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Moerderische Idylle

Moerderische Idylle

Titel: Moerderische Idylle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leif GW Persson
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aussetzen. Lewin zum Beispiel ist sehr erfahren und sehr kompetent. Er gehört zweifellos zu den besten Mordermittlern im Land.«
    »Naja«, sagte Johansson. Ich hab schon bessere gesehen, dachte er.
    »Gilt das auch für diesen Rogersson«, fragte er. »Wenn ich das richtig verstanden habe, dann waren die Pornos auf seine Zimmernummer gebucht.«
    »Aber er war zu diesem Zeitpunkt in Stockholm. Er hat seinen Dienstwagen am Freitagabend hier im Haus in der Tiefgarage abgestellt und dasselbe Auto am Sonntagnachmittag abgeholt, er kann es also nicht gewesen sein«, sagte der Polizeirat.
    »Dann finde raus, wer es war«, sagte Johansson, und jetzt hörte er sich wieder genauso an wie sonst.
    »Ich verspreche zu tun, was ich kann«, versicherte der Polizeirat.
    »Es reicht, wenn du herausfindest, wer es war«, sagte Johansson. »Damit ich weiß, wen ich feuern oder versetzen darf.«
     
    67
     
    AlsJan Lewin morgens Smälandsposten las - in aller Ruhe auf seinem Zimmer, ehe er zum Frühstück nach unten ging -, war Einkaufschef Roy Edvardsson, achtundvierzig, mit großem Bild auf der ersten Seite der Zeitung gelandet. Dem Bild nach war er ein dicklicher Mann in den besten Jahren, gewandet in schwedische Sommertracht im klassischen Herrenstil, Sandalen mit Socken, knielange Shorts, gestreiftes kurzärmliges Hemd und karierte Schirmmütze von einem etwas leichteren, der Jahreszeit gemäßen Modell. Edvardsson lehnte bequem an seinem Mercedes und strahlte Zuversicht und materiellen Erfolg aus. Außerdem war er in Växjö geboren, aufgewachsen und tätig.
    Der Grund, aus dem Lewin in Smälandsposten über ihn lesen konnte, war eine längere Reportage darüber, dass die Lebensmittelaufsicht bei einer größeren Untersuchung herausgefunden hatte, dass die Smäländer beim Einkaufen für den täglichen Bedarf weniger auf umweltfreundliche Produkte zurückgriffen als andere Schweden. Trotz der bemerkenswerten Aktivitäten, die die bekannteste Smäländerin der Welt, die Autorin Astrid Lindgren, unternommen hatte, um Hühner aus ihren Käfigen zu befreien und Schweinen bis Weihnachten ein freies und glückliches Leben zu gewährleisten.
    Die Zeitungsreporterin war selbst in der Stadt unterwegs gewesen und hatte eine einfachere kleine Studie angestellt, sie hatte Menschen nach ihrer Haltung zu umweltgerechten Lebensmitteln und anderen Produkten befragt. Die Antwort der Mehrheit der Befragten stützte das Ergebnis der Lebensmittelaufsicht, und der Grund für die negative Einstellung war durchgängig der gleiche. Umweltfreundliche Kost sei teurer als andere, schmecke aber mehr oder weniger, wie alles im Moment schmeckte.
    Die Ausnahme bildete Roy Edvardsson, achtundvierzig, der trotz seines Berufs von diesen Fragen keine Ahnung hatte.
    »Da dürfen Sie mich nicht fragen«, sagte Edvardsson. »Ich kaufe niemals ein. Ich bin seit vielen Jahren verheiratet.«
    Ich dachte, solche gäb’s nicht mehr, dachte Lewin erstaunt und streckte die Hand nach der Schere aus, um seine Reiseerinnerungen an Växjö durch einen kleinen Einblick in Roy Edvardssons Leben zu vervollständigen.
     
    68
     
    Nach dem Frühstück wandelte Lewin auf den Spuren seiner Kollegen, und da er ihnen nichts davon gesagt hatte, meldete sich bei jedem Schritt sein schlechtes Gewissen. Zuerst besuchte er den Optiker der zweiundneunzig Jahre alten Zeugin, um ein für alle Mal Klarheit über ihr Sehvermögen zu erhalten.
    Der Optiker war ein Mann von etwa sechzig, ihm gehörte der Laden, er hatte ihn von seinem Vater übernommen, und er hatte die Zeugin während der vergangenen dreißig Jahre mit Brillen versorgt. Insgesamt handelte es sich um zwei Brillen und einige kleinere Reparaturen, eine Großkundin war sie also einwandfrei nicht. Zuletzt hatte sie ihn vor gut sechs Jahren aufgesucht. Dabei hatte die Untersuchung ergeben, dass die Brille, die sie fünf Jahre zuvor gekauft hatte, noch vollständig ausreichte. Das war unmittelbar nach ihrem achtzigsten Geburtstag gewesen, und vor allem hatte sie neue Bügel gebraucht.
    Die Zeugin war kurzsichtig, aber es war eine angeborene Kurzsichtigkeit, und die schien mit den Jahren nicht sehr viel schlimmer geworden zu sein. Wenn sie die Brille trug und wenn sich ihre Sicht seit dieser letzten Untersuchung nicht drastisch verschlechtert hatte, dann müsste sie normal sehen und auf die Entfernung von an die zwanzig Meter, nach der Lewin gefragt hatte, durchaus einen Menschen erkennen können. Wenn sie die Brille nicht trug, war

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