Moerderische Idylle
hinzu.
Vielleicht hatte er inzwischen andere Sorgen, dachte Lewin. Sonst hätte er das sicher gemacht, wenn er nun so einer ist, wie ich glaube, dachte er.
»Wenn Ihnen noch mehr einfällt, dann rufen Sie mich bitte an«, sagte Lewin und reichte ihr seine Visitenkarte.
»Natürlich«, sagte sie und schaute die Karte an, ehe sie sie in die Brusttasche ihres weißen Kittels steckte. »Und wenn ich Ihnen unser schönes Växjö zeigen soll, dann rufen Sie mich einfach an. Die Nummer haben Sie ja schon.«
Auf der Wache rief Lewin sofort einen alten Freund und ehemaligen Kollegen an, der inzwischen als Kommissar bei der Säpo arbeitete und ihm außerdem etliche Gefallen schuldete. Zuerst redeten sie allgemein über Gott und die Welt, und nachdem sie den sozialen Teil erledigt hatten, brachte Lewin seinen Spruch vor.
Keine Sicherheitsangelegenheit, aber ein schwerwiegendes Verbrechen. Es ging darum, ein Gespräch ausfindig zu machen, und ausnahmsweise einmal verhielt es sich so praktisch, dass er den genauen Zeitpunkt des Anrufs und die Nummer wusste, die angerufen worden war. Was er nun brauchte, war die Nummer des anrufenden Telefons, den Namen des Teilnehmers und - eine Gnade, um die er nur in Stoßgebeten flehen konnte - den des Anrufers.
»Ich belästige dich damit, weil ich weiß, dass du und deine Kollegen in diesen Dingen unschlagbar seid«, schmeichelte Lewin.
»Sicher«, stimmte sein alter Freund zu. »Ich gehe wohl nicht fehl in der Annahme, dass es sich um den Mord an unserer angehenden Kollegin handelt? Wenn ich bedenke, wo du bist und dass es dir um eine Nummer in Växjö geht, meine ich.«
»Stimmt genau«, sagte Lewin. »Was glaubst du, wie lange ihr dafür braucht?«
Wenn Lewins Informationen stimmten, wenn der Anruf also wirklich am 4. Juli um Viertel nach zwei Uhr morgens bei der erwähnten Nummer eingelaufen war, dann würde die Antwort mehr oder weniger postwendend erfolgen.
»Ich lasse spätestens morgen Vormittag von mir hören«, sagte der Kollege. »Bis dahin kannst du nur noch Däumchen drücken. Leider ist es wohl so, aber das weißt du ja so gut wie ich, dass solche Leute immer von Prepaidhandys anrufen, wo es fast unmöglich ist, die Anrufer ausfindig zu machen.«
»Ich bilde mir ein, dass es sich nicht um so ein Telefon handelt«, sagte Lewin. Diesmal nicht, dachte er.
66
Im großen Polizeigebäude auf Kungsholmen in Stockholm, vierhundert Kilometer nördlich von Växjö gelegen, saß der Chef der Zentralen Kriminalpolizei und spürte, wie sein Blutdruck stieg. Und das aus Gründen, die rein sachlich gesehen zu den unwichtigsten zählten, bedachte man all die auf seinem Schreibtisch aufgetürmten Fälle. Als Zirkus Bäckström nach Växjö kam, dachte Lars Martin Johansson.
Zuerst hatte er sich mit einer netten jungen Frau aus der Finanzabteilung getroffen, die das Wochenende mit dem Versuch verbracht hatte, Antworten auf die von Johansson auf den vorher so sauberen Papieren hinterlassenen roten Fragezeichen zu finden. Allerdings war ihr das nicht gelungen. Es gab noch immer etliche rätselhafte Rechnungen, von Garderobenpflege über Sitzungsmaterial bis zu den üblichen Kneipenbesuchen mit anonymen Gewährspersonen. Alle waren übrigens von Kriminalkommissar Bäckström unterschrieben, und insgesamt handelte es sich um knapp zwanzigtausend Kronen. Außerdem gab es eine Anzahl von nicht begründeten Bargeldentnahmen. Vorgenommen vom nämlichen Bäckström, insgesamt zwölftausend Kronen. Und die üblichen normalen Rechnungen für Expeditionen von der Sorte, bei denen Kosten minus Gehalt und Sozialabgaben sich derzeit auf an die dreihunderttausend Kronen beliefen.
»Was bedeutet das eigentlich? So mal ganz unter uns«, fragte Johansson und nickte ihr aufmunternd zu.
»Dass jemand oder mehrere die Finger in der Keksdose hatten, und da das hier unter uns bleibt, glaube ich nicht, dass es das erste Mal war. Außerdem ist mir aus irgendeinem Grund der Name des Unterzeichnenden eingefallen.«
»Du hast schon Schlimmeres gesehen«, sagte Johansson, und seine Laune hob sich gleich wieder.
»Viel Schlimmeres«, stimmte die Finanzfrau mit Nachdruck und Überzeugung zu. »Ich habe im Laufe der Jahre schon allerlei seltsame Rechnungen gesehen.«
»Was war denn die seltsamste«, fragte Johansson neugierig.
»Im vergangenen Haushaltsjahr waren das wohl zwei Tonnen Heu. Irgendwann im Winter, und eigentlich waren sie nicht besonders teuer. So um die tausend, glaube
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