Moerderische Schaerennaechte
Einzige, was man im Halbdunkel sah, war hier und da die Glut einer Zigarette. Wenn ein Streichholz aufflammte, sah ich starre Gesichter und in sich gekehrte Blicke.
Ich war als Vierter an der Reihe.
Der Uffz stand ganz oben, zusammen mit Hauptmann Westerberg. Sie überprüften den korrekten Sitz der Sicherheitsleinen. Das mit der Sicherheit war wichtig. Wenn wir aus eigener Ungeschicktheit abstürzten, war das unsere Sache, aber sie trugen die Verantwortung dafür, dass wir die richtige Ausrüstung hatten und dass alles ordentlich befestigt war.
Als ich dran war, schmeckte ich bittere Galle im Mund. Ich sah, wie Kihlberg losließ und nach unten verschwand, und ich wusste, jetzt war es Zeit, auf den Vorsprung hinauszutreten.
Mir war kotzübel.
Der Uffz befestigte die Seile an meinem Körper und trat einen Schritt zurück. Mir lief der kalte Schweiß über den Rücken.
Unten am Boden hatte nur eine leichte Brise geweht, als wir in den Turm gingen. Aber hier oben ließ der Wind das Kletterseil flattern, als hätte es ein Eigenleben. Es schlug gegen die Außenwand wie eine Hundeleine, an der ein ungestümer Welpe zerrt.
Ich merkte, wie ich schwankte, meine Beine wollten mich nicht mehr tragen.
Der Uffz brüllte mich an: »Los jetzt!«
Nichts anderes als pure, nackte Angst vor seiner Wut trieb mich einen Schritt nach vorn an die äußerste Kante. Tief unter mir sah ich verschwommen eine Masse aus Felsen und Heidekraut. Eine Sekunde verging und noch eine. Mit schweißnassen Händen griff ich nach dem Seil und gab den Kontakt mit dem Turm auf.
Ich war überzeugt, dass ich abrutschen und mich zu Tode stürzen würde.
Aber irgendwie schaffte ich es, mich Meter für Meter nach unten zu arbeiten. Die ganze Zeit schrie es in mir: Gleich fällst du, gleich stürzt du ab.
Unten am Fuß des Turms hörte ich laute Rufe.
»Saubere Arbeit, Erneskog.«
»Gut geklettert, Kihlberg.«
»Mensch, Andersson, nur drei Aufsetzer. Du bist echt Spitze.«
Diejenigen, die das Abseilen schon hinter sich hatten, schäumten über vor Freude über ihre Leistung, und sie riefen den Kameraden aufmunternd zu.
Es muss gehen, flüsterte ich vor mich hin. Du schaffst das.
Ich hatte nur noch ein paar Meter bis zum Boden, als meine verschwitzten Finger abrutschten und ich fiel.
Im nächsten Moment spürte ich nur noch einen entsetzlichen Schmerz in der rechten Wade. Als Andersson auf mich zugestürzt kam und fragte, ob alles in Ordnung sei, konnte ich nicht antworten, nur noch stöhnen.
Er kniete sich neben mich und befühlte vorsichtig meinen Fuß. Da schrie ich auf. Der Fuß begann bereits anzuschwellen, und Andersson schnürte meinen Stiefel auf, um zu verhindern, dass er mir vom Fuß geschnitten werden musste.
»So eine Scheiße«, würgte ich heraus, während Andersson mit den Schnürsenkeln kämpfte.
»Du musst zum Sani«, sagte er und half mir, mich aufzurappeln. »Kannst du aufstehen?«
Der Uffz war immer noch oben auf dem Turm, aber Kihlberg kam zu Hilfe. Mit vereinten Kräften brachten sie mich nach unten zur Krankenstation. Sie befindet sich in einer der kleineren Baracken, hinter der Kantine. Eine falunrote Hütte wie alle anderen, aber mit ein paar Krankenbetten.
Die Krankenversorgung auf Korsö ist ein Witz. Der Arzt, der Tallén heißt, von allen aber nur Kanüle genannt wird, ist in der ganzen Kompanie berüchtigt. Er tut, wie ihm befohlen, und der Befehl heißt, die Mannschaft dienstfähig zu halten. Egal, was man hat, man bekommt Kortison – statt Bettruhe gibt es eine Spritze. Wenn du nicht gerade im Sterben liegst, beißt du besser die Zähne zusammen und machst weiter.
Kanüles Lieblingsrezept heißt Butazolidin, ein Kortisonpräparat, von dem ich vor meiner Militärzeit noch nie gehörte hatte. Es lindert den Schmerz, macht aber müde, ohne dass der Körper sich ausruhen darf, und schlecht wird einem auch noch davon.
Es dauerte nur eine Viertelstunde, dann hatte Kanüle mich »kuriert«.
Andersson wartete vor der Sanitätsbaracke auf mich. Die Sonne war hervorgekommen, und er schwitzte in seinem grünen Tarnanzug, als ich aus der Baracke trat.
»Wie fühlst du dich?«, fragte er und erhob sich von der Bank.
Ich lächelte schief.
»Im Moment geht’s, aber die Schmerzen kommen wahrscheinlich wieder, wenn die Spritze nachlässt. Er hat mir Tabletten für die Nacht mitgegeben.«
Ich öffnete die Hand und zeigte ihm die transparente Plastikschachtel mit den rosa Tabletten.
»Willst du ’ne Kippe?«, fragte
Weitere Kostenlose Bücher