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Mörderische Tage

Mörderische Tage

Titel: Mörderische Tage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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auch eine Belohnung. Wie war's mit einem opulenten Mahl, damit du deine Kraft nicht verlierst?«
    »Gerne«, antwortete sie knapp.
    »Ist dir noch kalt?«
    »Es geht, man gewöhnt sich daran. Wie lange werde ich hierblieben müssen, Professor?«, fragte sie mit beinahe stoischer Ruhe, ganz anders als gestern, als sie geschrien und gewimmert hatte und sich schließlich aus lauter Verzweiflung auf ihn stürzte. Sie hatte den Schlag in den Bauch und die anschließende Vergewaltigung nicht vergessen, aber sie wusste, sie würde taktisch vorgehen müssen, um zu überleben. Sie würde alles tun, was er von ihr verlangte, und dabei ständig darüber nachdenken, wie sie ihn überlisten konnte. Alles, selbst wenn er jeden Tag Sex von ihr verlangte. Und dennoch würde sie einen klaren Kopf behalten. Sie hatte in ihrer Laufbahn als Lektorin zahllose Kriminalromane gelesen, und nun tauchten viele Sequenzen vor ihrem geistigen Auge auf, in denen die potenziellen Opfer ihren Peinigern am Ende überlegen waren, weil sie sich in deren abnorme Gedankenwelt versetzt hatten. Und genau dies würde sie versuchen. Er war raffiniert und äußerst intelligent, das hatte sie schnell begriffen. Gleichzeitig war ihr klar, dass sie es wahrscheinlich mit einem Serientäter zu tun hatte, der –wenn es stimmte, was er gesagt hatte – noch weitere Frauen hier gefangen hielt. »Du hast meine Frage nicht beantwortet«, sagte sie. »Wie lange?«
    »Schreib den Block voll, und dann sehen wir weiter«, antwortete er ein wenig verunsichert. Mit dieser Kühle und diesem Pragmatismus hatte er nicht gerechnet. Franziska Uhlig war die Erste überhaupt, die sich bereits nach wenigen Stunden, denn es waren kaum mehr als dreißig seit ihrer Entführung vergangen, so schnell in ihr Schicksal ergeben hatte, obgleich sie angeblich unter Klaustrophobie litt. Die anderen hatten ohne Ausnahme tagelang geschrien, nichts zu sich genommen, sich allen Befehlen und Aufforderungen störrisch widersetzt, bis ihr Wille schließlich gebrochen war und sie keine Kraft mehr hatten. Gebrochen wie wilde Mustangs, die erst zugeritten werden mussten. Nicht jedoch Franziska Uhlig, die selbst jetzt, während der Kegel der Taschenlampe über ihren Körper glitt, weiterschrieb. Ruhig und gefasst und ohne den Blick zu heben.
    »Hier ist Brot und Wasser, eine richtige Mahlzeit bekommst du später. Ich muss jetzt los. Nach Griesheim. Hab da was zu erledigen.«
    »Was?«, fragte sie mit zusammengekniffenen Augen.
     »Du bist so engagiert in der Kirche, das ist nicht normal. Es gibt auch ein Leben außerhalb der Kirche, wenn du verstehst, was ich meine. Bye, bye.«
    Er ließ die Tür ins Schloss fallen, rieb sich verwundert über das Kinn und schaltete die Taschenlampe aus. Was hat sie vor?, fragte er sich. Will sie mich in Sicherheit wiegen? Aber warum? Sie weiß doch, dass sie gegen mich keine Chance hat. Und warum hat sie nicht gefragt, welcher Tag heute ist oder wie spät es ist? Was auch immer sie plant, sie wird keinen Erfolg haben. Ich mache keine Fehler, ich habe bis jetzt noch nie einen gemacht.
    Er lächelte beruhigt, warf einen letzten Blick auf die Tür, hinter der Franziska Uhlig fleißig am Schreiben war, und öffnete die nächste. Zwei junge Frauen befanden sich in der Zelle, Paulina hielt eine Zigarette in der Hand und lief unruhig wie eine Raubkatze auf und ab, Karolina lag auf dem Bett, die Arme hinter dem Kopf verschränkt, und wirkte gelassen, als hätte sie sich mit ihrem Schicksal abgefunden und wartete nur darauf, dass endlich etwas passierte. Was, das schien ihr gleich zu sein, Freiheit, Leben oder Tod. Paulina war siebzehn, Karolina neunzehn Jahre alt. Beide nackt wie Franziska Uhlig, Karin Slomka und Pauline Mertens, die beiden Letzteren vegetierten seit fünf beziehungsweise vier Monaten in ihren Zellen dahin.
    Es war derselbe Anblick wie seit Dezember letzten Jahres. Er hatte Paulina und Karolina auf der Straße aufgegabelt, zwei Prostituierte aus Polen, die in dem irrwitzigen Glauben nach Frankfurt gekommen waren, in der Finanz- und Wirtschaftsmetropole das große Geld machen zu können. Er hatte sie zehn Tage lang beobachtet und festgestellt, dass sie nur sich und sonst niemanden hatten. Körperlich voll ausgereifte Frauen, im Geiste jedoch halbe Kinder, die pro Tag zehn bis fünfzehn Freier bedienten, wie sie noch im Auto freimütig bekannten. Er hatte gesagt, er wolle einen flotten Dreier bei sich zu Hause, und hatte dabei mit ein paar Hunderteuroscheinen

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