Mörderischer Auftritt
derDachboden war der gleiche. Eine alte Nähmaschine, eine Schneiderbüste, Koffer. Bernice ging in eine Ecke und zog ein Tuch von etwas, das ich sofort als den perfekten Stuhl wahrnahm. Ich hatte etwas ganz anderes erwartet. Ich denke, ich hatte eine kleinere Version von Präsident Kennedys Schaukelstuhl im Kopf. Aber dies hier war ein kleiner, gepolsterter aus Mahagoni. Die Armlehnen waren sehr tief angebracht, sodass Haley sich keine Sorgen machen musste, dass Joanna sich den Kopf anstoßen könnte. Das Polster war aus zartblauem Brokatstoff mit einem Blumenmuster in Rosa und Dunkelblau.
»Meine Güte!«, sagte ich, während ich mich daraufsetzte. »Der ist wundervoll, Bernice.«
»Ich glaube, sie bezeichnen ihn als Damen- oder Boudoirschaukelstuhl oder irgendwas Elegantes in der Art«, sagte sie. »Ich denke einfach, dass es der perfekte Baby-Wiegestuhl ist.«
»Bist du sicher, dass du dich von ihm trennen willst?«
»Ich finde den Gedanken wundervoll, dass Haley darauf sitzt.«
»Sie wird es zu schätzen wissen.« Und das würde sie. Ich schloss die Augen und schaukelte eine Minute lang, bis Schwesterherz ihn ausprobieren wollte. »Stabilitätstest.«
Ich habe schon die Beine von Stühlen auseinanderbrechen sehen, wenn Schwesterherz auf ihnen Platz nahm. Dieser hier tat es nicht. Er bestand den Test.
»Mama?«, rief Dusk die Treppen hinauf. »Ich fahre runter ins Alabama Theatre und hole da meine Tasche, die ich neulich liegen gelassen habe. Da ist mein gesamtes Bühnen-Make-up drin.«
»Okay, Schatz. Die Schlüssel sind in meiner Handtasche. Sei vorsichtig.« Bernice drehte sich zu uns zurück und lächelte angesichts unserer offenkundigen Begeisterung. »Habe ich hier einen Abnehmer gefunden?«
Ich nickte und half dabei, Schwesterherz hochzuziehen. »Du hast eine sehr dankbare Abnehmerin gefunden. Aber falls Day oder Dusk doch noch ihre Meinung ändern, lass es mich wissen.«
»Schön wär’s. Jetzt lass ihn uns die Treppen runterbringen.«
Der Stuhl war nicht breit, aber ihn zwei Treppen hinunterzumanövrieren war nicht einfach. Ich ging vorneweg, Schwesterherz hinterher, und Bernice ermahnte uns, vorsichtig zu sein. Nach der ersten Treppe hatte ich das physikalische Gesetz entdeckt, dass die Person am tiefsten Punkt der Last das meiste von ihr trug.
»Vielleicht wäre es besser, du trägst den Sitz auf dem Kopf und gehst vorwärts«, schlug Schwesterherz vor.
Ich antwortete nicht darauf.
Dusk stand in der Eingangshalle und grinste uns an, während wir versuchten, nicht gegen das Geländer zu schlagen.
»Ich dachte, du bist weg«, sagte ihre Mutter außer Atem. Stellvertretend für aktive Mithilfe, vermutete ich, denn ihre Beteiligung an dem Stuhltransport hatte ausschließlich darin bestanden, uns Anweisungen zu geben.
»Dein Auto springt nicht an.« Dusk streckte den Arm aus, nahm Schwesterherz und mir den Stuhl ab und stellte ihn auf den Boden.
»Verdammt. Wahrscheinlich die Batterie. Oder die Elektronik.« Bernice fächelte sich mit der Hand Luft zu. »Ich sage es euch, ich bin mal an einem Nachmittag um halb fünf den Highway 280 hinuntergefahren, und das Auto hat einfach seinen Geist aufgegeben. Sogar die Servolenkung ging nicht mehr. Gott weiß, wie ich das bei dem ganzen Verkehr gemanagt habe, aber ich fuhr im Leerlauf an ein Hardee’s-Schnellrestaurant heran. Ich dachte, es sei der Vergaser, aber die Frau, die mir einen Pfirsichmilchshake machte, damitich ein Aspirin nehmen konnte, sagte, sie wette, es sei die Elektronik, Vergaser würden gar nicht mehr hergestellt. Und tatsächlich war es das auch. Ich musste mich abschleppen lassen. Ich weiß allerdings nicht, was mit den Vergasern passiert ist. Ihr?«
»Gibt es sie nicht mehr?«, fragte ich.
»Vielleicht nicht in deinem Auto.« Schwesterherz wandte sich an Dusk. »Wir bringen Sie ins Alabama Theatre. Wir müssen ohnehin durch die Innenstadt.«
»Danke, Mrs Crane. Und ich finde bestimmt jemanden, der mich nach Hause bringt.«
»Ruf deinen Papa an, wenn nicht«, sagte Bernice. »Und geh nicht ins Theater rein, wenn niemand da ist.«
»Okay, Mama.«
»Wir haben ein Auge darauf.« Ich umarmte Bernice, dankte ihr ein weiteres Mal, und wir trugen den Stuhl hinaus zum Van meiner Schwester. Der junge Mann, der die Begonien gepflanzt hatte, war nun dabei, Büsche zu stutzen. Er kam herüber zu uns, um uns zu helfen. Mary Alice hatte recht. In meinem Auto wäre auf keinen Fall Platz für uns und den Stuhl gewesen.
»Wer war der
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