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Moerderische Schaerennaechte

Moerderische Schaerennaechte

Titel: Moerderische Schaerennaechte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Viveca Sten
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in Ordnung?«, fragte sie.
    »Ja, mir geht’s gut.«
    Auf seiner Stirn erschien eine besorgte Falte.
    »Was ist?«, sagte Nora.
    »Du weißt, dass ich morgen Eis in die Schule mitbringen muss?«
    »Liegt schon im Gefrierschrank. Keine Sorge.«
    Nora versuchte, ihn an die Hand zu nehmen, aber er riss sich los. Zu viele Kumpel in der Nähe, begriff sie. Wenn er nächstes Jahr in die Mittelstufe kam, würden die Kleinkindjahre endgültig vorbei sein.
    »Fahren wir nach Hause? Ich hab Hunger.«
    »Habt ihr im Hort kein Mittagessen bekommen?«
    »Doch, aber ich hab immer noch Hunger.«
    Er klopfte sich auf den Bauch. Die Geste wirkte so altklug, dass Nora lächeln musste.
    »Okay. Aber zuerst holen wir Adam ab. Hältst du noch eine Weile aus?«
    »Mhmm.«
    Normalerweise ging Adam allein von der Schule nach Hause, aber an Montagen holte Nora auch ihn ab, weil er dann seine Reisetasche dabeihatte.
    Wenn sie ehrlich sein sollte, hatte sie nichts dagegen; inzwischen passierte es nur noch selten, dass sie an seiner Schule vorbeikam. Dies war ein willkommener Anlass.
    »Dann komm, wir fahren gleich hin.«
    Als sie sich ans Steuer setzte, piepste ihr Handy. Nora zuckte innerlich zusammen.
    Ob das eine Nachricht von Jonas war?
    Sie wühlte in ihrer Umhängetasche und holte das Handy hervor, lächerlich erwartungsvoll. Sie hatte den ganzen Tag lang gehofft, dass er sich melden würde.
    Aber als sie die SMS aufs Display holte, ging es um etwas ganz anderes.
    Simon hat sein Englischbuch bei mir vergessen. Kannst du es abholen   /   Henrik , stand da in weißer Schrift auf grünem Grund.
    Das freudige Gefühl verkehrte sich ins Gegenteil.
    Jedes Mal, wenn ihr Telefon in den vergangenen vierundzwanzig Stunden geklingelt hatte, war sie in der Hoffnung zusammengezuckt, dass es Jonas sein könnte. Sie wartete voller Anspannung darauf, dass er sich meldete. Es erinnerte sie an ihre Teenagerzeit, als man Unnahbarkeit vortäuschen musste und auf gar keinen Fall klammern durfte. Schon damals hatte sie das nicht gemocht. Aber es war schwer, nicht in alte Verhaltensmuster zurückzufallen.
    Sechzehn Jahre waren vergangen, seit sie zuletzt Single gewesen war, und ihr war dieses Spiel zwischen Mann und Frau immer noch fremd. Sie hatte keine Ahnung, wie die Spielregeln heutzutage waren, und schon gar nicht, wenn man mit jemandem Sex gehabt hatte.
    Ärgerlich steckte sie das Handy zurück in die Handtasche.
    Sie hatten eine Nacht zusammen verbracht, das war alles. Sie musste aufhören, an ihn zu denken, und ihr normales Leben wieder aufnehmen. Außerdem war er in Thailand, auf der anderen Seite der Erde.
    Nora merkte, dass Simon sie beobachtete, und verdrängte die Gedanken an Jonas.
    Das Schulbuch.
    Sie drückte die Kurzwahltaste. Henrik meldete sich nach zweimaligem Klingeln.
    »Nora hier. Ich habe deine SMS gelesen. Du kannst doch kurz bei uns vorbeifahren und das Buch in den Briefkasten stecken.«
    »Das schaffe ich heute nicht mehr. Ich bin bis spätabends im Krankenhaus.«
    Warum blieb es an ihr hängen, das Englischbuch zu holen, nur weil er unfähig war, Simons Sachen ordentlich zusammenzupacken? Sie konnte sich wirklich etwas Besseres vorstellen, als zu ihrem alten Haus zu fahren und zu riskieren, dass Marie hinterm Küchenfenster stand.
    »Das war keine Absicht«, fügte er hinzu.
    »Ist mir schon klar. Aber ich habe die ganze Woche sehr viel zu tun. Ich arbeite auch den ganzen Tag, genau wie du.«
    »Ich habe Patienten, die ich nicht im Stich lassen kann.«
    Sein Tonfall war plötzlich herablassend.
    Als Arzt war Henrik es gewohnt, dass man ihm gehorchte. Er war ein geachteter Radiologe, und was er sagte, wurde selten hinterfragt.
    »Ach komm«, sagte er. »Du kannst dich ja wohl mal von deinen Kreditverträgen losreißen, das wird schon nicht so schlimm sein. Simons Schularbeiten gehen auf jeden Fall vor.«
    Das war typisch Henrik.
    Sein Job war immer wichtiger gewesen als ihrer. Aber ausnahmsweise wurde Nora diesmal nicht wütend oder sauer. Sondern stattdessen unerwartet ruhig.
    »Dann schlage ich vor, du bringst es morgen früh vorbei, bevor du zur Arbeit fährst. Vielleicht stehst du mal ein paar Minuten früher auf als sonst. Tschüss.«
    Nora drückte die Auflegen-Taste, bevor er protestieren konnte.
    Sie streckte sich im Rückspiegel selbst die Zunge raus und empfand ein kindisches Gefühl von Triumph. Sie hatte weder ihre gute Laune verloren noch hatte sie ihm seinen Willen durchgehen lassen. Sie hatte einfach gesagt, was sie

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