Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mörderische Verstrickungen

Mörderische Verstrickungen

Titel: Mörderische Verstrickungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A George
Vom Netzwerk:
fahre. Bye, Schwesterherz.«
    »Warte eine Minute.«
    »Was?«
    Ich konnte praktisch das Räderwerk in ihrem Gehirn mahlen hören.
    »Ich schwöre, ich verzeih dir, dass du meine Shirley-Temple-Puppe verloren hast.«
    Ich wusste, dass sie log. Bis ins Grab würde sie mir das vorhalten. »Sechsundfünfzig Locken, Patricia Anne«, sagte sie jetzt bereits seit fünfundfünfzig Jahren. »Sechsundfünfzig perfekte kleine Locken und diese feinen roten Lederschühchen mit dem Knopf, und du hast sie verloren.«
    Die Tatsache, dass sie auch nur erwähnt hatte, sie wolle mir die Sache mit Shirley Temple vergeben, ein Verbrechen, das ich mich nicht erinnerte, jemals begangen zu haben, zeigte mir jedoch, wie verzweifelt sie war.
    »Lass Richard sie doch fahren«, sagte ich.
    |243| »Aber Virgil rechnet mit mir.«
    »Virgil hat einen Bierbauch. Du kannst jetzt nichts mehr über den von Fred sagen.«
    Schweigen. Dann: »Ich weiß, aber das ist okay.«
    Natürlich fuhr ich am Ende mit den beiden. Vielleicht hatte ich den Verstand verloren und sah tatsächlich eine geringe Chance, dass Schwesterherz mir die Shirley-Temple-Sache wirklich verzeihen würde. Vielleicht wirkte ja noch immer der Jetlag nach. Oder, Gott bewahre, ich hatte einfach nie herausgefunden, wie ich Schwesterherz davon abhalten konnte, mich herumzukommandieren. Ich denke, ich wusste, welches »Vielleicht« zutraf.
     
    Also fuhren wir drei alten Damen an diesem trüben Tag in einem Jaguar zurück auf die Interstate 59.   Ich wurde allmählich mit der Gegend vertraut.
    Virginia versuchte unablässig, den Radiosender zu wechseln und Tanzmusik einzuschalten, aber das Gerät schaltete jedes Mal sofort zum Klassiksender zurück.
    »Irgendwas ist kaputt daran«, meinte Virginia.
    »Hat einen guten Geschmack«, sagte Mary Alice, während sie mit der Hand die Bedienungsknöpfe am Steuer verdeckte.
    »Puhh.« Virginia gab das Radio auf, zog ihre Schuhe aus und legte die Füße aufs Armaturenbrett. Mit den Fingern spielte sie ein Klavierstück auf ihren schwarz behosten Knien. Ich versuchte das Lied zu erraten und kam am Ende zu dem Ergebnis, dass es entweder »Jingle Bells« oder »Chopsticks« war.
    »Hast du was von diesem Gordon gehört?«, fragte ich.
    Virginia ließ keine einzige Note aus. »Er ist wieder zu Hause in Seattle. Es geht ihm gut.«
    |244| Das Stück wechselte. Virginias Daumen glitten über ihre Knie. Ein Tango?
    »Ich glaube aber nicht, dass er wettbewerbstauglich war. Er hatte Gummigelenke.«
    »Schade«, sagte Mary Alice.
    Virginia blickte sie argwöhnisch an, entschied, dass Schwesterherz wirkliches Mitgefühl mit ihr empfand, und pflichtete ihr bei. Ja, das war schade. Speziell beim Jitterbug. Da konnte man keine solchen Knie gebrauchen, die plötzlich in einem merkwürdigen Winkel abstanden.
    »Wie alt war dieser Mann?«, fragte Mary Alice.
    »Hoch in den Sechzigern. Vielleicht siebzig.«
    »Bist du dir sicher, dass er nicht eher Zitterknie als Gummiknie hatte?«
    »Hä? Du glaubst, das kann ich nicht unterscheiden?« Virginia fuhr mit dem Klavierspielen fort. Als wir in Ashville ankamen, wo die Nebenstelle des Sheriffbüros war, spielte sie meines Erachtens nach den »Hummelflug«.
    »Ich bin nervös«, gab sie zu, als Mary Alice auf einen Parkplatz einbog, der für Besucher reserviert war.
    »Dafür gibt es keinen Grund«, sagte ich. »Sheriff Stuckey ist ein netter Mann, und ich hole euch in etwa einer Stunde wieder ab.«
    Die Reaktion war wie erwartet. Schwesterherz rumste gegen den Bordstein.
    »Zum Teufel, Mary Alice«, brummte Virginia. »Fahr doch gleich in das Haus!« Sie hatte sich gebückt, um ihre Schuhe anzuziehen, und war mit dem Kopf gegen das Armaturenbrett gestoßen. Sie klappte die Sonnenblende herunter und besah sich ihre Stirn im Spiegel. »Wahrscheinlich bekomme ich jetzt eine Beule.«
    »Nein, bekommst du nicht. Und wir sind in etwa einer |245| Stunde zurück. Eher in anderthalb, weil wir ja diesen Berg da hochmüssen.«
    »Ich dachte, du kämst mit mir rein.«
    »Patricia Anne fährt Briefkästen über den Haufen.«
    »Tatsächlich?« Virginia blickte nach hinten zu mir. »Weshalb?«
    »Ich habe mal einen Briefkasten gerammt, als ich fünfzehn war und gerade Fahren lernte«, sagte ich.
    »Reines Glück. Sie hat es auf alle abgesehen. Und jetzt denkt sie, sie könnte mich austricksen, und ich würde sie meinen Jaguar fahren lassen.«
    »Du liebe Zeit.« Virginia nahm ihre Tasche und öffnete die Tür. »Wollt ihr nicht

Weitere Kostenlose Bücher