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Mörderische Tage

Mörderische Tage

Titel: Mörderische Tage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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richtig zu? Ich habe in letzter Zeit sowieso immer öfter das Gefühl, als wärst du manchmal gar nicht richtig da. Ich wüsste zu gerne, was in deinem Kopf vorgeht.«
    »Schatz, ich bin einfach überarbeitet. Ich höre dir zu, ich vergesse leider nur einiges. Tut mir leid. Es könnte sein, dass ich mich um ein paar Minuten verspäte, aber du wirst die beiden schon unterhalten.«
    »Was hast du eigentlich so Dringendes zu tun?«, fragte sie, als spürte sie, wie es in seinem Kopf rotierte.
    »Das, meine Liebe, kann ich dir leider nicht sagen.«
    »Oh, Geheimnisse. Was soll ich daraus schließen? Der erste Gedanke wäre natürlich, du hast eine Geliebte und willst so viel Zeit wie möglich mit ihr verbringen. Möglichkeit zwei, es ist etwas Berufliches. Und Möglichkeit drei, lass mich überlegen – du hast die Büchse der Pandora geöffnet und alles, was dir jetzt noch bleibt, ist die Hoffnung. Weißt du was? Ich glaube, Möglichkeit drei kommt am ehesten in Betracht«, sagte sie ohne eine Miene zu verziehen.
    »Wie kommst du denn auf diesen Blödsinn?«, fragte er, fühlte sich aber tatsächlich ein wenig ertappt. Seit ihrem Unfall verfügte sie über einen bisweilen unheimlichen sechsten Sinn, manchmal schien sie tief in sein Inneres blicken zu können. Und sie hatte den Nagel auf den Kopf getroffen, er hatte die Büchse der Pandora geöffnet, und das schon vor einer langen Zeit, nur, alles Böse war herausgeschossen und hatte von ihm Besitz ergriffen, und es gab keine Hoffnung mehr. Nicht für ihn, nicht in dieser Welt. Sie sah Dinge, obwohl sie blind war. Sie spürte Dinge, die anderen verborgen blieben. Und er fürchtete, sie würde eines Tages auch sein wahres Ich erkennen. Er hoffte, dieser Tag wäre noch fern, aber intuitiv spürte er, dass sie seinem dunklen Geheimnis bald auf die Schliche kommen würde.
    »Schatz, es ist beruflich, und ich verspreche dir, nicht später als Viertel nach acht hier zu sein. Du weißt doch, es geht um diese eminent wichtige Analyse.«
    Er gab sich betont ruhig und sachlich, auch wenn es in ihm brodelte wie in einem Vulkan. Zum ersten Mal, seit sie verheiratet waren, verspürte er so etwas wie Angst (obgleich ihm dieses Gefühl weitestgehend fremd war), hatte sie doch etwas ausgesprochen, was der Wahrheit erschütternd nahe kam. Einer Wahrheit, die ihm selbst Angst machte. Aber er wusste, wie er diese Angst besiegen konnte – und wenn es das letzte Mittel war. Doch so weit wollte er es nicht kommen lassen, dazu liebte er sie zu sehr. Rahel war die Frau seines Lebens, sein einziger Halt, aber er würde auch ohne sie leben und überleben können. Und er war der einzige Halt für sie. Aber sie hatte begonnen, in sein Inneres zu blicken, und er musste versuchen, dieses Innere besser zu verbergen.
     Er stand auf, gab ihr einen langen Kuss und sagte: »So, Schatz, ich muss los. Ich verspreche, möglichst pünktlich zum Abendessen wieder hier zu sein. Und du vergiss über dem Sonnenbad nicht deine Arbeit. Oder willst du wieder alles auf den letzten Drücker erledigen?«
    Ohne auf die letzte Bemerkung einzugehen, erwiderte sie: »Ich gebe dir die akademische Viertelstunde, aber keine Minute länger. Viertel nach acht bist du bitte hier. Wir sehen Wolfgang und Sylvia so selten, und sie sind die einzigen richtigen Freunde, die wir haben. Also, verdirb uns den Abend nicht.«
    »Keine Sorge. Ich muss jetzt aber wirklich los, die andern warten bestimmt schon.«
    »Ja, ja, verschwinde und lass mich mal wieder allein«, sagte sie lachend. »Aber irgendwann werde ich mir einen Hausfreund zulegen, damit du Bescheid weißt.«
    »Solange es nur ein Freund ist«, erwiderte er ebenfalls lachend, während die Angst allmählich wich. »Wenn es jedoch mehr wäre als nur Freundschaft, ich würde den Kerl umbringen, und zwar genüsslich und ganz, ganz langsam. Nur damit du Bescheid weißt.«
    »Oh, gut, dass du mir das sagst. Da muss ich ja noch vorsichtiger sein.«
    »Ja, das würde ich dir raten.« Er schwieg eine Weile und fügte dann leise hinzu: »Aber soll ich dir was sagen – ich liebe dich. Ich liebe dich, wie ich noch nie einen Menschen geliebt habe. Ohne dich wäre mein Leben nichts wert, im Prinzip noch weniger als nichts. Mein Leben wäre ein Vakuum.«
    Auch sie wurde schlagartig ernst, als sie den Kopf in seine Richtung drehte: »Ich hoffe, du sagst die Wahrheit. Ich liebe dich auch, denn welcher Mann würde es schon so lange mit einer behinderten Frau aushalten, wo er doch an jedem

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