Moerderische Schaerennaechte
Schlafzimmer gegangen, sondern hat noch mehrere Stunden in der Bibliothek gesessen und Whisky getrunken. Irgendwann muss ich eingedöst sein, aber ich bin aufgewacht, als er ins Bett kam. Da war es viertel nach vier.«
»Woher wissen Sie, dass es Whisky war?«, fragte Thomas gespannt.
»Weil er geschnarcht hat, das macht er nur, wenn er Whisky getrunken hat. Außerdem standen ein Glas und eine leere Flasche Maltwhisky im Wohnzimmer, als ich morgens nach unten gegangen bin.«
Margit blickte Birgitta Cronwall scharf an, bis diese die Augen niederschlug.
»Ist Ihnen eigentlich klar, wie schwerwiegend es ist, dass wir das nicht früher erfahren haben?«, sagte sie. »Sie haben der Polizei bewusst eine wichtige Information vorenthalten.«
»Ich weiß«, flüsterte Robert Cronwalls Frau. »Aber Robert hat gesagt, ich soll mich nicht einmischen. Er hat gesagt, dass wir nur unnötig in die polizeilichen Ermittlungen hineingezogen werden, wenn wir von Marcus Nielsens Besuch erzählen. Er hat gesagt, es ist nicht wichtig.«
Ihre Stimme versagte. Ihr Gesichtsausdruck bettelte um Verständnis bei den beiden Polizisten.
»Verzeihen Sie mir, ich habe es nicht besser gewusst … Ich mache mir solche Sorgen. Wo kann Robert nur sein?«
Thomas wollte gerade etwas sagen, um sie zu beruhigen, als Birgitta Cronwall die Hand vor den Mund schlug.
»Wenn er nun tot ist!«, rief sie aus. »Was, wenn Robert ermordet wurde!«
Tagebucheintrag Juli 1977
Wir waren einige Stunden gepaddelt, als sich im Westen große Gewitterwolken auftürmten. Wir hatten Kapellskär passiert und wollten gerade den Svartlögafjärden überqueren, da brach der Regen los. Und dann frischte der Wind mächtig auf.
Ohne Vorwarnung brach eine Welle seitwärts über uns herein und warf uns aus dem Kurs. Ich saß im Bug und Andersson hinter mir. Mein Paddel verklemmte sich unter dem Rumpf und wir neigten uns kräftig zur Seite.
»Lass das Paddel los«, hörte ich Andersson hinter mir rufen. »Lass das verdammte Paddel los, bevor wir umkippen.«
Wie in Zeitlupe begann das Kanu zu kentern.
Ich konnte beinahe schon spüren, wie die Wellen über meinem Kopf zusammenschlugen. Ich war halb blind vom Regen, der auf uns herabprasselte, und die Kleidung war klitschnass. Ich zerrte am Paddel, um es loszubekommen.
Gerade als das Kanu umzuschlagen drohte, warf Andersson sich über den aufragenden Rand, um es herunterzudrücken. Das Paddel kam frei, und wunderbarerweise kippte der Rumpf zurück. Wir krängten noch mal zur anderen Seite, und dann lag das Boot wieder flach im Wasser.
»Scheiße«, brüllte Andersson mir ins Ohr. »Das war knapp.«
Weiter hinten sah ich mehrere andere Kanus, die gekentert waren. Eins davon wurde gegen die Klippen der Bucht geworfen, die wir durchqueren sollten. Aber Kihlberg und Martinger, die ebenfalls im Meer schwammen, schafften es, in ihr Kanu zurückzuklettern.
Die Wellen trieben uns auf die Klippen zu, aber wir kamen mit heiler Haut durch die Strudel, ohne zu kentern.
Wir sind weit draußen vor der Küste, im Schärengarten von Nassa. Die Kanus liegen im Schilfgürtel am Strand, und die Steine, auf denen wir heute Abend sitzen, sind immer noch warm von der Nachmittagssonne.
Hungern müssen wir nicht. Wir konnten genug Fische fangen, um satt zu werden, und wir haben Moltebeeren gefunden, die wir mit gelb gefärbten Fingerspitzen in uns hineinstopfen.
Andersson hatte am meisten Glück mit dem Angeln. Er ist geschickt darin, die Leine genau dort auszuwerfen, wo der Heringsschwarm hinsteuert, und er holt einen silberglänzenden Fisch nach dem anderen aus dem Wasser. Es ist, als würde er spüren, wann die Fische nach dem Haken schnappen. Er spannt den Körper an wie eine sprungbereite Katze und zieht genau im richtigen Moment an der Schnur.
»Was hätten wir nur ohne dich gemacht, Andersson!«, rief Martinger nach dem Essen aus.
Wir hatten in einer Felsspalte am Ufer ein Feuer angezündet und die Fische über der Glut gebraten. Nicht ein Krümel ist übrig geblieben.
Andersson straffte die Schultern, und sein roter Kopf verriet, dass er sich über das Lob freute. Im schummrigen Abendlicht sah er zufrieden aus.
Wir haben es ihm zu verdanken, dass wir alle satt geworden sind.
Im Nordwesten steht der Himmel in Flammen. Die Sonne hängt wie ein roter Ball tief über dem Horizont, und das Meer ist so blank und glatt, als hätte jemand ein Seidentuch darüber gebreitet.
Morgen kehren wir nach Korsö zurück, zwei in jedem Kanu.
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