Mörderische Verstrickungen
daran gewöhnen, Mutter zu sein, wofür ich mich aber glücklich schätzen kann.«
»Apropos.« Ich griff in meine Handtasche und nahm den Zellophanbeutel mit der Kamee heraus. »Ich denke, es wird Sie freuen, dass das hier wieder aufgetaucht ist.«
Betsy nahm den Beutel entgegen. Ihre Augen weiteten sich.
»Die Kamee«, flüsterte sie.
Sie öffnete den Beutel, nahm die Kamee heraus und presste sie an ihre Wange. Es war anrührend.
»Oh, danke, Mrs Hollowell. Vielen Dank.«
»Keine Ursache, Betsy. Ich bin so froh, dass sie gefunden wurde.«
»Wo war sie? In der Kirche?« Sie hielt die Kamee mit ausgestreckter Hand vor sich hin. »Ich habe jeden Zentimeter der Kirche abgesucht.«
»Sie war in Virginias Auto«, sagte ich zögerlich.
»In dem Auto, in dem man Monks Leiche gefunden hat?« Ihre Hände umklammerten die Kamee.
»Zwischen den Sitzen.«
|249| Das »Oh«, das Betsy entwich, war mehr wie ein Hauch. Das Blut wich aus ihrem Gesicht; sie sprang auf und rannte den Flur hinunter zur Toilette.
Mary Alice wandte sich zu mir um. »Sie ist total aufgelöst«, erklärte sie, ganz als wäre mir das Offensichtliche entgangen.
»Ja, natürlich ist sie das, Schwesterherz. Sie hat mich nicht zu Ende reden lassen. Wahrscheinlich denkt sie, dass die Kamee in Monks Auto ein Hinweis darauf ist, dass Susan und Monk von ein und derselben Person getötet wurden. Von einem dieser Schlangensektentypen wie diesem Joe Baker.«
»Das könnte sein. Der Mörder hat vielleicht die Kamee gefunden, sie in seine Tasche gesteckt und sie fallen lassen, als er den Korb mit den Schlangen in Virginias Auto gestellt hat.«
»Das ist ziemlich an den Haaren herbeigezogen.«
»Aber nicht unmöglich. Denk darüber nach.«
»Ich will nicht darüber nachdenken. Wenn ich an Schlangen nur denke, bekomme ich Gänsehaut.«
Schwesterherz stand auf, trat an den Kamin und hielt die Hände über das Heizgerät. Sie blickte auf ihre Uhr. »Wir müssen los.«
Ich deutete mit dem Kopf in Richtung Flur. »Aber wir können nicht weg, bevor wir nicht wissen, dass alles okay ist mit ihr.«
Ein Sonnenstrahl fiel über den weißen Vinylfußboden; die Wolken rissen auf.
»Da kommt dieser Packard-Bursche«, sagte Mary Alice, als wir Reifen auf dem Schotterweg knirschen hörten. »Mein Gott, der müsste sich mal rasieren.« Sie ging die Tür öffnen.
|250| »Hallo, Mrs Crane. Ich habe Ihren Wagen gesehen«, hörte ich ihn sagen. »Haben Sie Ihre Cousine mittlerweile gefunden?«
»Sie war in Nashville bei einem Tanztreffen.«
Ich hörte, wie Albert in sich hineinlachte. »Ich bin davon ausgegangen, dass es ihr gut geht. Ich habe Ihnen doch gesagt, dass Monk ein Netzwerk für frustrierte Frauen unterhielt.«
»Kommen Sie doch herein.«
»Nein danke, ich muss nach Hause. Ich habe Mama versprochen, ihr dabei zu helfen, dem Gefängnis zu entgehen. Diese Frau. Ich sage es Ihnen. Wenn ihr jemand zweihundert Dollar für einen Quilt bezahlt, dann denkt sie nicht daran, dass sie dafür Steuern entrichten muss. Die Finanzbehörde ist da anderer Ansicht.«
»Sagen Sie Ihrer Mutter, dass ich ganz auf ihrer Seite bin. Ich finde eigentlich auch nicht, dass sie dazu verpflichtet sein sollte.«
»Das mache ich. Ist Betsy schon wieder weg?«
Schwesterherz schüttelte den Kopf. »Sie ist noch da. Möchten Sie nicht doch hereinkommen?«
»Nein. Sagen Sie ihr einfach, wir sehen uns später. Außerdem freue ich mich, dass Ihre Cousine aufgetaucht ist.«
»Danke. Wir freuen uns auch. Grüßen Sie Ihre Mama.« Schwesterherz schloss die Tür und drehte sich zu mir um. »Stell dir vor, da nehmen sie dieser alten Frau Steuern für ihre Quilts ab.«
In diese Diskussion wollte ich mich auf gar keinen Fall hineinziehen lassen.
»War das Albert?« Betsy stand am Eingang zum Flur und fuhr sich mit einem Waschlappen übers Gesicht.
|251| Schwesterherz nickte. »Er sagte, Sie würden sich später sprechen.«
»Wie geht es Ihnen?«, fragte ich. Eigentlich kannte ich die Antwort bereits. Sie sah zum Erbarmen aus.
»Besser. Ich muss mich entschuldigen.« Betsy kam herüber und setzte sich wieder in den Sessel, den sie so schnell verlassen hatte. Sie presste sich den Waschlappen an den Hals. »Ich weiß nicht. Irgendwie bricht alles so plötzlich über mich herein.«
»Ich kann das verstehen«, sagte ich.
Sie hielt die Kamee hoch. »Aber hierfür danke ich Ihnen so sehr, Mrs Hollowell.«
»Schön, dass Jamie sie haben wird. Und, Betsy, meine Cousine Virginia fand sie in
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