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Moerderische Idylle

Moerderische Idylle

Titel: Moerderische Idylle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leif GW Persson
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das unmöglich. Es war einfach ausgeschlossen. Auf diese Entfernung und ohne Brille konnte sie Bewegungen wahrnehmen und einen Menschen von einem Hund unterscheiden, aber wohl kaum einen Hund von einer Katze.
    Außerdem gab es bei alten Menschen und deren Sehvermögen noch ein anderes Problem, was an sich außerhalb der rein optischen Bedingungen lag, was aber doch einen Teil des Alltags und der Wirklichkeit ausmachte, auf die jeder seriöse Fachmann Rücksicht nehmen musste.
    »Das Sehvermögen alter Menschen wird von ihrem allgemeinen physischen und psychischen Zustand auf ganz spezifische Weise beeinflusst. Ihnen wird viel häufiger schwindlig, sie sehen doppelt, sie sind für Lichtverhältnisse viel empfindlicher. Deshalb können sie plötzlich in Verwirrung geraten und alles Mögliche durcheinanderwerfen, dann geht das vorbei, und sie sind wieder wie sonst. Sie kommen her, ich probiere andere Brillenstärken, und vielleicht können sie sogar die untersten Zeilen lesen, dann kommen sie wieder und setzen die neue Brille auf und schaffen nicht einmal die oberste Zeile, weil sie nachts schlecht geschlafen oder sich mit ihren Kindern gestritten haben oder was auch immer.«
    »Aber angenommen, sie war ganz normal und trug ihre Brille, dann hätte sie eine Person erkennen können. Vor allem jemanden, den sie ohnehin schon kannte«, fasste Lewin zusammen.
    »Ja sicher«, sagte der Optiker. »Aber wir haben ja noch die Sache mit der Psyche. Alte Menschen können Personen verwechseln, und sie können Leute, die sie gesehen haben, mit solchen verwechseln, die sie kennen, das liegt vielleicht an einer äußerlichen Ähnlichkeit, und sie beschreiben dann den, den sie kennen, und nicht den, den sie gesehen haben. Ich bin kein Arzt, aber im Laufe der Jahre habe ich da doch allerlei Beispiele gehört und gesehen.«
     
    Einerseits, andererseits, dachte Lewin und seufzte in Gedanken, als er eine Weile später an der Wohnungstür ihrer Zeugin klingelte. Er hatte Eva Svanström bei ihr anrufen lassen, und offensichtlich machte sie sich deshalb nicht einmal die Mühe, durch das Guckloch in der Tür zu schauen, ehe sie öffnete.
    »Ich heiße Jan Lewin und arbeite als Kommissar bei der Zentralen Kriminalpolizei«, sagte Lewin und hob seinen Dienstausweis hoch, während er ihr sein vertrauenerweckendstes Lächeln zeigte. Die Oma macht doch einen aufgeweckten, klaren Eindruck, dachte er hoffnungsvoll.
    »Hereinspaziert, immer hereinspaziert«, sagte sie und wies ihm mit einem Stock mit Gummizwinge den Weg.
    »Danke«, sagte Lewin. Klar im Kopf, dachte er und merkte, wie seine Hoffnung wuchs.
    »Ich bin es, die sich bedanken sollte«, sagte Frau Rudberg. »Kommissar. Das ist schließlich kein Katzenschiss. Die sie mir neulich geschickt haben, war eine einfache Polizistin«, sagte die Zeugin und blickte ihren Gast neugierig an.
     
    Zuerst hatten sie über ihren Geburtstag gesprochen, und offenbar war die Zeugin an die gleiche Sorte Pastor geraten wie Lewins alte Großmutter. Außerdem hatte es etliche Jahre gedauert, bis ihre Eltern den Fehler entdeckt und ihr davon erzählt hatten.
    »Mein Vater hat wohl erst, als ich in die Schule kam, gemerkt, dass der Pastor sich im Kirchenbuch verschrieben hatte«, sagte die Zeugin. »Aber da hatten wir schon einen neuen Pastor, und der wollte das nicht ändern, weil es nun einmal so dastand. Und so blieb es eben dabei.«
     
    Eine Zeit lang hatte sie sich ein wenig darüber geärgert, dass sie offiziell im falschen Monat geboren war. Mit wachsendem Alter jedoch hatte ihr der zusätzliche Monat immer weniger ausgemacht, und als die erste Rentenzahlung kam, hatte sie sich zu diesem geistlichen Irrtum sogar gratuliert.
    »Wenn ich Glück habe, kriege ich einen Monat extra Rente«, stellte sie fest und lächelte Lewin an. »Und das kann ich doch wohl nur dankend annehmen.«
     
    Das mit dem Geburtstag hatte auch nie zu praktischen Problemen geführt. Sie feierte am 4. Juli, das hatte sie immer so gemacht, und dass sie der Polizistin neulich nichts von dem Irrtum des Pastors erzählt hatte, verdankte sich einfach der Tatsache, dass sie nicht daran gedacht hatte. Außerdem hatte ihre Besucherin sie nicht gefragt, und da hatte sie wohl angenommen, sie wisse ohnehin Bescheid. Einfach ein Missverständnis, und es war am 4. Juli gegen sechs Uhr morgens gewesen, dass sie auf ihrem Balkon gesessen hatte. Genau wie an fast allen anderen Tagen in diesem Sommer, und zur Feier dieses Tages hatte sie zu ihrem

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