Moerderische Schaerennaechte
Nassraum war von älterem Standard, weiße quadratische Fliesen bedeckten die Wände. Das Emaille der Badewanne war fleckig. Thomas ging näher und berührte die Oberfläche. Sie war knochentrocken.
Sicherheitshalber strich er mit einem Finger über den Abfluss, fand aber auch hier keine Spur von Feuchtigkeit. Tatsächlich roch es im Bad leicht nach Kanalisation, so als wäre der Wasserstand im Ablaufknie weggetrocknet. In dieser Wanne hatte schon lange niemand mehr gebadet.
Thomas sank auf den Toilettensitz und stützte den Kopf in die Hände.
Wenn Robert Cronwall nicht im Haus war, wo war er dann?
Als Thomas wieder nach unten kam, saßen Birgitta Cronwall und Margit immer noch in der Küche. Er blickte Margit an und schüttelte den Kopf.
»Nichts«, sagte er leise und setzte sich.
Birgitta Cronwall wand sich unbehaglich auf ihrem Stuhl.
»Robert hat Sie angelogen«, sagte sie scheu.
»Worüber?«, fragte Margit.
»Er hat Ihnen doch erzählt, er hätte diesen Studenten, Marcus Nielsen, nie getroffen. Aber das stimmt nicht.«
Thomas fluchte stumm in sich hinein. Er hätte Cronwall bei ihrem letzten Besuch härter in die Zange nehmen müssen.
Laut sagt er: »Nicht?«
»Nein, Marcus Nielsen war eines Abends hier und hat mit Robert gesprochen. Sie haben ziemlich lange in der Bibliothek gesessen und sich unterhalten.«
»Wann war das?«
Statt einer Antwort stand Birgitta Cronwall vom Tisch auf und ging zu einem Wandkalender, der neben dem Kühlschrank hing. Mit dem Zeigefinger suchte sie nach einem Datum. Ohne sich umzudrehen, sagte sie:
»Das war am vierzehnten September, einem Freitagabend.«
Der vorletzte Tag, an dem Marcus Nielsen lebend gesehen worden war, dachte Thomas.
»Sind Sie sicher?«, fragte Margit.
»Ja. Wir sehen Freitagabends immer ›Wer wird Millionär‹, diese Ratesendung«, sagte Birgitta Cronwall. »Kurz bevor es anfing, klingelte Marcus an der Tür.«
Sie setzte sich wieder an den Küchentisch.
»Um ehrlich zu sein, habe ich mich ziemlich geärgert. Ich fand es unhöflich, uns an einem Freitagabend zu stören, aber offenbar hatte Robert ihm gesagt, dass er um die Zeit kommen sollte.«
»Und was das Datum angeht, sind Sie ganz sicher?«, fragte Thomas.
Birgitta Cronwall nickte.
»Ja. Es war die erste Sendung der neuen Staffel. Am Wochenende darauf waren wir bei Freunden in Gävle, deswegen haben wir die Sendung da verpasst. Ich erinnere mich genau daran, dass es dieser Tag war.«
»Wissen Sie, worüber die beiden gesprochen haben?«, wollte Margit wissen.
»Nein, leider nicht.«
»Sie haben von dem Gespräch nichts mitbekommen?«
Birgitta Cronwall machte ein pikiertes Gesicht, so als hätte Margit ihr unterstellt, heimlich zu lauschen.
»Ich habe geklopft, um Robert daran zu erinnern, dass die Sendung begonnen hatte. Da hat er gesagt, und zwar ziemlich unfreundlich, dass ich sie in Ruhe lassen soll. Als ich die Tür öffnete, hörte ich den jungen Mann nach etwas fragen, das anscheinend mit Roberts Zeit bei den Küstenjägern zu tun hatte.«
»Was war das? Bitte versuchen Sie sich zu erinnern«, sagte Margit. »Es könnte wichtig sein.«
»Ich glaube, er erwähnte einen Namen, Pär oder Peter.«
Pär Andersson, dachte Thomas. Er hat nach Pär Andersson gefragt, der ihrem Mann beim Militär unterstellt war. Derselbe Pär Andersson, der sich auf Korsö das Leben genommen hat, nachdem er von ihrem Mann bestraft worden war.
»Haben Sie eine Ahnung, warum Ihr Mann uns das verschwiegen hat?«, fragte Margit.
Birgitta Cronwall biss sich auf die Lippe und antwortete nicht.
»Sie wissen, dass Marcus Nielsen zwei Tage später tot in seinem Studentenzimmer gefunden wurde?«, fuhr Margit fort.
»Wir glauben, dass er in der Nacht von Samstag auf Sonntag gestorben ist«, ergänzte Thomas.
Birgitta Cronwall begann wieder zu weinen, aber jetzt versuchte sie nicht, ihre Tränen wegzuwischen.
»Robert war in der Nacht nicht da«, sagte sie mit zitternder Stimme.
Thomas und Margit wechselten einen Blick.
»Er ist gegen elf Uhr abends weggefahren und erst nachts um zwei zurückgekommen. Er dachte sicher, ich schlafe, ich nehme oft eine Tablette, weil ich so schlecht schlafen kann, aber ausgerechnet an diesem Samstag hatte ich keine genommen. Deshalb hörte ich, wie er den Motor anließ und wegfuhr.«
Auf Birgitta Cronwalls Hals hatten sich rote Flecken ausgebreitet, und sie knetete nervös ihre Finger.
»Ich habe auch gehört, wie er wiederkam. Er ist nicht sofort nach oben ins
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