Mörderischer Auftritt
beleidigt zu sein. Sie deutete mit ihrer Coladose auf Tammy Sue. »Sie sind Mrs Ludmiller?«
Tammy Sue nickte.
»Ich will mich zu Ihrem Mann ans Bett setzen. Vielleicht erinnert er sich ja an etwas, und wir wollen da sein, wenn er das tut.«
Tammy Sue runzelte die Stirn. »Sie sind hier, um ihn zu schützen, richtig? Sie denken, wenn, wer auch immer ihm den Schlag versetzt hat, hört, dass er wieder bei Bewusstsein ist, er erneut hinter ihm her sein wird.«
»Das auch«, sagte Bo. »Es schadet jedenfalls nicht.«
»Oh, das habe ich mal in einem Bericht auf ›Lifetime‹ gesehen«, sagte Schwesterherz. »Da hat sich der Polizist schlafen gelegt, und währenddessen drang der Killer ins Krankenzimmer ein und hat dem Verletzten ein Kissen aufs Gesicht gedrückt und ihn umgebracht.« Sie hielt kurz inne. »Vielleicht war er auch nicht tot. Vielleicht hatte er nur einen Gehirnschaden.«
»Davon gibt es eine Menge.« Bo grinste, sagte, sie würde uns später sehen, und ging.
»Sie macht einen netten Eindruck«, sagte Tammy Sue.
»Nun, da sie jetzt auf Larry aufpasst, wollen Sie da nicht mit uns zum Parisian gehen?«, fragte Schwesterherz.
»Fahren Sie zu der Filiale in der Innenstadt?«
»Das können wir machen. Warum?«
»Ich sollte besser nicht weg, aber ich müsste Sie um einen Gefallen bitten. Wenn es nicht zu viele Umstände macht, könnten Sie dann am Alabama Theatre vorbeifahren und schauen, ob Sie Larrys Brille finden? Die Polizei hat gesagt, sie würde nach ihr suchen. Aber das haben sie nicht gemacht. Der Arme ist ohne sie blind wie ein Maulwurf.«
»Meinen Sie, jemand hat sie abgegeben?«, fragte Schwesterherz. »Und glauben Sie, da ist jetzt jemand im Theater?«
»Wahrscheinlich.« Tammy Sue wühlte in ihrer Tasche und fischte ein paar Schlüssel heraus. »Falls nicht, passt einer hiervon an der Seitentür. Normalerweise ist aber jemand da und probt für irgendein Stück oder so.« Sie reichte Schwesterherz die Schlüssel. »Möglicherweise liegt sie immer noch dort, wo er den Schlag abbekam. Ich hoffe, da ist niemand draufgetreten.« Sie sah uns beide an. »Macht es Ihnen was aus?«
»Natürlich nicht. Wir fahren ja ohnehin in die Richtung. Ich rufe Sie an, wenn ich sie finde, und dann gebe ich sie Virgil heute Abend für Sie mit.«
Tammy Sues Augen füllten sich mit Tränen. »Sie wissen gar nicht, wie sehr ich das zu schätzen weiß. Ich würde es selbst machen, aber ich schwör es Ihnen, ich bin so müde, ich glaube nicht, dass ich es mit meinem Auto bis da runter schaffe.«
»Kein Problem«, sagte Schwesterherz.
Die berühmten letzten Worte.
19
Die Seitentür zum Alabama Theatre war unverschlossen. Die Sonne schien draußen so hell, dass einem der Flur drinnen schwarz vorkam. Ich warf einen Blick auf die wenigen Menschen, die an uns vorbeiliefen, und beschloss, dass ich da bleiben wollte, wo sie waren, nämlich draußen.
»Sieht gespenstisch aus da drinnen«, erklärte ich.
»Sei nicht albern«, sagte Schwesterherz. »Und hör mal.«
Ich trat einen Schritt in den Flur, wo ich eine Frau das ›Ave Maria‹ singen hörte. Das war in der Tat nicht furchteinflößend. Genauso wenig war es die Schar von Brautjungfern, die nervös in der Spiegelhalle warteten, als wir die Treppe hinaufkamen. Die Braut stand am Fuß der mit rotem Teppich ausgelegten Stufen, die zur zweiten Etage hinaufführte, und sah aus, als würde sie jeden Moment ohnmächtig werden oder in Tränen ausbrechen.
»Was sagst du da?«, meinte Schwesterherz. »Eine Hochzeit!«
Ich hatte vergessen, dass das Alabama Theatre ein beliebter Ort für Hochzeitsfeiern ist, und jetzt, da der Vulcan Park geschlossen war, umso mehr. Alle Hochzeiten, die normalerweise am Vulcanus geplant waren, wurden jetzt in den Botanischen Garten und ins Alabama Theatre verlegt.
Keiner von der Hochzeitsgesellschaft schenkte uns Aufmerksamkeit. Eine Dame im blassgelben Kleid, die offensichtlich für die Inszenierung des Ganzen verantwortlich war, wieselte umher, stellte die Brautjungfern in eine Reiheund glättete die Kleider. Das hier war eine Südstaatenhochzeit mit Reifröcken und allem. Zum Glück verfügt das Alabama Theatre über Flügeltüren und breite Gänge.
»Lächle, Anna«, sagte ein Fotograf, während er sich vor der Braut hinkniete, einer ätherisch wirkenden Blondine mit weit aufgerissenen blauen Augen.
»Ich muss pinkeln«, sagte sie durch die zusammengebissenen Zähne. »Und zwar sofort.«
Der Fotograf winkte wie wild. »Mrs
Weitere Kostenlose Bücher