Moerderische Schaerennaechte
gemeldet?«, fragte Margit.
Martinger schüttelte den Kopf und sah Margit mitleidig an, als habe sie keine Ahnung, wovon sie redete.
»Sie müssen wissen, dass die Zeiten damals anders waren. Die Macht der Offiziere war grenzenlos, wir fürchteten sie mehr als den Feind. Niemand wagte, irgendwen oder irgendwas zu melden. Kaufman war ein großer, kräftiger Kerl, aber vor Cronwall hatte er eine Heidenangst. Alle hatten die. Keiner hätte im Traum daran gedacht, sich mit ihm anzulegen.«
Jetzt klang Martinger resigniert.
»Herrgott, wir wagten nicht einmal, uns krank zu melden. Dafür war ein bestimmtes Formular nötig, und das musste zuerst ihm vorgelegt werden. Was glauben Sie wohl, was er damit gemacht hat?«
Margit warf einen schnellen Blick zu Thomas.
»Er hat es natürlich zerrissen. Schwäche wurde mit Verachtung beantwortet, man hatte gefälligst Härte zu beweisen.«
Thomas hatte das sichere Gefühl, dass Martinger kein Mörder war. Kihlberg auch nicht. Er konnte sich auf den ersten Eindruck, den er von dem Feuerwehrmann erhalten hatte, verlassen.
»Können Sie uns sagen, was mit Pär Andersson passiert ist?«, fragte Margit.
Ein schwerer Seufzer.
»Andersson, der arme Teufel«, sagte Anders Martinger. »Er hat sich auf Korsö umgebracht. In der letzten Nacht, bevor wir die Insel verließen.«
»Wissen Sie, warum er das getan hat?«
Der Flugkapitän strich sich langsam übers Kinn. Nach einer Weile sagte er:
»Andersson hat sich beim Abschlussmanöver blamiert. So richtig bis auf die Knochen, sodass es auf die ganze Gruppe zurückfiel. Er baute Mist, und wir bekamen den Anschiss unseres Lebens. Cronwall tobte. Als wir nach Korsö zurückkamen, waren alle hundemüde und stocksauer. Wir haben Andersson an diesem Abend geschnitten, anders kann man es nicht sagen.«
Seine Stimme war leiser geworden. Er wandte den Blick ab, während er weitersprach.
»Zu allem Überfluss war er auch noch krank, und es ging ihm saumäßig schlecht … Aber ich hätte nie gedacht, dass er sich das so zu Herzen nehmen würde, keiner hätte das. Es war ein echter Schock. Ich habe mir die größten Vorwürfe gemacht, genau wie alle anderen.«
»Gab es irgendwelche Anzeichen, dass er so veranlagt war?«, fragte Margit. »Hatte er je von Selbstmord gesprochen oder früher mal psychisch versagt?«
Martinger fuhr sich mit der Zunge über die Lippen.
»Andersson war so was wie der Sündenbock. Cronwall hat sich meistens ihn herausgepickt. Andersson bekam die schlimmsten Strafen und die miesesten Arbeiten aufgebrummt. Manchmal war es der reine Terror. Aber ich habe ihn nie von Selbstmord reden hören.«
Er rutschte etwas tiefer auf seinem Stuhl. Seine Schultern hingen.
»Mir wäre niemals der Gedanke gekommen, dass er sich umbringen könnte. Aber sein Tod macht mir seitdem sehr zu schaffen. Es fällt mir immer noch schwer, darüber zu sprechen.«
Der Ausdruck auf Martingers Gesicht war nackt. Echte Trauer lag darin, selbst jetzt noch, nach so vielen Jahren.
»Cronwall hat ihn an dem bewussten Morgen gefunden«, sagte Thomas. »Waren Sie dabei?«
»Nein, wir sollten am selben Tag nach Rindö zurückkehren. Wir waren ja gerade vom Abschlussmanöver gekommen. Vierzehn anstrengende Tage im Schärengarten, die ganze Küstenartillerie nahm daran teil. Wir waren vollkommen erledigt, und ich fiel gleich nach dem Abendessen ins Bett, wie wohl die meisten von uns. Früh am nächsten Morgen weckte Kihlberg mich und erzählte, dass Andersson tot im Duschraum gefunden worden war.«
Martinger schloss die Augen, als sähe er die Szene wieder vor sich.
»Sie wissen also nicht, was in der Nacht passiert ist?«, fragte Margit.
»Nein. Wir hatten in diesen zwei Wochen wenig Schlaf bekommen, ich war erschöpft.«
Anders Martinger wurde grau im Gesicht.
»Kann ich ein Glas Wasser haben?«, sagte er. »Ich bin die ganze Nacht geflogen und ziemlich geschafft.«
Thomas erhob sich und ging auf den Flur. Ein paar Meter weiter sah er eine Teeküche mit einem hellblauen Wasserbehälter auf einem Ständer. Er füllte einen Becher und ging damit zurück.
»Vielen Dank«, sagte Martinger.
Er trank in großen Schlucken und stellte den Plastikbecher ab.
»Wir haben versucht, Ihre ehemaligen Kameraden ausfindig zu machen«, sagte Thomas. »Eine Person können wir nicht lokalisieren, Stefan Eklund. Wissen Sie, wo er sich aufhält?«
»Leider nein. Wie ich schon sagte, habe ich im Laufe der Jahre überwiegend mit Leif Kihlberg Kontakt gehabt.
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