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Mörderische Tage

Mörderische Tage

Titel: Mörderische Tage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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Gegenwartsliteratur, über Geschichte, egal welche Epoche, über Länder, Menschen und Kulturen – und über Gott. Sie glaubte an Gott und führte des Öfteren den Einstein zugeschriebenen Ausspruch an: Gott würfelt nicht. Und sie fand Erklärungen für die Existenz Gottes, dieses höheren Wesens, das alles erschaffen hatte und lenkte. Rahel glaubte an die Evolution und an einen Gott, der mit Hilfe der von ihm geschaffenen Naturgesetze den Urknall an den Anfang alles Werdens gesetzt hatte, der aber auch Dinge zuließ, die der menschliche Verstand nicht begriff, weil Gott eben nicht zuließ, dass der Mensch Dinge begriff, die über seinen Verstand gingen.
    Wenn er sagte, nur an das zu glauben, was er mit seinen fünf Sinnen wahrnahm, entgegnete sie, es sei die dem Menschen gegebene Entscheidungsfreiheit, die über Wohl und Wehe anderer Menschen entscheide, selbst wenn es um hungernde, misshandelte, missbrauchte, scheinbar gestrafte Menschen, vor allem Kinder, ging. Sie sagte, dies sei nicht Gottes Wille, sondern der der Menschen. Er könne nicht eingreifen, weil er den Menschen eben diese Entscheidungsfreiheit gegeben habe. Ja, aber er müsse doch eingreifen, wenn Unrecht geschieht, sagte er dann, weil ihm nichts anderes einfiel, doch sie entgegnete, er könne nicht eingreifen, weil es die Menschen seien, denen der Verstand gegeben wurde, und er nur zusehe, wie sie mit diesem Verstand umgingen.
    Er hatte nie richtig an Gott geglaubt, doch wenn sie argumentierte, warum es ihn geben musste, fand er keine Gegenargumente, obwohl er gerne welche gehabt hätte. Er hatte sich schon früher mit Gott beschäftigt, ohne eine befriedigende Antwort zu erhalten, weshalb er es schon vor vielen Jahren vorgezogen hatte, nicht an ein höheres Wesen zu glauben. Dennoch hatte er vor allem in den letzten drei Jahren regelmäßig die Kirche besucht, während sie der Meinung war, dass sie keine Kirche brauche, um zu glauben, das Problem sei die Heuchelei der Menschen, die vorgäben zu glauben, aber im Alltag kläglich versagten. Deshalb zog sie es vor, ihren Glauben allein zu leben, gestattete ihrem Mann jedoch, seine Erfahrungen in der Kirche zu sammeln. All dies und noch viel mehr machten Rahel zu einer besonderen Frau.
    Er empfand eine Menge für sie, weil sie sich wohltuend von der Masse abhob. Sie war schön. Bildschön. Das Schönste unter Gottes weitem Himmel. Und da war immer wieder ihr warmes, weiches Lachen. Und ihre leicht gebräunte Haut und die langen braunen Haare, die, wenn sie wie eine Nixe aus dem Wasser stieg, durch die Nässe noch dunkler wirkten … Sie war in der Tat der einzige Mensch auf der ganzen Welt, für den er etwas empfand. Und sie gehörte ihm allein, nur ihm. Nie würde irgendjemand sie ihm wegnehmen. Denn sie war die einzige echte Herausforderung in seinem Leben. An Rahel konnte er sich messen, was ihm bei anderen Menschen unmöglich war, entweder waren sie zu oberflächlich oder schlicht zu dumm. Und er war sicher, dass sie durch ihr verlorengegangenes Augenlicht noch intensiver alles um sich herum aufsog, noch wissbegieriger geworden war und ihr Verstand von Tag zu Tag schärfer und analytischer wurde. Manchmal dachte er, die Zeit wird kommen, da sie wie ein schwarzes Loch alles in ihrer Nähe verschlingen wird, weil niemand ihr mehr das Wasser reichen kann. Und er wusste, er würde sich anstrengen müssen, um mit ihrem Tempo mithalten zu können, denn sie war um einiges jünger.
    Sie stieg aus dem Pool, hob ihre Sachen auf und bewegte sich nackt auf ihn zu, als wäre es das Selbstverständlichste der Welt, während das Wasser an ihr abperlte und sie sich schließlich in den Liegestuhl setzte.
    »Musst du nicht los?«, fragte sie, während sie sich mit den Händen durch das nasse Haar fuhr, den Kopf zurücklehnte und die Sonne genoss.
    Er warf einen Blick auf die Uhr. »Ja, gleich.«
    »Und wann darf ich dich zurückerwarten?«
    »Ich werde zum Abendessen wieder hier sein, und falls ich mich verspäten sollte, ruf ich an«, antwortete er lächelnd, was sie nicht sah, aber spürte.
    »Wie spät ist es?«
    »Gleich drei.«
    »Dann solltest du aber mal in die Gänge kommen, du weißt, dass wir heute Abend Gäste erwarten. Das hast du doch nicht etwa vergessen, oder?«
    Er klatschte sich an die Stirn: »Ich hab's tatsächlich vergessen, tut mir leid. Aber gut, dass du mich daran erinnerst. Wann wollten Wolf gang und Sylvia kommen?«
    »Um acht. Du wirst vergesslich, mein Lieber, oder du hörst nicht mehr

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