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Mörderischer Auftritt

Mörderischer Auftritt

Titel: Mörderischer Auftritt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne George
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strapazierfähigen Teppich ausgelegt und in einer Farbe gestrichen war, in der ich mir mein Brautjungfernkleid vorstellte: Violett. Ich hoffte, dass man die Farbe genommen hatte, weil sie von einer Produktion übrig war, und nicht, weil sie irgendjemand extra ausgesucht hatte.
    »Mir gefällt, was Sie anhaben«, sagte Mr Taylor zu Schwesterherz. »Proben Sie für ›Der König und ich‹?«
    »Ich betreibe Kampfsport.«
    »Das ist gut. Eine Frau sollte sich selbst zu schützen wissen. Meine Schwester hat sich eine Pistole besorgt, aber sie hat sich beim Schießunterricht den großen Zeh weggeschossen.«
    »O Gott, ich nehme an, das beeinträchtigt sie beim Gehen«, sagte ich.
    »Nicht wirklich. Allerdings hat sie Probleme, Sandalen zu tragen.«
    Schwesterherz warf mir einen Blick zu. Wir waren am Orchestergraben angekommen, den ich noch nie aus dieser Perspektive gesehen hatte. Er bestand aus einem Durcheinander von umgedrehten Stühlen und einigen kaputten Instrumenten.
    »Da ist überall Polizei-Absperrband drum herum«, sagte Mr Taylor. »Wir können aber unten durchkriechen. Das machen alle, die ihre Musikinstrumente hier holen. Der Kontrabass ist allerdings ruiniert.«
    »Wir wissen das«, sagte ich. »Wir waren hier und haben in der ersten Reihe gesessen, als dieser Kerl runtergestürzt ist.«
    »Ich habe mir vor Schreck fast in die Hosen gemacht. Geben Sie jetzt bitte auf die Farbe acht. Sie ist nur ganz oben am Rand, aber seien Sie vorsichtig.«
    »Du grinst wie ein Honigkuchenpferd«, flüsterte mir Mary Alice zu. Ich fühlte mich nicht angegriffen, weil sie es genauso tat.
    Wir ließen uns auf der Orgelbank nieder wie zwei Zehnjährige.
    »Sind Sie fertig? Ich drücke jetzt auf den Knopf.«
    »Aber wir brauchen Musik, und keiner von uns beiden spielt Orgel«, sagte Mary Alice. »Können Sie nicht mit uns hochfahren?«
    »Da ist nicht genug Platz. Wir wäre es damit, wenn ich ›How Great Thou Art‹ pfeife und Sie mitsingen?«
    Das war zwar nicht majestätisch, aber immer noch aufregend. Mr Taylor drückte auf einen Knopf und begann zu pfeifen. Schwesterherz und ich spürten, wie die Wurlitzer-Orgel den Boden verließ.
    »Singen Sie«, wies uns Mr Taylor an.
    »›Oh Lord, my God‹«, begann ich mit zittriger Stimme zu singen, während wir uns an den anderen Instrumenten vorbei erhoben und das Absperrband zerrissen.
    Ich blickte hinüber zu Schwesterherz, was ein Fehler war. Sie zuckte mit den Mundwinkeln.
    »Was ist los mit dir?«, fragte ich.
    Sie platzte laut lachend heraus. »Oh, Maus, schau uns an.Ich denke, das ist eines der lustigsten Dinge, die wir je erlebt haben.«
    »Singen Sie beide!«, rief Mr Taylor und fuhr fort zu pfeifen.
    Wir mussten uns festhalten und lachten diesmal so sehr, dass uns die Tränen kamen. Zwei alte Damen, die auf einer nach frischer Farbe riechenden Wurlitzer-Orgel gen Himmel fuhren, während ein alter Mann eine Hymne dazu pfiff.
    Wir lachten so laut, dass unsere Schreie wie Betriebsgeräusche klangen, wie ein Quietschen im Hebemechanismus der Orgel.
    Die Orgel stoppte ihre Höhenfahrt mit einem leichten Ruck. Einen Moment lang herrschte Ruhe, und dann vernahmen wir eindeutige Schreie. Schwesterherz und ich blickten seitwärts von der Bank herunter.
    Dusk hielt den Arm von Mr Taylor umklammert und zeigte in Richtung der Garderoben. »Wählen Sie die Notrufnummer. Er ist tot.«
    »Wer ist tot?«
    Sie stürzten beide davon und ließen uns in der Luft hängen.
    »Larry? Glaubst du, es ist Larry?« Voller Panik drückte Schwesterherz alle Knöpfe an der Konsole. »Verdammt.«
    Und alle Knöpfe, die sie nicht drückte, probierte ich. Eine von uns erwischte schließlich die magische Taste, und die Orgel begann sich zu senken. Wir sprangen herunter und rannten los, noch bevor sie den Boden erreicht hatte.
    »O Gott, ich weiß, dass es Larry ist«, sagte Schwesterherz.
    Wir rannten den Flur entlang in die Richtung, in die Dusk und Mr Taylor verschwunden waren. Eine offene Türund Licht verrieten uns, wo sie waren. Sie knieten neben Larry Ludmiller, der zusammengekrümmt und blutverschmiert auf dem Boden lag. Dusk wrang schluchzend die Hände, und Mr Taylor hielt einen Baseballschläger in die Höhe.
    »Ich glaube, er ist tot«, sagte er.

14
    »O Gott«, ächzte Dusk, über Larry gebeugt. »Jemand muss den Notruf wählen.«
    Mary Alice griff in ihre Tasche, zog ihr Mobiltelefon heraus und drückte den Notruf-Knopf. Dann reichte sie mir das Telefon und eilte aus dem Raum. Ich

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