Moerderische Sehnsucht
Yancy. Wir sind fertig. Besser kriegen wir es nicht mehr hin.«
Er schickte ihr die Skizze zu, die etwas genauer als der Ausdruck in ihrer Tasche war. Die Brauen saßen etwas höher, der Mund war etwas weicher und die Nase wirklich etwas kürzer. » Gut. Schicken Sie sie raus. Geben Sie Whitney Bescheid und sagen ihm, dass Nadine Furst das Bild fünf Minuten früher als die anderen bekommen soll.«
» Okay.«
» Gute Arbeit, Yancy.«
» Sieht wie ein netter Opa aus«, bemerkte Peabody. » Wie jemand, der den Kindern Süßigkeiten schenkt. Was die Sache aus irgendeinem Grund noch schlimmer macht.«
Harmlos. Trina hatte gesagt, er hätte harmlos ausgesehen. » Er wird sein Bild im Fernsehen sehen. Irgendwann in den nächsten Stunden, spätestens morgen wird er sein Bild im Fernsehen sehen. Dann weiß er, dass wir ihm dichter auf den Fersen sind als je zuvor.«
» Das macht Ihnen Angst.« Peabody nickte verständnisvoll. » Denn vielleicht bringt er Rossi und Greenfeld vor lauter Panik auf der Stelle um und taucht anschließend wieder ab.«
» Vielleicht. Trotzdem müssen wir das Bild rausbringen. Falls er eine andere Frau ins Visier genommen und vielleicht sogar schon angesprochen hat und sie das Bild im Fernsehen sieht, kann ihr das nicht nur das Leben retten, sondern uns vielleicht direkt zu diesem Bastard führen. Wir haben also keine andere Wahl. Wir haben keine andere Wahl.«
Trotzdem dachte sie an Rossi, die inzwischen seit fast zwanzig Stunden in der Hand des Killers war.
Da das Phantombild das Beste war, was sie zu bieten hatte, legte Eve es zahllosen Verkäufern und Verkäuferinnen, Anwohnern, Bettlern und Betreibern von Schwebegrills und anderen Ständen auf der Straße vor.
» Er scheint unsichtbar zu sein.« Peabody rieb ihre kalten Hände aneinander, während sie mit Eve zum Starlight fuhr. » Wir wissen, dass er in der Gegend und in dem Fitnessstudio war, aber niemand hat ihn dort gesehen.«
» Niemand hat auf ihn geachtet, vielleicht ist genau das Teil s eines Problems. Dass er immer ignoriert oder übersehen worden ist. Deshalb hat er eine Möglichkeit gesucht, endlich auch einmal im Rampenlicht zu stehen. Die Frauen, die er kidnappt, foltert und ermordet, werden ihn ganz sicher nie wieder vergessen.«
» Na ja, aber sie sind tot.«
» Das ist ihm egal. Bis dahin sehen sie ihn. Wenn man jemanden gefangen hält, fesselt, isoliert und ihm Schmerzen zufügt, ist man– wenigstens vorübergehend– für ihn der Mittelpunkt der Welt.« Sie wusste, wie das war. Weil auch für sie selbst acht Jahre lang ihr Vater der Mittelpunkt einer brutalen, Furcht einflößenden Welt gewesen war.
Seine Stimme, sein Gesicht, jede Einzelheit von ihm hatte sich ihr für alle Zeiten unauslöschlich eingeprägt. Und er tauchte immer noch mit grauenhafter Regelmäßigkeit in ihren Träumen auf.
» Er ist das Letzte, was sie sehen«, fügte sie hinzu. » Das verschafft ihm sicher einen ungeheuren Kick.«
Im Starlight spendeten bunte Lampen angenehm gedämpftes Licht, und das Orchester spielte eine verträumte Melodie. Auf der Tanzfläche drehten mehrere Paare ihre Runden, am Rand stand Zela in einem taillierten, roten Zweiteiler im Retro-Stil und gab aufmunternde Kommentare ab.
» Sehr geschmeidig, Mr Harrow. Ms Yo, entspannen Sie die Schultern. Ja, genau.«
» Tanzstunde«, erklärte Peabody, während Zela weiter Anweisungen gab. » Sie sind ziemlich gut. Aua«, fügte sie hinzu, denn im selben Augenblick trat einer der Männer, der eine schicke Fliege trug, seiner Partnerin schmerzhaft auf den Fuß. » Und irgendwie süß.«
» Oh ja, vor allem, wenn man bedenkt, dass einer von den Typen vielleicht nach dem Unterricht nach Hause tänzelt und dort seine letzte brünette Eroberung nach Kräften malträtiert.«
» Sie glauben, dass es einer von ihnen ist?« Peabody bedachte den eleganten Fliegenträger mit einem argwöhnischen Blick.
» Nein. Mit dem Starlight ist er fertig. Soweit wir wissen, hat er bisher nie zweimal im selben Teich gefischt. Aber ich bin mir total sicher, dass er in den letzten Wochen irgendwelche Frauen im Foxtrott oder so über die Tanzfläche gewirbelt hat.«
» Warum heißt das eigentlich Foxtrott?«, überlegte Peabody. » Natürlich trotten Füchse, aber es sieht nicht wie Tanzen aus.«
» Ich werde umgehend ein paar Kollegen darauf ansetzen, dieses Problem zu lösen. Auf jetzt.«
Sie marschierten die silberne Treppe hinunter, und als Zela sie entdeckte, nickte sie ihnen verstohlen
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