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Mörderische Weihnacht

Mörderische Weihnacht

Titel: Mörderische Weihnacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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Stunde vor der Vesper zum Torhaus zurück und ging über den großen Hof in den Garten, wo er die Buchsbaumhecke umrundete und den Weg betrat, der zu seinem Herbarium führte. Wegen der Kälte hatte er wollene Tücher um seine Stiefel gewickelt, damit er auf den vereisten Straßen nicht ausglitt, und aus diesem Grund waren seine Schritte auf dem Weg kaum zu hören. So geschah es, daß er die Stimmen hörte, bevor er selbst gehört wurde. Sie sprachen rasch und leise und leidenschaftlich in der Hütte. Und eine der Stimmen gehörte Ninian, der in großer, aber unterdrückter Aufregung einen Ton höher sprach als sonst. Die zweite Stimme gehörte einem Mädchen, das drängend und aufgeregt antwortete. Seltsam, daß auch sie diesen närrischen Gefallen an Gefahr und Bedrohung fand. Sie paßten gut zusammen! Und welches andere Mädchen außer Sanan Bernieres hatte mit diesem Ort und diesem Jungen zu tun?
    »Oh, aber das wird er«, sagte sie energisch. »Er ist inzwischen dort und wird ihnen alles sagen: wo sie dich finden können, daß du nach ihm geschickt hast - alles! Du mußt kommen, rasch, bevor sie kommen, um dich zu holen.«
    »Aber auf keinen Fall durchs Torhaus«, erwiderte Ninian.
    »Dort laufen wir ihnen in die Arme. Aber ich kann es nicht glauben - warum sollte er mich verraten. Er weiß doch sicher, daß ich seinen Namen nie genannt habe?«
    »Er hat Angst, seit deine Botschaft kam«, sagte das Mädchen ungeduldig. »Aber nun, da du öffentlich als Gesuchter ausgeschrieben bist, wird er alles versuchen, um sich aus der Klemme zu ziehen. Er ist kein böser Mann - er tut nur, was jeder Mann tun würde, nämlich sein Leben und sein Land und das seines Sohnes zu schützen. Er hat schon genug verloren…«
    »Allerdings«, sagte Ninian reumütig. »Ich hätte ihn gar nicht erst hineinziehen dürfen. Warte, ich muß den Topf beiseite nehmen, er darf nicht kochen. Cadfael…«
    Der schamlose Lauscher, der sich freute, diese Rücksichtnahme auf ihn und seine Kunst zu vernehmen, kam plötzlich zu Sinnen und wurde sich bewußt, daß die beiden binnen Sekunden aus der Hütte stürzen, um auf dem Weg, den das Mädchen vorgeschlagen haben mochte, zu fliehen. Ninian hatte inzwischen das siedende Öl von den Kohlen genommen und vorsichtig an einem sicheren Platz abgestellt. Gesegnet sei der Junge, er verdiente es, wohlbehalten Gloucester zu erreichen! Cadfael beeilte sich, hinter der Buchsbaumhecke zu verschwinden, wo er still stehenblieb. Er hatte keine Zeit, sich völlig zurückzuziehen, aber es war ohnehin zu bezweifeln, ob er es getan hätte.
    Sie kamen Hand in Hand aus der Hütte. Sie übernahm die Führung, denn sie wußte ja, auf welchem Weg man unbemerkt hier hereinkommen konnte. Sie zog ihn durch den Garten, über den Hügel und zum Meole-Bach hinunter. Ihre dunkle kleine, in einen Mantel gehüllte Gestalt verschwand zuerst, dann folgte Ninian. Sie waren fort, am Rande der frisch gepflügten und gedüngten Erbsenfelder entlang und außer Sicht. Also war der Bach überfroren, und der Mühlteich wahrscheinlich auch. Auf diesem Weg war sie zu dem gekommen, den sie im Garten wußte. Allerdings hätte sie ebenso leicht auch auf Cadfael stoßen können, und das bedeutete, daß sie schon vorher mit Ninian gesprochen hatte, denn dieser vertraute Cadfael und sah keinen Grund, die Begegnung zu verheimlichen, wenn die Not groß war.
    Nun, sie waren fort. Kein Geräusch kam vom tiefer liegenden Bach herauf. Dicht am anderen Ufer standen Bäume, die Deckung boten, und sie brauchten nur noch auf den richtigen Augenblick zu warten, um bei der Brücke, über welche die Straße nach Westen verlief, noch einmal den Bach zu überqueren, und zu dem Versteck zu schleichen, das sie für ihren Schützling gefunden hatte, ob es nun in der Stadt oder außerhalb lag. Wenn es außerhalb lag, dann gewiß im Westen, denn in diese Richtung wollte er ohnehin gehen. Aber würde Ninian gehen, bevor er Frau Diota in Sicherheit und unverdächtigt wußte und sicher war, daß man keine Verbindung zu seinem Auftrag herstellen konnte? Wenn er seiner Tarnung beraubt wurde, dann mußte auch sie mit Fragen rechnen. Das würde er nicht zulassen. Cadfael kannte den jungen Mann gut genug, um sich in dieser Hinsicht sicher zu sein.
    Er war völlig still, als wartete die Luft selbst auf den nächsten, unvermeidlichen Schreck. Cadfael nahm sich die Zeit, in die Werkstatt zu lugen. Sein Öltopf war umsichtig auf die kühlende Steinplatte neben der Pfanne

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