Mörderische Kaiser Route
Wenn du willst, kannst du mit dem Piloten sprechen“, bot er mir an und griff zu einem Zettel, auf dem er eine Telefonnummer notierte. „Er ist mit seinen Passagieren um acht Uhr nach Dortmund abgeflogen und erst spät am
Abend zurückgekommen. Quasi auf den letzten Drücker, bevor wir hier dichtgemacht haben. Wir hatten den Schlüssel am Haupttor fast schon abgezogen.“
Ich überlegte.
„Jeder Flug muss also angemeldet werden und wird mit der Startzeit notiert?“, fragte ich.
„Richtig“, bestätigte Beckmann. Die Flugsicherung müsse doch wissen, wohin jemand unterwegs sei, wenn er aus dem Funkverkehr verschwinden sollte, was immer wieder einmal vorkommen könnte. Auch Änderungen während des Fluges müssten zur eigenen Sicherheit des Piloten und der Passagiere mitgeteilt werden.
„Dann sind demnach in Dortmund die Landung und der Start zum Rückflug nach Merzbrück notiert worden?“, hakte ich nach.
Wieder bestätigte Beckmann mich.
„Wenn du willst, kontrolliere ich das“, schlug er mir hilfsbereit vor, „ich brauche nur in Dortmund anzurufen.“
Offenbar war er stolz darauf, mir seine Arbeit ausführlich zeigen zu können, und ich sah keine Veranlassung, ihn daran zu hindern. Schaden könne es sicherlich nicht, meinte ich. Für mich als unbeleckter Laie sei es eine spannende und interessante Sache, einmal mitzuerleben, wie die Flugplätze untereinander vernetzt seien, behauptete ich.
Schnell griff Beckmann zum Telefon und sprach wenige Augenblicke später mit einem Kollegen aus Dortmund. Er nannte ihm die Flugdaten und runzelte erstaunt die Stirn, als er die Antwort erhielt.
„Das ist merkwürdig“, sagte er und sah mich verblüfft an. „Die Cessna ist nach dem angegebenen Zeitplan in Dortmund gelandet und eine halbe Stunde später wieder gestartet mit dem
Zielort Merzbrück. Demnach müsste sie für die Strecke zurück über fünf Stunden benötigt haben. Das kann eigentlich nicht sein, da bist du mit einem Dreirad schneller.“
„Wo finde ich den fliegenden Taxifahrer?“, fragte ich entschlossen. „Er wird uns bestimmt die Bummelei erklären können. Vielleicht stand er ja über Düsseldorf im Stau“, fügte ich scherzend hinzu. „Wie heißt er?“
„Josef Schauf“, antwortete Beckmann, während er erneut zum Telefon griff.
Bedauerlicherweise war Schauf aber nicht zu erreichen. Er sei in einen Kurzurlaub geflogen, teilte uns der Anrufbeantworter in seiner Wohnung gelangweilt mit, und werde erst in einigen Tagen zurückerwartet. Der mürrischen Aufforderung, unsere Bitte nach dem Signalton aufs Band zu sprechen, kamen wir nicht nach.
,Bis zu seiner Rückkehr haben wir in Aachen schon mehr als einmal über die Hitzeglocke und die unerträglichen Temperaturen gestöhnt und unser Anliegen vergessen’, sagte ich mir und ließ mir von Beckmann die Erkennungszeichen der Cessna geben.
„Die muss doch so etwas wie ein Nummernschild haben, denke ich mal. Oder?“
Kaffeepause
Nachdenklich radelte ich nach Aachen zurück. In der Kanzlei atmeten die Kollegen einschließlich Fräulein Schmitz erleichtert auf, als ich ankam.
„Unser Chef hat verdammt schlechte Laune, du musst ihn aufmuntern“, erklärte mir Sabine den Grund für die ungewohnt miese Stimmung im Büro.
Dieter hatte sich mit griesgrämigem Gesicht in seinen Schreibtischsessel verkrochen, als ich froh gestimmt in sein Zimmer eintrat. In der Hand hielt er einen Brief.
„Was ist? Hat mein Patenkind seinem Vater das Eis gestohlen?“, fragte ich heiter, während ich mich lässig auf die Schreibtischkante hockte und vergnügt die Beine baumeln ließ.
„Schlimmer“, bellte Dieter mürrisch. „Der alte Schlingenhagen beabsichtigt, seine Geschäftsbeziehung zu mir zu beenden. Ich hätte bei seinem Sohn Franz versagt und würde bei der Angelegenheit mit Karl wieder versagen. Er habe kein Vertrauen mehr zu mir und würde einen anderen Anwalt mit der Vertretung seiner Interessen beauftragen.“
„Soll er doch“, versuchte ich, meinen Freund zu trösten, „der wird noch früh genug erkennen, was er an dir hatte. Dann kommt Schlingenhagen garantiert reumütig zurück.“ Aber Dieter wollte meine Aufmunterung nicht annehmen.
„Wenn sich herumspricht, dass Schlingenhagen mir nicht mehr vertraut, kann ich den Laden dichtmachen. Stell dir bloß vor, der Kerl erzählt in seinem Bekanntenkreis, ich sei ein Versager. Dann kann ich meine halbe Klientel abschreiben“, stöhnte er.
„Wer vertritt Schlingenhagen jetzt?“,
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