Wirklichkeit lieber schwarz oder weiß sahen, obwohl Rogersson im Grunde ein netter, braver Bursche war, dachte er.
     
    Als Eva aufgestanden war und gehen wollte, kam ihm plötzlich derselbe vage Gedanke, der schon zwei Stunden zuvor seine Gehirnrinde gestreift hatte.
    »Noch was«, sagte Lewin. »Das ist mir bei der Besprechung eingefallen. Kollege Enoksson hat etwas in der Art gesagt, dass jemand, der auf diese Weise ein Auto stiehlt, wissen muss, wie man das macht«, erklärte er.
    Lewin zufolge brauchte es sich natürlich nicht um einen einfachen Autodieb zu handeln. Wichtig seien gewisse technische Fähigkeiten. Ein Automechaniker oder einfach jemand mit technischem Interesse, jemand, der ganz allgemein geschickt war. Oder es von anderen gelernt hatte. Ein Wärter in einer Justizvollzugsanstalt, einem Erziehungsheim oder Ähnlichem, schlug Lewin vor.
    »Oder ein Polizist«, meinte Svanström.
    »Vielleicht«, stimmte Lewin zu. »Auch wenn ich keine Ahnung habe, wie man das macht, obwohl ich seit gut dreißig Jahren bei der Polizei bin.«
    »Jemand, der weiß, wie man das macht, der aber nicht in unserem Register gelandet sein muss, während er das gelernt hat«, fasste Svanström zusammen.
    »Genau«, sagte Lewin.
    »Wir reden also von dem genauen Gegenteil dieses Ekelpakets und Bibliothekars Gross«, sagte Svanström. »Nicht von einer sogenannten Kulturpersönlichkeit.«
    »Genau«, sagte Lewin. Einwandfrei nicht so einer wie Gross, dachte er.
     
    Als Svanström ihn verlassen hatte, konnte er sich natürlich nicht beherrschen. Ohne zu ahnen, dass er damit Eva Svanströms vielleicht häufigste Überlegung über ihn bestätigte, wählte er die Nummer der Narkoseärztin. Es war ihre Privatnummer, und dass Leute frühzeitig aus dem Urlaub zurückkehrten, kam sicher ebenso häufig vor wie, dass sie bis zum letzten Tag fernblieben. Zumindest war es bei ihm so.
    »Ich kann jetzt nicht rangehen, aber hinterlassen Sie Namen und Telefonnummer, dann melde ich mich so schnell wie möglich«, sagte die Stimme des Anrufbeantworters.
    Sie ist vielleicht nur kurz aus dem Haus, dachte Lewin, hinterließ aber trotzdem keine Mitteilung, sondern legte einfach auf. Muss ihre Stimme gewesen sein, dachte er. Sie hörte sich genauso an wie eine Narkoseärztin um die vierzig. Korrekt, wohlwollend, aufmerksam. Alleinstehend, laut Einwohnermeldeamt. Stellvertretende Oberärztin im Krankenhaus von Växjö, laut Steuerverzeichnis, das die sorgfältige Eva Svanström ebenfalls aus ihren Computern gefischt hatte.
     
    59
     
    Nut eine Woche zuvor hatte Bäckström zwei jüngere Kolleginnen von der Polizei von Växjö abkommandiert, um den Ursprung der blauen Kaschmirfaser, die der Einfachheit halber die »Textilspur« getauft worden war, ausfindig zu machen. Dass es sich um zwei Kolleginnen handelte, war durchaus kein Zufall. Das lag sozusagen in der Natur der Sache, und Bäckström fand es ganz hervorragend, dass die kleinen Wesen eine Beschäftigung hatten und ihm und den anderen echten Polizisten nicht irgendeinen Ärger machten.
    Aber die beiden schienen ihren Auftrag sehr ernst genommen zu haben. Dem Labor zufolge handelte es sich vermutlich um einen hellblauen Pullover, und die Kolleginnen hatten mit allen gesprochen, die aufgrund ihrer beruflichen Erfahrung möglicherweise weiterhelfen konnten. Mit Modedesignern, Modejournalistinnen, Modefotografen und Modefachleuten ganz allgemein, mit Herstellern, Großhändlern und Angestellten einer Vielzahl von Läden, die eher exklusive Kleidung verkauften. Eine hatte sich sogar mit ihrer Tante unterhalten, die von Kleidung sozusagen besessen war.
    Wenn es sich nun um einen Herrenpullover handelte, dann gab es an die zwanzig denkbare Modelle. Das wahrscheinlichste war ein langärmeliger Pullover mit V-Ausschnitt aus englischer, irischer, italienischer, deutscher oder französischer Herstellung, zu einem Preis zwischen zwei- und zwölftausend Kronen, abhängig von der Marke. Im Ausverkauf oder als Sonderangebot konnte er natürlich um einiges billiger sein. Alles unter tausend Kronen war jedoch überaus unwahrscheinlich und wäre das pure Schnäppchen, wie sämtliche Gewährsleute mitteilen konnten.
    In Växjö und Umgebung schien er jedenfalls nicht über den Ladentisch gegangen zu sein. Kein Geschäft hatte während der letzten Jahre

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