Mörderischer Stammbaum
von Kovechluser
hinhalten lassen. Das schmeckt mir einfach nicht. Nein! Morgen muss er den
Beschluss zurücknehmen, aussetzen, kippen, aufschieben — was weiß ich.
Jedenfalls dürfen ab sofort, also ab morgen, keine Giftköder mehr ausgelegt
werden. Und die Taubenfütterung nach ökologischem Maßstab bleibt straffrei! So
und nicht anders!“
„Wann erpressen wir Bierröder?“,
fragte Karl.
„Heute nicht mehr.“
„Weshalb nicht?“
„Wenn er oberaffenschlau wäre,
könnte er unseren Plan vermasseln?“
„Wie das?“
„Durch Vorwärtsverteidigung.
Indem er jetzt nach Hause dackelt und seiner Frau beichtet, dass er nicht
turnt, sondern sich abfüllen lässt. Dann fechten die beiden ihren Rosenkrieg
aus und wir würden ins Leere stoßen. Allerdings glaube ich nicht, dass er die
Courage aufbringt. Trotzdem ist es besser, wenn wir bis morgen noch abwarten.“
TKKG zogen sich etwas weiter in die Gasse zurück und beobachteten, wie Redl und
Bierröder den ,Biereimer’ verließen. Aber nicht allein, sondern in Begleitung
der beiden Schnepfen. Vor der Kaschemme trennte man sich. Jedes — gemischte —
Paar zog in eine andere Richtung ab.
„Na, also!“, sagte Tim. „Er
macht das Maß voll. Notfalls bieten wir die Blonde als Zeugin auf. Aber dazu
wird es nicht kommen.“
„Irgendwie kann ich ihn
verstehen“, meinte Klößchen, „denn seine Gudrun ist ja wirklich keine
Offenbarung.“
Mit der Bemerkung lag er bei
Gaby völlig daneben. „Immerhin hat er sie geheiratet“, pfiff sie Klößchen an.
„Sie ist seine Frau. Keine Offenbarung? Na und! Bierröder ist von einem Adonis
soweit entfernt wie du von einer Windhund-Figur. Er betrügt. Er hintergeht. Vor
ihm muss man ausspucken. Wo kämen wir denn hin, wenn sich jeder Mann seine
Abenteuer suchen dürfte/könnte/sollte — nur weil seine Frau keine Miss Germany
ist. Habe ich recht, Tim?“
„Ich kann da nicht mitreden.
Meine Freundin ist für mich die Miss Welt.“
Das stimmte Gaby wieder milde.
Und Klößchen steckte seine verbale Prügel ohne Widerspruch ein.
Bevor die Kids abrückten, warf
Tim noch einen Blick auf Holger Lewatzkis grauen Kombi. Aber der Wagen — eben
noch hier — war jetzt verschwunden. Der Kleintyp mit dem Kugelkopf war
abgerauscht. Und natürlich war er einem der Pärchen gefolgt. Aber welchem? Redl
und der Brünetten? Oder Bierröder und der Blonden?
Schiet!, dachte Tim. Das haben
wir verpasst. Zu blöd!
Er machte seine Freunde
aufmerksam auf die veränderte Situation. Alle äugten umher. Aber die
Observierungs-Objekte hatten sich weggeklinkt aus der verruchten
Rotlichtviertel-Straße, in der es jetzt beinahe öde zuging.
15. Petras Angst in der
Tiefgarage
Petra Delius hatte die neuen
Ladenschlusszeiten ausgenutzt und noch eingekauft. Ihr Kleinwagen war mit
Plastiktüten gefüllt. Kaum dass noch Platz war für die stattliche 183-cm-Größe
der zur Zeit arbeitslosen Erzieherin.
In einem Schnellimbiss hatte
sie Spaghetti gegessen, eine Coke getrunken und immer wieder über Kovechluser
nachgedacht. Würde er klein beigeben? Oder war die Endlösung für die Tauben für
ihn eine Machtprobe? Trickste er bereits, ohne das sie, Petra, ahnte, was
vorging?
Jetzt befand sie sich auf dem
Heimweg.
Ein dunkler Novemberabend.
Nebel drückte auf die Millionenstadt. Abendjogger bevorzugten das Laufband im
Badezimmer oder hechelten auf dem Standfahrrad mit eingebautem
Kalorienverbrauchs-Zähler. Solche Probleme hatte Petra nicht. Sie war schlank,
musste sogar aufpassen, dass sie nicht zu mager wurde.
Sie wohnte in ruhiger Gegend.
Das Apartmenthaus stand etwas zurückgesetzt von der Blechglanz-Straße, verfügte
über Fahrstuhl, Tiefgarage und kleine Balkone.
Petra wohnte im dritten Stock.
Jetzt fuhr sie in den Betonschlauch, der in die Tiefgarage hinunter führte, und
betätigte durchs Fahrerfenster ihren Sicherheitsschlüssel für das Schloss des
automatischen Tors.
Es öffnete sich. Nach genau
einer Minute — wenn Petra längst durchgefahren war — würde es sich wieder
schließen.
Petra mochte die Tiefgarage
nicht. 40 Wagen konnten hier parken. Die Belüftung funktionierte. Aber der
lange, flache Raum war schlecht zu überblicken.
Hinter jedem geparkten Wagen
konnte sich jemand verstecken. Hinter jeder Säule. Von denen gab es viele, und
größere Fahrzeuge mussten mühsam manövrieren.
Die Tiefgarage war Petra
unheimlich. So oft sie rein- oder rausfuhr — nur selten hatte sie andere
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