Mörderischer Stammbaum
sind ja leider ganz riesig. In der Länge, meine
ich. Suchen Sie Drogen-Dealer? Ich bin keiner, Herr Kommissar. Und ich rauche
nur mit Filter.“
„Niemand beschuldigt Sie, Herr
Lewatzki. Nicht aufregen! Es handelt sich um eine ganz normale Kontrolle. In
dieser Gegend gehört das zur Nachtordnung. Wir suchen immer irgendwelche
Gesetzesbrecher. Dealer, Mädchenhändler, Autoschieber, Mafiosi aus Moskau oder
Palermo, Ausbrecher, Einbrecher, Bankräuber und Taschendiebe. Allerdings liegt
uns kein Fahndungsersuchen vor über jemanden Ihrer Größe.“
„Doch!“, sagte Kunzmann leise.
„Der kleine Bankräuber! Der ist ziemlich kurz geraten.“
„Natürlich!“ Lohner gab den
Ausweis zurück. „Den habe ich vergessen.“
„Jaja“, meinte Lewatzki.
„Kleine Leute übersieht man. Sogar als Bankräuber. Kann ich das Fenster jetzt
zumachen?“
„Gleich. Worauf warten Sie
hier?“
„Ich warte nicht. Ich überlege,
ob ich irgendwo reingehe. Aber ich bin zu scheu. Schwellenangst, wissen Sie.
Und wie leicht wird man hier abgezockt. Besonders ein Kleiner wie ich.“
„Nur Mut!“, wünschte Lohner.
„Und noch einen recht schönen Abend.“
Habe ich mich geirrt?,
überlegte Tim, als sie zu Gaby zurückgingen. Oder ist Lewatzki wirklich
zusammengezuckt? Nämlich bei der Erwähnung des kleinen Bankräubers. Na, kann
Zufall sein. Denn hier ist ja weit und breit kein Geldinstitut.
„Super!“, bedankte er sich bei
den beiden Beamten. „TKKG vergisst Ihnen das niiieee!“
Lohner und Kunzmann lachten.
Gaby wurde informiert. Auch sie konnte mit dem Lewatzki-Namen nichts anfangen.
Dann sockte das Kids-Pärchen zu seinen Freunden zurück.
Karl und Klößchen hatten
natürlich alles beobachtet.
„Starke Idee von dir, Gaby!“,
meinte Karl. „Lewatzki sitzt übrigens immer noch im Wagen und hat wieder das
Fernglas.“
„Mich kennt er jetzt vom
Sehen“, sagte Tim. „Aber wichtiger ist, dass ich ihn kenne. Denn seine
Beobachterei ist natürlich von Bedeutung.“
„Seine Adresse fehlt uns noch“,
sagte Gaby. „Aber die kriegen wir raus. Wozu gibt’s Telefonbücher.“
14. Heißes Druckmittel
Seit einer halben Stunde hatte Tim
seine Idee von allen Seiten beleuchtet und war nun zu einem Ergebnis gekommen.
Untypisch lange hatte er dazu gebraucht. Denn Nötigung, die Vorstufe zur
Erpressung, war eigentlich nicht sein Ding. Selbst dann nicht, wenn das
Druckmittel gebraucht wird für eine gute Sache. Aber in diesem Fall ging es um
Lebewesen, um Tiere, um Tauben. Da, dachte Tim, müssen moralische Bedenken
zurückstehen.
„Freunde!“, sagte er, während
sie noch immer in der Gasse standen. „Seid ihr euch darüber im Klaren? Den
Bierröder haben wir voll in der Hand. Wir können ihn auf die Knie zwingen.“
„Mit Gewalt?“, fragte Klößchen.
„Mit ‘nem Kick in die Kniekehle?“
„So doch nicht!“ Tim schüttelte
den Kopf. „Sondern, indem wir ihn erpressen. Er hat offensichtlich Angst vor
seiner Gudrun. Denn die ahnt ja nicht, dass er seit einem halben Jahr Freitag
für Freitag im Biereimer rumsumpft, statt in der Herkules-Arena Hanteln zu
schwingen oder wenigstens Rumpfbeugen zu versuchen. Und nicht nur, dass er hier
sein Inspektoren-Gehalt durch die Kehle jagt — nein, er lässt sich auch noch
abzocken von diesen Profi-Schlampampen. Wahrscheinlich mit Ehebruch und so.
Damit haben wir ihn im Doppelnelson, klar?“
„Wo haben wir ihn?“, fragte
Klößchen.
„Im Schwitzkasten.“
„Verstehe. Wir können ihn unter
Druck setzen.“
„Davon rede ich die ganze
Zeit.“
„Was dann so ginge“, sagte
Karl: „Er lässt die Tauben in Ruhe und wir schweigen still. Wenn er weiter
wütet, stecken wir seiner Gudrun ein Licht auf.“
„Exakt.“
Gaby zog erst die eine Schulter
hoch, dann die andere. „Das ist aber ‘ne fiese Tour. Denn wir decken ein
Unrecht, indem wir dichthalten.“
„Petzen“, meinte Tim, „ist auch
nicht die feine neudeutsche Art. Doch, Gaby! Ich finde, wir müssen das
ausnutzen, was uns unser Observieren eingebracht hat: nämlich einen tiefen
Einblick in Bierröders abgründige Freizeitgestaltung.“
„Das musst du dann machen.“
„Klar!“
Tim stand so, dass er durchs
Fenster den Vierertisch beobachten konnte. Dort wurde soeben gezahlt. Offenbar
teilten sich Redl und Bierröder die Rechnung.
„Die Herren brechen auf“,
meinte Tim. „Und wir sollten jetzt zu Petra Delius brettern. Sie muss wissen,
dass wir Bierröder mattsetzen können. Sie darf sich nicht
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