Mörderische Vergangenheit (German Edition)
Köpfe über Keppler. Der erschien ihnen als einzige Katastrophe, ihre bevorzugten Kandidaten brachten hingegen die idealen Voraussetzungen für den Einsatz mit. Nummer Eins war Olympiasieger im Zehnkampf mit leicht unnatürlich ausgeprägter Muskulatur, Nummer Zwei eine Leihgabe vom staatlichen Raumfahrtprogramm,
„Und Nummer Drei ist tot!“, ergänzte Hong.
„Sehen Sie sich diese Prachtburschen an! Vorbilder an physischer Belastbarkeit, Charakterstärke und Linientreue!“ hielt der General dagegen. Der Politoffizier stimmte dieser Einschätzung natürlich zu,
„ Ihr Favorit steht für das korrupte, dekadente System des Westens.
Er ist eine Beleidigung für unser Programm!“
„Und vielleicht eines Tages unsere letzte Chance!“, glaubte Doktor Hong.
D er Präsident sah aus dem Fenster in den Rosengarten seines Amtssitzes. Doch er hatte keine Augen für die Blumen. Seine Gedanken kreisten um die größte Prüfung seiner noch jungen Amtszeit. Alles lief auf eine Entscheidung hinaus. Auf die Frage, ob der Krieg mit den Asiaten noch zu verhindern war, oder er am Ende auf den roten Knopf drücken und damit eine nukleare Katastrophe auslösen musste. Denn die Gegenseite besaß ein fast ebenso großes Waffenarsenal. Würden sich die wenigen Überlebenden an ihn später einmal als den Vater der Apokalypse erinnern? Oder an einen großen Staatsmann, der sein Volk zum Sieg geführt hatte? Er war weit gekommen, von einem ärmlichen Elternhaus bis in den Amtssitz des mächtigsten Mannes der Welt. Er hatte seinem Land in einem wenig ruhmreichen Krieg gedient, sich nach jahrelanger Gefangenschaft nach Hause geschleppt, in eine einflussreiche Familie eingeheiratet und seine krebskranke Frau jahrelang bis zu ihrem qualvollen Ende gepflegt. Seinem Stabschef kamen bei dieser Geschichte jedes Mal die Tränen. Und es gab ja auch einige Anzeichen dafür, dass sie sich tatsächlich genauso zugetragen hatte. Präsident Erickson war nach Meinung fast aller Bürger im Land genau der richtige Anführer in schwierigen Zeiten.
„Ich werde mi ch nicht unter der Erde verkriechen!“, rief er dem Stabschef zu, der ihn in den Befehlsbunker begleiten wollte, „Zumindest jetzt noch nicht!“
Der Stabs chef bebte förmlich vor Bewunderung für seinen Präsidenten.
„Was würden wir bloß ohne ihn tun?“, fragte er sich.
„Was sollen wir bloß mit diesem Versager anfangen?“, flüsterte ein Techniker im sechzehnten Untergeschoss des Bergbunkers irgendwo in Asien einem Kollegen zu. Mit zusammengekniffenen Augen sah er sich die bedenklichen Vitalfunktionen Kepplers an, der überhaupt erst nach einigen Faustschlägen in die Zentrifuge gestiegen war. Jetzt drehte er in der kleinen Kapsel Runde um Runde, während die Erdbeschleunigung stetig zunahm. Keppler musste sich immer wieder übergeben. Sein Mageninhalt klebte am Sitz, am Fenster und in seinem Gesicht, der Gestank war entsetzlich. Bei achtfacher Erdbeschleunigung waren auch einige Äderchen geplatzt und aus seiner Nase lief etwas Blut. Seine Haare hatten sie ihm bereits abrasiert wie einem Lagerhäftling, im geheimen Programm der Asiaten durfte er nicht einmal seinen falschen Namen tragen.
„Sie sind ab sofort Nummer Vier!“, erklärte ihm Doktor Hong, als ihn zwei Soldaten aus der Kapsel zogen, „Christian Keppler gibt es jetzt nicht mehr!“
„I ch konnte den Kerl sowieso nie besonders leiden!“, sagte Nummer Vier,
„Aber kann i ch nicht Nummer Drei sein, die müsste doch freigeworden sein?“
„Das geht aus bu chhalterischen Gründen nicht!“, scherzte Doktor Hong.
Der Gefangene wollte es nun endlich wissen.
„Ich habe immer noch diese Frage an Sie!“
„Fragen Sie ruhig!“, erlaubte der Wissens chaftler.
„Gut. Was zum Geier wollen Sie von mir? Werden Drogenhändler jetzt auf den Mond ges chossen oder so was?“, fragte Nummer Vier. Doktor Hong winkte ab.
„Nein, bei uns werden sie normalerweise mit einem Geni ckschuss getötet. Doch Ihre Verbrechen haben für uns keine Bedeutung. Wir müssen Ihre körperliche Belastbarkeit überprüfen!“
Der Mann, der si ch bis vor kurzem Keppler genannt hatte, wischte sich mit dem Ärmel seines Overalls Blut und Kotze aus dem Gesicht,
„Und, habe i ch bestanden?“
„Nein! Aber das hat ebenfalls keine Bedeutung. I ch brauche Sie aus einem ganz anderen Grund. Und ich werde Sie einsetzen, wenn die Zeit gekommen ist!“
„Einsetzen wozu?“
„Um jemanden für uns zu töten!“,
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