Mörderischer Blues
zu haben.
Sie war erleichtert, als sie
mich erkannte.
»Ach, Sie sind es, Danny!« Sie
zitterte, als ich sie in den Arm nahm. »Für einen Moment wußte ich nicht, wer
das ist.«
»Wie kam es, daß Sie so schnell
hierhergefunden haben?« fragte ich ironisch. »Haben Sie den direkten Weg über
Palm Beach genommen?«
»Ich bin so schnell gekommen,
wie ich nur konnte«, protestierte sie. »Ich habe Angst, Danny. Diese verrückte
Idee von Ihnen — was ist, wenn sie ins Auge geht?«
»Keine Sorge, Honey«, beruhigte
ich sie. »Es kann nichts passieren. Aber lassen Sie uns hinuntergehen, damit
Sie nicht gesehen werden, wenn jemand auf die Idee kommt, hier oben frische
Luft schnappen zu wollen.«
Ich nahm sie mit hinab in die
Kombüse, machte ihr einen Drink zurecht und schloß sie ein. Den Schlüssel nahm
ich an mich, als ich in die Hauptkajüte zurückging, um zu sehen, wie die Aktien
standen. Als ich sie betrat, gewann ich den Eindruck, daß die
Pfefferminzcocktails jetzt schneller alle wurden. Gloria und Greg Bailey
unterhielten sich noch immer sehr angeregt — und erregt, wie ihre erröteten
Gesichter bewiesen. Sie rückten noch näher aneinander auf der Couch, und Gloria
achtete darauf, daß sie sich so weit vorbeugte, daß Bailey keine Mühe hatte, in
ihren Ausschnitt zu blicken, während Bailey wiederum eine Position eingenommen
hatte, die es ihm erlaubte, die interessante Perspektive zu genießen, während
er so tat, als täte er es nicht.
Valdez und Woolrich unterhielten sich noch immer auf der anderen Seite der Kajüte miteinander, aber
dem Besitzer der Galleone fiel es jetzt schon
bedeutend schwerer, die Unterhaltung in Gang zu halten. Auch Muscat saß noch an
der gleichen Stelle wie vorhin mit gekreuzten Beinen auf dem Fußboden. Nur die
zweite Flasche Whisky war schon fast leer, und seine Augen hatten jenen
nichtssagenden ins Leere gehenden Blick, der typisch dafür war, daß er sein
Quantum bald erreicht hatte.
Ich nickte Valdez zu, und er
entschuldigte sich bei Eddie-Boy und kam zu mir herüber und schaute mich
fragend an.
»Ich habe für heute abend eine große Überraschung auf Lager«, sagte ich
ihm. »Machen Sie sich daher keine Sorgen, wenn plötzlich das Licht ausgeht oder
etwas anderes passiert. Es ist nichts weiter als ein Scherz.«
»Fein«, sagte er höflich. »Ich
hoffe, Ihre Überraschung kommt noch so rechtzeitig, daß auch Mr. Woolrich etwas
davon hat. Er sieht so aus, als könnte er jeden Moment sterben.«
Wieder in der Kombüse
angekommen, in der April Showers mittlerweile so
nervös geworden war, daß sie vergaß, böse auf mich zu sein, weil ich sie doch
eingeschlossen hatte, griff ich zum Telefon und fragte, ob Mr. Baron zu erreichen
sei.
Er kam auf das erste
Klingelzeichen hin ans Telefon und meldete sich mit einem nichtssagenden: » Yeah ?«
»Lou?« begann ich und schraubte
meine Stimme ein paar Oktaven höher.
»Ja, mit wem spreche ich?«
meinte er.
»Das tut nichts zur Sache«,
erwiderte ich. »Wissen Sie denn, was auf dieser verrückten spanischen Galleone im Jachthafen vor sich geht?«
»Was, zum Teufel, geht das mich
an?« schnarrte er. »Hören Sie, wenn Sie vielleicht glauben, mich zu...«
»Das sollte Sie aber etwas
angehen«, unterbrach ich ihn. »Sie sind alle da, die Van-Raven-Dame, Woolrich und Bailey, dieser Schnüffler Boyd. Sie haben vor,
Sie hereinzulegen, Lou. Sie wollen Ihnen den Mord aufhalsen, und so wie sie es vorhaben,
haben Sie keine Chance, sich dagegen zu wehren. Sie sollten sofort zu dieser Galleone kommen, Lou. Sofort, ehe es für Sie zu spät ist!«
Ich hängte auf, während er mir
antwortete.
»Was soll das?« fragte April
erstaunt. Ich legte statt einer Antwort meinen Zeigefinger auf die Lippen und
lauschte. Von der Hauptkajüte her erklang leise der Ton von Muscats Trompete.
»Okay«, sagte ich zu April.
»Jetzt scheint die richtige Zeit zu sein, Honey.«
Sie blickte mich mit
angsterfüllten Augen an.
»Was... was werden wir tun,
wenn es nicht klappt, Danny?«
»Dann tun wir so, als seien wir
plötzlich verrückt geworden«, beruhigte ich sie. »Aber machen Sie sich keine
Sorgen. Ich bin davon überzeugt, daß es klappt.«
Ich hielt mir selber den
Daumen, als ich mit April im Schlepptau zur Hauptkajüte zurückging. Sie blieb
außer Sicht, als ich die Tür öffnete und hineinblickte. Niemand beachtete uns.
Gloria und Bailey saßen noch auf der Couch, als wären sie miteinander
verschmolzen. Woolrich schien sich in der Zwischenzeit
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